Der Kälte- und Regeneinbruch in Alpbach konnte den sonnigen Ausblick der Nationalbank (OeNB) nicht trüben. Beim traditionellen Abschluss des Europäischen Forum Alpbach hob sie am Freitag ihre Wachstumsprognose für die österreichische Wirtschaft fast sprunghaft auf 2,75 Prozent für 2017 an. Im Juni lag die Erwartung noch bei 2,2 Prozent.

Tourismusboom, Erweiterungsinvestitionen und Osteuropas Erholung nannte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny als Wachstumstreiber. Die 1,7-Prozent-Prognose für 2018 werde wohl auch angehoben werden.
Die internationalen Planken sind weiterhin tiefe Zinsen und ein erstarkter Euro. Den solle man aber nicht „überdramatisieren“. Der Euro-Kurs gegenüber dem Dollar stehe wieder dort, wo er bei Einführung gestanden habe, so Nowotny.

Ähnlich beschaulich wie Alpbach ist Jackson Hole am Fuß der Rocky Mountains im US-Bundessstaat Wyoming. Dorthin blickten schon am Montag die Finanzmärkte mit Spannung auf das jährliche Notenbanker-Treffen. Als am Dienstag der Euro erstmals seit 2015 wieder den Wert von 1,20 US-Dollar überstieg, weil sich Anleger international massiv mit Euro eindeckten, führte man das nicht nur auf Hurrikan Harvey zurück und den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un, der eine Rakete über Japan hinweg abfeuern ließ. Harvey und Kim gaben dem Euro nur noch einen akuten Schub auf seinem Anstieg um 13 Prozent gegenüber dem Dollar seit Jahresbeginn.

Jackson Hole: Tags zuvor hatten jedoch auch die beiden mächtigsten Zentralbankchefs der Welt, Janet Yellen (Federal Reserve Bank) und Mario Draghi (Europäische Zentralbank), in Jackson Hole mit sphinxhaftem Schweigen zu möglichen Zinsanhebungen die Kapitalmärkte beunruhigt und den US-Dollar weiter geschwächt.

„Kein Wehklagen“: In Alpbach blieben die heimischen Banker gelassen. „Sicher steckt im geschwächten Dollar eine Enttäuschung der Märkte über unerfüllte Erwartungen an die Politik von Präsident Donald Trump. Unsere Analysten sehen die aktuelle Euro-Stärke als ein wenig euphorisch an und erwarten, dass der Euro sich eine Spur tiefer einpendeln wird“, sagt Erste-Bank-Vorstand Thomas Schaufler. Auch BKS-Vorstandschefin Herta Stockbauer sieht die Währungen aktuell „eher politisch beeinflusst. Die jetzige Bewegung hat keine wirtschaftlichten Daten zur Grundlage.“ Zwar mache der stärkere Euro die Exporte teurer, „die Exportunternehmen sind aber auf Schwankungen vorbereitet“, erwartet sie „kein Wehklagen“.

„Walk the dog“: Arancha Gonzales, CEO des Welthandelszentrums ITC der Welthandelsorganisation WTO, brachte in Alpbach dazu das Beispiel eines Spazierganges mit dem Hund: „Walk the dog – einmal ist der Hund vorne, einmal das Frauerl oder Herrl. Nach Hause kommt man aber immer zugleich. Deshalb brauchen wir über die Weltbank eine internationale Architektur, die darüber wacht, dass es nicht zu Währungsmanipulationen kommt und die Währungen die fundamentalen Werte reflektieren.“

Jürgen Roth, Vizepräsident der Bundeswirtschaftskammer, verglich es mit den Schwankungen wie beim Rohölpreis, den Spekulationen über 100 Dollar/Barrel trieben, während beim jetzigen Überangebot das Barrel mit 50 Dollar „unter einem fairen Preis von 60 bis 80 Dollar liegt. Beim Euro waren die 1,40 Dollar so übertrieben wie der Kurs unter einem Dollar untertrieben war. Derzeit zeigen Ölpreis und Dollar an: Das wird nichts mit Trumps Politik.“

In Jackson Hole hat Fed-Chefin Yellen eine erwartete Aussage über die nächste Leitzinserhöhung in den USA unterlassen. Für eine solche in Europa würde sich EZB-Chef Mario Draghi zu seinem morgigen 70. Geburtstag vor allem eines wünschen: zwei Prozent Inflation in der Euro-Zone. Die sind zwar in Österreich angekommen, in der Euro-Zone liegt die Teuerung aber bei 1,5 Prozent.

Verlorene Inflation: „Erst wenn die Leute älter werden, hört es auch mit den Sparüberschüssen. Auf der Suche nach der verlorenen Inflation in Europa muss man auf die Demografie schauen und die ändert sich erst 2020. Vorher erwarten wir auch keine Zinserhöhung der EZB“, wagte sich DekaBank-Chefanalyst Ulrich Kater, der in Alpbach Jahr für Jahr den Bankern die Folgen der Finanzkrise erklärt, weit hinaus. Die Zurücknahme der ultralockeren Geldpolitik der EZB müsse sehr langsam erfolgen, weil sonst Staatshaushalte zu kippen drohen würden. Im April 2018 will Draghi das Staatsanleihen-Ankaufsprogramm von monatlich 60 auf 40 Milliarden Euro reduzieren. Ein starker Euro könnte den völligen Ausstieg lange verzögern, gibt es neues Tauziehen unter EZB-Falken und -Tauben.