Volkswagen stärkt im Rahmen seiner Investitionsoffensive die Standorte der Kernmarke. Nachdem der Konzern bereits Investitionen von mehr als 70 Milliarden Euro etwa in den Ausbau der E-Mobilität bekanntgegeben hatte, nannte das Unternehmen nun Details für die Marke VW.

Für den Ausbau der modularen Fertigung, die Modelloffensive sowie Stärkung der Elektromobilität investiere VW zwischen 2018 und 2022 weltweit 22,8 Milliarden Euro, teilte der Autobauer am Samstag in Wolfsburg mit. 14 Milliarden Euro davon seien für deutsche Werke geplant.

Demnach investiert VW eine Milliarde Euro in den Standort Zwickau, der wie angekündigt zum reinen E-Mobilitäts-Werk ausgebaut werden soll. In den Stammsitz Wolfsburg, wo die Produktion des Golf gebündelt wird, fließen 2,9 Milliarden Euro. In das Werk in Emden werden 1,1 Milliarden Euro investiert, um dort von Ende 2018 an die Passat-Familie zu produzieren.

Mit dem Investitionspaket werde die größte Produkt- und Technologie-Offensive in der Geschichte der Marke vorangebracht, sagte VW-Markenchef Herbert Diess.

Volkswagen will nach 'Dieselgate' wieder in die Offensive kommen und in den nächsten fünf Jahren massiv in die Elektromobilität investieren. Um neuen Konkurrenten wie dem US-Konzern Tesla die Stirn zu bieten, sollen bis Ende 2022 mehr als 34 Milliarden Euro in E-Autos, autonomes Fahren und die Digitalisierung fließen, wie der Wolfsburger Konzern am Freitag ankündigte.

Einschließlich der Investitionen in die weltweiten Standorte sowie weitere Projekte sind es sogar knapp 72 Milliarden Euro. Der Aufsichtsrat machte das Geld dafür locker. Damit seien die Voraussetzungen geschaffen, Volkswagen bis zum Jahr 2025 "zur weltweiten Nummer Eins in der Elektromobilität" zu machen, sagte Vorstandschef Matthias Müller.

Das Werk in Zwickau in Sachsen soll zu einem europäischen Standort für die Serienproduktion von Elektrofahrzeuge umgebaut werden. Um dafür Platz zu schaffen, werden die dort bisher gebauten Varianten der Modelle Passat und Golf in die schwächer ausgelasteten Werke in Emden und Wolfsburg verlagert.

Investitionen trotz Dieselgate

Mit dem Fahrplan erhöht Volkswagen das Tempo im Vergleich zu den im September auf der Messe IAA vorgestellten Plänen. Damals waren bis zum Jahr 2030 mehr als 20 Milliarden Euro für den Aufbau der Elektromobilität angekündigt worden. Analysten halten das neue Programm für ehrgeizig. Wegen seiner Größe mit zwölf Marken sei der Konzern aber in der Lage, die Summe zu stemmen. "Das Erstaunliche ist, trotz 25 Milliarden Euro für Dieselgate reicht das Geld bei Volkswagen immer noch für Zukunftsinvestitionen", sagte Frank Schwope von der NordLB. "Bei anderen wäre es der Exitus gewesen."

Die Barmittel im Kerngeschäft - darauf schauen besonders die Ratingagenturen - sollen trotz der hohen Kosten die Marke von 20 Milliarden Euro im laufenden Jahr nicht unterschreiten. Dazu sieht sich der Konzern dank des starken Autogeschäfts und weltweit sprudelnder Einnahmen in der Lage. Zuletzt hatte Volkswagen im Automobilgeschäft eine Netto-Liquidität von 25,4 Milliarden Euro.

Spagat zwischen Verbrenner und E-Motor

Volkswagen sei für den Wandel gut aufgestellt, betonte Müller. Er sagte, die Investitionen in die Elektromobilität sollten geschultert werden, ohne dabei die aktuellen Technologien und Fahrzeugprojekte zu vernachlässigen. "Denn damit verdienen wir auf absehbare Zeit unser Geld." Der Konzernchef zeigte sich überzeugt, dass der Spagat zwischen der herkömmlichen Verbrennungstechnologie und dem Aufbruch ins Zeitalter selbstfahrender Autos und neuer Mobilitätsdienste gelingen werde. Müller verwies dabei auf das noch in dem Konzern steckende Potenzial an Kostenvorteilen und Einsparungsmöglichkeiten.

Der Betriebsrat begrüßte den Investitionsplan als wichtiges Signal an die Belegschaft. "Volkswagen geht die Weichenstellungen für seine künftige Ausrichtung konsequent und mit hohem Tempo an", sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh. Dabei würden die zehn deutschen Produktionsstandorte mit Milliardensummen gestärkt. Allein drei Milliarden Euro flössen ins Stammwerk in Wolfsburg. "Wir verteilen Produkte und Investitionen so, dass wir Beschäftigung sichern und dabei gleichzeitig betriebswirtschaftlich sinnvoll den maximalen Gewinn erzielen." Vorhandene Kapazitäten müssten dabei so gut wie möglich ausgelastet werden.

Die jüngsten Durchsuchungen durch Staatsanwälte und Steuerfahnder in Wolfsburg seien im Aufsichtsrat nicht besprochen worden, sagte Chefkontrolleur Hans Dieter Pötsch. Die Ermittler gehen der Frage nach, ob Volkswagen bei angeblich überhöhten Zahlungen an Osterloh zu wenig Steuern gezahlt hat. Der Konzern bestreitet dies und betont, die Regeln des Betriebsverfassungesetzes und des Steuerrechts einzuhalten.

Wachstum außerhalb Europas

Wachsen will der weltgrößte Autokonzern in den kommenden Jahren vor allem in Brasilien, China, Russland und Nordamerika. Dort sowie auf dem Heimatmarkt in Europa wird das Geld verdient, das VW für neue Technologien benötigt, um den CO2-Ausstoß der Fahrzeuge zu reduzieren. Wenn das nicht gelingt, drohen sonst ab 2021 empfindlich Strafen der EU. Finanzvorstand Frank Witter dringt daher darauf, den Wandel zu Anbieter von Elektroautos "mit hoher Effizienz" voranzutreiben.

Bis 2025 sollen die Konzernmarken mehr als 80 neue Elektromodelle auf den Markt bringen, darunter rund 50 rein batteriebetriebene Fahrzeuge. Die Zahl soll danach weiter steigen. Spätestens 2030 will der Konzern mindestens jeweils eine Elektroversion seiner insgesamt 300 Fahrzeugmodelle anbieten. Um den Bedarf an Batterien zu decken, hat Volkswagen bereits eines der größten Beschaffungsprogramme in der Geschichte beschlossen.

Nicht in dem Fünf-Jahres-Plan enthalten sind die Investitionen der chinesischen Gemeinschaftsunternehmen. Diese finanzieren ihre Ausgaben in die Werke und Produkte aus eigenen Mitteln. Auch dort investiert VW massiv in Elektromobilität, um die staatlichen Vorgaben zu erfüllen.