Wegen Vertuschung der Abgasmanipulationen bei Volkswagen ist ein Manager des Konzerns in den USA zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Wie ein Sprecher des Bundesgerichts in Detroit am Mittwoch mitteilte, wurde gegen Oliver Schmidt außerdem eine Geldstrafe von 400.000 Dollar verhängt. Schmidt hatte sich schuldig bekannt, sonst hätte ihm womöglich eine noch härtere Strafe gedroht.

Oliver Schmidt hat schon einiges hinter sich. "Die letzten elf Monate hinter Gittern in den Vereinigten Staaten waren die schwierigste Zeit in meinem Leben", klagte der langjährige VW-Manager vor wenigen Tagen in einem Brief an US-Richter Sean Cox, der ihn wegen Verschwörung zum Betrug und Verstoßes gegen Umweltrecht verurteilte.

Oliver Schmidt mit Gefängnis-Frisur
Oliver Schmidt mit Gefängnis-Frisur © (c) AP

Auf eine milde Strafe konnte Schmidt kaum hoffen. Beim ersten Urteil gegen einen mutmaßlich am Abgas-Betrug beteiligten Ingenieur zeigte Cox keine Gnade. Der Richter ging sogar deutlich über die Forderungen der Staatsanwaltschaft heraus, er schickte den Kronzeugen James Liang trotz umfassender Kooperation bei den Ermittlungen für 40 Monate in Haft und verhängte eine Geldstrafe von 200.000 Dollar.

Auf der Toilette verhaftet

Schmidt war von Februar 2012 bis März 2015 in leitender VW-Funktion mit Umweltfragen in den USA betraut. Das FBI hatte den Deutschen am 7. Jänner vor dem Rückflug von einem Florida-Urlaub in die Heimat geschnappt. "Auf der Toilette des Flughafens von Miami von acht Beamten verhaftet und in Handschellen zu meiner Frau geführt zu werden", beschreibt Schmidt als eines seiner bis dahin "erniedrigendsten Erlebnisse".

Doch die Demütigungen hätten damit erst begonnen, so der 48-Jährige in dem Schreiben an Cox, aus dem zuerst die "Bild"-Zeitung unter der Überschrift "VW-Manager schreibt Bettel-Brief an US-Richter" zitierte. Sein Foto im Knastanzug - der in den USA übliche "Mugshot" - habe Schande über ihn gebracht und ihn weltweit zum Gesicht von "Dieselgate" gemacht. Später wurde Schmidt in Gefängniskluft mit Handschellen und Fußfesseln bei Gerichtsterminen vorgeführt.

Die letzten Monate schildert der Angeklagte als Spießrutenlauf durch verschiedene US-Hochsicherheitsgefängnisse. Dass sich das Mitleid von Richter Cox in Grenzen hält, musste Schmidt aber schon einmal erfahren. Zunächst hatte er eine Mittäterschaft am Abgas-Skandal abgestritten und versucht, gegen Kaution auf freien Fuß zu kommen. Doch trotz 1,6 Millionen Dollar an finanziellen Sicherheiten und etlicher Empfehlungsbriefe von Freunden und Familie: Cox schmetterte den Antrag im März ab, die Anschuldigungen seien "sehr, sehr ernst".

Schuld eingestanden

Es folgten zermürbende Monate, bevor Schmidt im August schließlich ein Schuldbekenntnis abgab und sich bereit erklärte, mit den Strafverfolgern zusammenzuarbeiten. Durch diesen Deal wurden zwar wesentliche Teile der Anklage fallengelassen, das maximale Strafmaß sank drastisch. Es wurden trotzdem sieben Jahre Gefängnis und eine hohe Geldstrafe. Zudem ist die Chance nun verloren, in einem Prozess um einen Freispruch zu kämpfen.

Während Schmidt ins Gefängnis geht, hat VW insgesamt den Abgas-Betrug in den USA weitgehend abgehakt. Auf Konzernebene haben die Wolfsburger ein Geständnis abgegeben und damit kriminelle Vergehen eingeräumt - einzelnen angeklagten Mitarbeitern erleichtert das die Verteidigung nicht eben. VW hat bei zivil- und strafrechtlichen Vergleichen über 25 Milliarden Euro an Kosten verbucht und sich so von weiteren Ermittlungen freigekauft.

Die Suche nach den verantwortlichen Managern ist damit jedoch noch lange nicht abgeschlossen, sie wird auch nach der Verurteilung Schmidts weitergehen. Das Problem der US-Fahnder ist jedoch, dass die restlichen Beschuldigten - darunter auch Schwergewichte wie etwa der frühere VW-Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob Neußer - in Deutschland vermutet werden. Von dort dürfte den meisten von ihnen vorerst keine Auslieferung in die USA drohen. Reisen dürften für sie aber gefährlich bleiben.

"Fühle mich missbraucht"

Ob man mit Schmidt einen Schlüsselspieler oder ein Bauernopfer zu fassen bekommen hat, bleibt ungewiss. Die Ermittler in den USA gehen von einer Verschwörung bis in oberste Kommandoebenen aus, dieses Format hat der bestenfalls der mittleren Führungsebene zuzuordnende Manager nicht. Schmidt selbst blickt heute verbittert und enttäuscht auf VW. "Ich muss sagen, dass ich mich im Diesel-Skandal von meinem Unternehmen missbraucht fühle", heißt es im Brief an Richter Cox.

Sein Fehler sei vor allem gewesen, die Befehle von oben befolgt zu haben: "Ich hätte diese Anweisungen ignorieren sollen."