Wer Luppe gleich mit zwei „P“ ausstattet, muss sich nicht zwingend vertippt haben. Genauso gut kann die Schreibweise Zeugnis eines Besuchs im Mürztal sein. Genauer: Einer Visite in Krieglach, wo die Voestalpine Rotec Gruppe ihren Hauptsitz hat und sich seit geraumer Zeit intensiv mit High-Tech-Stahlrohren beschäftigt. Luppe nennen die rund 350 Mitarbeiter – ein Allzeithoch – dort nicht veredelte, grobe Stahlrohre. Und damit das Ausgangsprodukt der späteren Präzisionsstahlrohre, für die der Standort bekannt ist.

In Krieglach findet gewissermaßen die letzte Disziplin eines steirischen Wertschöpfungs-Vierkampfs statt: Eisenerz vom Erzberg wird in Donawitz zu Stahl und bei Voestalpine Tubulars im nahen Kindberg zu Rohren ausgeformt. Bevor es von der Rotec durch „Kaltziehen“ veredelt wird. Die rohen Werkstücke werden dabei eingeseift und mit einer Zugkraft von bis zu 30 Tonnen durch eine Matrize zu kleineren Durchmessern gezogen. Aus zwölf Meter Rohr können so schnell einmal bis zu 400 Meter werden.

Eingesetzt werden die Rohre und hochkomplexen Rohrkomponenten dann von Autobauern, etwa als Bauteile in verschiedenen Sicherheitsgurtstraffer- und Airbagsystemen. Der Gurtstraffer gilt überhaupt als Paradeprodukt der Mürztaler. 35 Millionen Stück fertigt die Voestalpine Rotec jährlich, so viel wie kein anderer Stahlspezialist in dieser Wirtschaftswelt. Die Kundenschar ist höchst prominent: Vermutlich jeder Tesla, der heute auf der Straße fährt, hat ein Teil aus Krieglach verbaut, zu den Kunden gehören längst auch BMW, Mercedes oder Maserati.

KTM als MotoGP-Neuling

Weniger, aber umso prestigeträchtigere, Rotec-Rohre werden bald in Spielberg zu finden sein. Dann nämlich, wenn die Obersteiermark vom 11. bis zum 13. August Zentrum des internationalen Motorsportzirkus wird. Besonderes Augenmerk gilt während des Heimrennens mit Sicherheit KTM. Gehören die Oberösterreicher im Motocross- und Rallye-Universum längst zu den erfolgreichen Fixsternen, versuchen sie sich seit Beginn dieser Saison auch in der höchsten Klasse der Motorrad-WM.

Sportlich noch durchschnittlich unterwegs, gelten die KTM-Maschinen in Sachen Bauweise schon jetzt als außergewöhnlich. Als einziges Team setzt man mit dem Modell RC16 auf einen Stahlrahmen. Dessen wichtigsten Rohre – richtig – von der Voestalpine Rotec in Krieglach gefertigt werden. Die Rahmen sollen dreimal so stabil sein wie herkömmliche Alurahmen, mit der Kaltumformung wird zudem der Gewichtsunterschied zwischen den zwei Metallen ausgeglichen.
Gleichzeitig soll der MotoGP-Einsatz auch die Attraktivität der Marke Rotec weiter anfachen. Selbst die Voestalpine, Industrie-Krösus im Mürztal, kämpft mit einem zunehmend schwierigeren Umfeld, was die Rekrutierung neuer, geeigneter Mitarbeiter betrifft.

20 Millionen Euro investiert

Nichtsdestotrotz scheint der steirische Standort ein wichtiges Rad im großen System des Stahlspezialisten mit Hauptsitz in Linz zu bleiben. Die Voestalpine Rotec habe jedenfalls von Krieglach aus „eine internationale Vorreiterrolle im Bereich von automobilen Sicherheitskomponenten erreicht“, lässt der zuständige Voestalpine-Vorstand Peter Schwab wissen. 225 Millionen Euro setzt die Rotec Gruppe mittlerweile um, 1400 Mitarbeiter werden heute an zehn Produktionsstandorten in Europa, Kanada, Mexiko, den USA oder China beschäftigt.

In Krieglach, zwischen 2015 und 2018 werden am Standort insgesamt 20 Millionen Euro investiert, wird etwa ein Drittel des Umsatzes in der Gruppe erwirtschaftet.