Gezerre um die Überreste von Air Berlin: Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann sagte der Wochenzeitung "Die Zeit", die Gespräche mit möglichen Partnern seien "sehr weit gediehen". Er glaube, einen Großteil der 8.500 Arbeitsplätze sichern zu können. "Das kriegen wir hin."

Die Gespräche mit der Lufthansa und - Insidern zufolge - mit Easyjet liefen bereits Monate, als Air Berlin am gestrigen Dienstag einen Insolvenzantrag stellen musste. Mit dem formellen Start des Insolvenzverfahrens wird am 1. November gerechnet.

Winkelmanns Gehalt ist sicher

Ein nicht unwesentliches Detail: Während die Gläubiger von Air Berlin sich nach dem Insolvenzantrag um ihr Geld sorgen müssen, hat der Chef der Fluggesellschaft, Thomas Winkelmann, diese Sorge nicht. Zur Absicherung der Verpflichtungen aus seinem bis Jänner 2021 laufenden Vertrag gibt es eine Bankgarantie von bis zu 4,5 Millionen Euro.

Thomas Winkelmann
Thomas Winkelmann © APA/AFP/PATRIK STOLLARZ

Darauf hat der Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Michael Kunert, am Mittwoch hingewiesen. Winkelmann hat laut dem jüngsten Geschäftsbericht für den Fall einer ordentlichen Kündigung Anspruch auf sein vertragliches Grundgehalt. Es liegt bei 950.000 Euro im Jahr und kann sich durch Boni verdoppeln.

Vor Totalzerschlagung

In den Verhandlungen geht es vor allem um die Start- und Landerechte. "Die Slots sind das einzig Werthaltige. Die Ideallösung wäre, das so zu filetieren, dass nichts übrig bleibt", sagte ein Insider. "Lufthansa und Easyjet ergänzen sich dabei gut." In der Insolvenz werden aber die Karten neu gemischt. Denn nun geht es darum, für die Gläubiger das Maximale herauszuholen und die Slots meistbietend zu verwerten.

Deutsche Medien erwarten jedenfalls eine Totalzerschlagung und das baldige Aus der Marke Air Berlin. Mit deutscher Staatshilfe soll Air Berlin für die nächsten drei Monate in der Luft gehalten werden.

Was passiert mit Niki?

Die österreichische Tochter Niki (850 Beschäftigte) soll jetzt aus der Insolvenz herausgehalten werden. Am Mittwoch informierte der Niki-Vorstand die Mitarbeiter in Wien-Schwechat über den Fortbestand der Airline. Es galt auch Kunden zu beruhigen. Eine für heute anberaumte Kollektivvertragsverhandlungsrunde wurde auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Dafür gibt es morgen in Wien und Düsseldorf Betriebsversammlungen.

Niki könnte Teil von Eurowings werden, meinte der österreichische Luftfahrtexperte Kurt Hofmann am Mittwoch im ORF-Morgenjournal. Auch der zum Reisekonzern Thomas Cook (Neckermann Reisen) gehörende Ferienflieger Condor soll deutschen Informationen Interesse an der Teilnahme an Auffanglösungen bekundet haben - zumal ein Teil der Thomas Cook-Reiseveranstalter-Gäste mit Air Berlin und ihrer Tochter Niki in den Urlaub geflogen wird.

Ryanair legt Protest ein

Die Lufthansa will so viele der Air-Berlin-Jets übernehmen wie möglich, sie will damit ihre Billigsparte Eurowings vergrößern. An tatsächlichen Unternehmensteilen von Air Berlin habe sie angeblich kein Interesse. Sie spitzt offenbar aber vor allem auf den Standort Düsseldorf, den sie als neuen Langstreckenstandort für Eurowings dazubekäme.

Der irische Billigflieger Ryanair will die Aufteilung der Start- und Landerechte der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft unter den Rivalen Lufthansa und Easyjet nicht einfach hinnehmen. Vorstandschef Michael O'Leary legte Beschwerde bei der EU-Kommission ein. O'Leary: "Das ist ein völlig abgekartetes Spiel." Das gehe alles zu schnell.

Ryanair habe kaum eine Chance, sich attraktive Start- und Landerechte (Slots) aus der Konkursmasse zu sichern. Der Ire spricht von einem "Komplott" zwischen der deutschen Regierung, der Lufthansa und Air Berlin. Die Anteile von Air Berlin würden "unter Ausschluss der größten Wettbewerber zerstückelt" und dabei würden EU-Wettbewerbsregeln sowie Bestimmungen zu staatlichen Beihilfen ignoriert, kritisierte Ryanair. Der Billigflieger sprach von einer "künstlich erzeugten Insolvenz".

Die Regierung in Berlin nannte die Vorwürfe "abwegig". Der Einspruch von Ryanair gegen Staatshilfen für Air Berlin wird auch nicht verhindern, dass die marode deutsche Fluggesellschaft vorerst weiter fliegt: "Beschwerden von Wettbewerbern haben keine aufschiebende Wirkung", sagte eine Sprecherin der Brüsseler EU-Kommission.