Rund eine Woche vor dem EU-Gipfel hat die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel ihren "Fahrplan" zur Vertiefung der Währungsunion dargelegt. Binnen 18 Monaten sollen Maßnahmen zur Umsetzung dreier Punkte ergriffen werden: Die Umwandlung des Eurorettungsschirms ESM zu einem Europäischen Währungsfonds und einen EU-Kommissar als Eurogruppen-Chef. Auch in Diskussion stand ein eigenes Eurozonen-Budget.

Dass die Eurozone künftig einen eigenen Währungsfonds bekommt, gilt als nicht unwahrscheinlich. Österreich, Deutschland und Italien hatten sich zuletzt für eine schrittweise Umwandlung ausgesprochen. Der ESM wurden im Rahmen der Schuldenkrise eingerichtet und ist nach wie vor mit Hunderten Milliarden Euro ausgestattet, das er nicht an marode Länder wie Griechenland verliehen hat. Der ESM ist bisher rein zwischenstaatlich organisiert.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Grundzüge dieser Pläne bereits in seiner Rede zur Lage der EU im September präsentiert. Sie sind den Vorstellungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ähnlich, dieser fordert allerdings einen eigenes Euro-Budget sowie einen eigenen Euro-Finanzminister. Für 2018 bis 2020 schlägt die Kommission vor, das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen auf 300 Mio. Euro zu verdoppeln.

Oettinger: Eurozone wetterfest machen

EU-Budgetkommissar Günther Oettinger erklärte, es gehe darum, die Europäische Union "wetterfest für die Zukunft zu machen". Dabei wolle die EU auch "unabhängig von Partnern und dritten Institutionen wie dem IWF" werden. Vor dem Ausbruch der Krise vor zehn Jahren sei Europa nicht gut vorbereitet gewesen. "Die EU und die Eurozone waren in höchster Gefahr". Nun gehe es darum, allfällige Krisen zu vermeiden und sich auf mögliche neue vorzubereiten. "Nach der Krise kann auch vor der Krise sein".

Jedenfalls habe die Kommission "Abstand von einem Eurozonen-Budget genommen". Oettinger verwies darauf, dass die heute 19 Staaten der Währungsunion für 85 Prozent des europäischen BIP verantwortlich seien. "Es macht wenig Sinn, 15 Prozent, von denen einige in die Eurozone kommen wollen, von Instrumenten auszuschließen, die für die Krisenvermeidung und Bewältigung sinnvoll und notwendig sind". Vielmehr gehe es darum, im Rahmen des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens ab 2021 "angesichts der Brexit-Lücke und neuen Aufgaben wie Verteidigung, Migration und Forschung" auf mehr als ein Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung für den EU-Haushalt zu kommen. "Ich rede nicht von zwei Prozent oder mehr. Am Ende brauchen wir Einstimmigkeit. Unsere Vorschläge sind maßvoll. Das kostet Geld, aber für künftige Krisen wird das weit kostengünstiger sein als die Wiederholung der Krise 2007 bis 2012". Jedenfalls "kommen wir mit einem Prozent nicht mehr hin", betonte Oettinger.

Kroatien und Bulgarien in Warteschleife

Zur Eurozone merkte der Haushaltskommissar an, dass auch die "Absicht Kroatiens" am Tisch liege, beizutreten, und auch möglicherweise bald von Bulgarien. "Beiden Ländern werden wir konkrete technische, finanzielle und beratende Hilfe anbieten". Dabei merkte Oettinger an, dass durch Umschichtungen die Mittel zur Unterstützung von Strukturreformen von 140 auf 300 Mio. Euro im Verlauf der nächsten drei Jahre aufgestockt werden. Diese "Pilotphase" werde von 2018 bis 2020 dauern.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, ergänzte, dass mit der gewünschten Erweiterung der Eurozone "kein Land mit Gewalt" in die Währungsunion hineingezogen werde. "Das ist zwar eine vertragliche Verpflichtung, aber es sind keine konkreten Fristen (für den Beitritt zur Währungszone, Anm.) vorgesehen. Die Staaten haben die Möglichkeit zu entscheiden, mit welchem Tempo sie in die Eurozone gehen wollen".

Euro-Währungsfonds

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici unterstrich die Bedeutung der Umwandlung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) in den künftigen Europäischen Währungsfonds (EWF). Das sollte ab 2019 greifen. Diese Vorschläge werde die Kommission auch den Vertretern des Euro-Gipfels in neun Tagen in Brüssel präsentieren. Dann beginne die Diskussion und im Mai werde die Brüsseler Behörde mit legitischen Plänen kommen.

Oettinger wies "Falschmeldungen" zurück, wonach die Kommission eine Aufweichung der Stabilitätskriterien - Obergrenzen von drei Prozent für das Defizit und von 60 Prozent für die Schulden - plane. "Ich habe das gelesen, dass nicht mehr die Kriterien für die einzelnen Staaten gelten, sondern für die Eurozone als ganzes. Aber man kann nicht den neuen Eurozonen-Staaten, die eintreten wollen, klare Vorgaben 60 plus drei vorgeben, und für die Bestandsmitglieder das abschaffen".

Moscovici betonte in diesem Zusammenhang, dass die Flexibilitätsmöglichkeiten im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts auch nicht verändert werden.

Keine Vertragsänderung

Die vorgeschlagenen Maßnahmenkönnen ohne Vertragsänderung erfolgen. Der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis erklärte am Mittwoch zu den Vorschlägen über einen eigenen Euro-Finanzminister ohne eigenes Budget, die Umwandlung des ESM in einen Europäischen Währungsfonds, dass dies durch Richtlinien möglich sei.

Wesentlich ist für Dombrovskis die Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), der alle 28 Staaten und nach dem Brexit 27 EU-Länder angehören. Um den herrschenden Aufschwung abzusichern und künftige Krisen besser anzupacken, müsse nicht nur die Bankenunion vollendet werden, sondern auch der neue Europäische Währungsfonds (EWF) als Letztsicherung gegenüber dem einheitlichen Abwicklungsfonds dienen. Weiters sei geplant, Investitionen massiv zu unterstützen.

Dombrovskis verwies darauf, dass "Investitionen als erstes bei nationalen Haushalten gekürzt werden, wenn es Probleme gibt". Deshalb sollten die Co- und Vorfinanzierungen im Rahmen des europäischen Struktur- Investitionsfonds aufgestockt werden. Der Vize-Kommissionschef meinte, "wir mussten während der Krise das Schiff im Sturm reparieren. Aber jetzt sind die Gewässer ruhiger. Das ist eine gute Möglichkeit, eine starke Wirtschaft auf guter Grundlage aufzubauen. Wir freuen uns auf lebhafte Diskussionen über die nächsten Schritte", meinte er unter Hinweis auf den nächsten EU-Gipfel Ende kommender Woche.