Siemens will in den nächsten Jahren weltweit 6900 Arbeitsplätze streichen, davon die Hälfte in Deutschland. Die Turbinen-Werke in Görlitz und Leipzig sollen geschlossen werden, das Werk in Erfurt wird womöglich verkauft, wie der Industriekonzern am Donnerstag in München mitteilte. Am stärksten betroffen ist die Kraftwerkssparte, die unter der Energiewende leidet.

Dort fallen allein 6100 Stellen weg, davon 2600 in Deutschland. Bei elektrischen Antrieben werden 760 Arbeitsplätze gestrichen, der überwiegende Teil davon in Berlin. Auch hier gebe es deutliche Überkapazitäten. "Wir werden diese Maßnahmen sorgfältig, umsichtig und langfristig anlegen", versprach Personalchefin Janina Kugel.

Fragezeichen Österreich

Wie stark sich der angekündigte Stellenabbau auf die österreichischen Siemens-Werke auswirken wird, hat der Konzern noch nicht bekannt gegeben. Tatsache ist zwar, dass auch der Standort Wien vom Abbau betroffen sein wird, das Ausmaß wurde aber noch nicht kommuniziert.

"Zuerst werden wir die Mitarbeiter informieren und danach die Pläne bekanntgeben", erklärte der Sprecher von Siemens Österreich, Michael Braun, der Kleinen Zeitung. In Wien befindet sich ein Kompetenzzentrum der Kraftwerkssparte. Darüber hinaus befinden sich in Österreich aber keine Werke dieser Sparte. Für Siemens Österreich arbeiten aktuell 10.200 Beschäftigte, sie erzielten 2016 einen Umsatz von 3,3 Milliarden Euro.

Standort Offenbach wackelt

Durch die geplante Zusammenlegung des in Erlangen und Offenbach angesiedelten Lösungsgeschäfts der Kraftwerkssparte dürfte auch der Standort Offenbach mit rund 700 Beschäftigten vor dem Aus stehen. Für ein Werk in Erfurt prüft Siemens zudem mehrere Optionen, darunter auch einen Verkauf.

Schon seit längerem wird Siemens in der Kraftwerkssparte mit weltweit rund 46.800 Beschäftigten vor allem seine großen Gasturbinen in Deutschland und Europa nicht mehr los. Das sorgt für Preisverfall und Überkapazitäten. Das Geschäftsfeld Prozessindustrie und Antriebe mit zuletzt rund 44.800 Mitarbeitern weltweit bietet etwa Getriebe, Motoren, Antriebe und Kupplungen für die Öl-, Gas- und Bergbauindustrie an. Es ist damit auch stark von den Rohstoffpreisen abhängig. In beiden Sparten hatte Konzernchef Joe Kaeser bereits Jobs gekappt.

"Inakzeptabel"

Die Gewerkschaft IG Metall hat Widerstand gegen die Pläne von Siemens zur Streichung von weltweit fast 7000 Arbeitsplätzen und zur Schließung von zwei Turbinen-Werken angekündigt. "Ein Stellenabbau in dieser Größenordnung ist angesichts der hervorragenden Gesamtsituation des Unternehmens völlig inakzeptabel", sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner am Donnerstag.

Kerner sitzt auch im Aufsichtsrat des Münchner Industriekonzerns. Er sei für die Gewerkschaft "nicht einmal eine ernsthafte Diskussionsgrundlage". Kerner hofft dabei auch auf die Unterstützung der Mitarbeiter und der Politik.

Der Gewerkschafter warf dem Siemens-Vorstand vor, "trotz wiederholter Appelle" nicht rechtzeitig auf die Krise in der konventionellen Kraftwerkstechnik reagiert zu haben. Angesichts des Vormarschs erneuerbaren Energie aus Wind und Sonne sinkt die Nachfrage nach Kraftwerken, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, drastisch. "Für ein Unternehmen wie Siemens grenzt diese Mischung aus Tatenlosigkeit und Einfallsarmut an einen Offenbarungseid des Managements", sagte Kerner nach einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses, auf der Spartenchef Willi Meixner und Personalchefin Janina Kugel die Pläne präsentiert hatten.

Profitable Kraftwerkssparte

Die IG Metall beharre auf dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und Werksschließungen, der bei Siemens seit 2010 gilt. Ausnahmen davon könne es nur geben, wenn das Unternehmen als Ganzes wirtschaftlich gefährdet sei. Davon könne angesichts der Rekordzahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr keine Rede sein, sagte Kerner. Selbst die betroffene Kraftwerkssparte habe mehr als acht Prozent Umsatzrendite erwirtschaftet.