Es wird erwartet, dass der Rat der Notenbank die vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe zwar verlängern, das monatliche Volumen aber deutlich kürzen wird.

Die Transaktionen sind momentan das schärfste Schwert der EZB im Kampf gegen eine aus ihrer Sicht immer noch zu niedrige Inflation. Viele Volkswirte rechnen mit einer Halbierung des Kaufvolumens auf 30 Mrd. Euro pro Monat - bei einer Laufzeit des Programms bis mindestens Ende September 2018. Die Leitzinsen, die seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent liegen, werden die Währungshüter aller Wahrscheinlichkeit nach nicht antasten.

Die Notenbank will ihren Zinsbeschluss um 13.45 Uhr bekanntgeben. Details wird EZB-Präsident Mario Draghi dann auf einer Pressekonferenz ab 14.30 Uhr erläutern.

In Deutschland waren die Rufe nach einem Ende der insgesamt billionenschweren Anleihenkäufe zuletzt wieder lauter geworden. Ifo-Präsident Clemens Fuest fordert zum Beispiel, die Transaktionen ab Jänner herunterzufahren. "Wenn sich der Aufschwung im Euroraum weiter festigt, könnte die EZB die Käufe bis März auf null verringern." Die meisten Experten glauben aber nicht, dass die EZB schon ein klares Enddatum nennen wird.

Verringert die EZB die Geldflut?

"Wahrscheinlich wird der Großteil der Entscheidungen im Oktober getroffen", hatte Notenbank-Präsident Mario Draghi Anfang September angekündigt. Mehr als Trippelschritte erwarten Beobachter allerdings nicht.

Was könnten die ersten Maßnahmen sein?

Ökonomen rechnen damit, dass die Notenbank zunächst ihre milliardenschweren Wertpapierkäufe herunterfährt, um sie gegen Ende 2018 auslaufen zu lassen. Auch weil das Angebot an Papieren, die die Währungshüter nach eigenen Regeln erwerben dürfen, bald an seine Grenzen stoßen wird. "Aber Draghi wird eine Menge Beruhigungspillen verteilen", meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. So werde er wohl keinen genauen Zeitpunkt für das Ende der Käufe nennen. Derzeit erwerben die Währungshüter jeden Monat Staatsanleihen und andere Papiere für 60 Mrd. Euro. Das gigantische Kaufprogramm soll nach bisheriger Planung bis mindestens Ende 2017 laufen.

Wann steigen die Zinsen wieder?

EZB-Präsident Draghi betont immer wieder, dass die Zinsen nach dem Ende der Anleihekäufe noch lange niedrig bleiben werden. Parken Institute Geld bei der Notenbank, kostet sie das 0,4 Prozent Strafzinsen. Nach Einschätzung von Berenbank-Chefvolkswirt Holger Schmieding dürfte die Notenbank gegen Ende 2018 zunächst den Strafzins verringern. Eine Erhöhung des Leitzinses, zu dem sich Geschäftsbanken bei der EZB Geld leihen, erwartet er erst 2019. Seit März 2015 liegt der Zins auf dem Rekordtief von null Prozent.

Was heißt das für Sparer?

Sie werden sich zunächst weiter mit mickrigen oder gar keinen Zinsen für Tagesgeld, Sparbuch und Co begnügen müssen. Da die Zeiten einer Inflation nahe Null seit geraumer Zeit vorbei sind, verlieren Sparer unter dem Strich Geld. In Deutschland lag die Jahresinflation mit 1,8 Prozent im September über dem EU-Schnitt von 1,5 Prozent. Manchen Sparern drohen zudem Strafzinsen auf ihre Einlagen. Nach einer Umfrage von Bundesbank und Finanzaufsicht BaFin will künftig jedes zwölfte Geldhaus in Deutschland Negativzinsen auf Einlagen von Privatkunden erheben. Den Instituten brechen wegen des Zinstiefs Erträge weg, darum drehen sie an der Gebührenschraube und geben teils auch Strafzinsen weiter.

Welche Folgen hat die Verringerung der Anleihenkäufe?

Für Immobilienkäufer könnte die Zeit des ultrabilligen Geldes allmählich zu Ende gehen. Die Zinsen von Hypothekendarlehen in Deutschland orientieren sich vor allem an der Verzinsung von Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit. Verringert die Notenbank ihre Wertpapierkäufe, könnten die Zinsen dieser Papiere steigen. Einen rasanten Zuwachs erwarten Ökonomen allerdings nicht.

Wem hilft die Geldflut?

Staaten im Euroraum kommen dank Geldschwemme und Nullzinsen billiger an Geld. Das hilft auch starken Volkswirtschaften wie Deutschland. Nach Berechnungen der Deutschen Bank dürfte der deutsche Staat zwischen 2008 und 2016 fast 260 Mrd. Euro an Zinsen eingespart haben. Für Staaten könnte es künftig etwas teurer werden, sich Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Commerzbank-Ökonom Krämer argumentiert allerdings auch: "Die Phase der extrem lockeren Geldpolitik ist noch lange nicht vorbei. Die Staatsanleihen der hochverschuldeten Länder dürften daher kaum leiden."

Warum agiert die EZB so vorsichtig?

Ein plötzliches Ende der milliardenschweren Anleihenkäufe und eine unerwartete Zinserhöhung könnten an den Kapitalmärkten massive Turbulenzen auslösen. Aktienkurse dürften dann in den Keller rauschen, die Renditen von Staatsanleihen in die Höhe schießen. Gerade für angeschlagene Eurostaaten würde es dann deutlich teurer, sich Geld am Markt zu leihen. Eine plötzliche Kehrtwende könnte zudem Verbraucher und Firmen verunsichern und so die Konjunkturerholung im Euroraum gefährden. Die EZB muss also behutsam vorgehen, traditionell legen Marktteilnehmer jedes Wort Draghis auf die Goldwaage.

Warum hat die EZB die Geldschleusen überhaupt so weit geöffnet?

Mit dem billigem Geld versucht die Notenbank seit Jahren, der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen und zugleich die Teuerung anzuheizen. Mittelfristig strebt die Notenbank eine jährliche Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - das würde die Konjunktur abwürgen. Im September lag die Inflation im Euroraum bei 1,5 Prozent, die Konjunktur hat deutlich an Tempo gewonnen. "Wann, wenn nicht jetzt sollte der Ausstieg aus den "ungewöhnlichen Maßnahmen" überhaupt noch gelingen?", mahnte Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon jüngst.

Was sind die Risiken der ultralockeren Geldpolitik?

Beobachter befürchten, dass sich "Blasen" beispielsweise an Aktien- oder Immobilienmärkten bilden - sprich: die Preise blähen sich an diesen Märkten über ein gesundes Maß hinaus auf. Deutsche-Bank-Chef John Cryan betonte jüngst, das viele billige Geld der Notenbanken habe den Finanzmärkten in den zurückliegenden Krisenjahren unbestritten geholfen, aber "die lockere Geldpolitik führt zu immer größeren Verwerfungen". Zudem warnen Ökonomen, die Reformbereitschaft der Euroländer könnte erlahmen. "Kein Eurostaat ist zur Finanzierung seiner Defizite neben der EZB noch auf andere Kreditgeber angewiesen", erläutert Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).