Friedrich Joussen, Chef des Reisekonzerns TUI, würde gern mehr investieren, kann aber nicht. "Wenn wir könnten, würden wir mehr Schiffe bauen lassen", sagte er vor kurzem der Zeitung "Euro am Sonntag". "Aber die großen Werften sind komplett ausgelastet."

Tatsächlich gibt es in Europa nur vier große Schiffbauer, die Kreuzfahrtriesen wie die "Mein Schiff"-Serie von TUI bauen können: die Meyer-Werft in Papenburg mit ihrem zweiten Standort im finnischen Turku, die italienische Fincantieri in Triest und das französische Unternehmen STX France in St. Nazaire.

Asiatische Werften keine Alternative

Asiatische Werften können bisher die Qualitätsstandards der europäischen Reedereien nicht erfüllen, der Bau von zwei "Aida"-Schiffen auf der japanischen Mitsubishi-Werft endete in einem teuren Desaster. Auf den ostdeutschen Werften will die malaysische Genting-Gruppe nun Kreuzfahrtschiffe bauen. Los geht es erst einmal mit kleineren Fluss-Kreuzern.

Zwölf neue Hochseeschiffe 2017

Trotz der engen Schiffbau-Kapazitäten bleibt die Kreuzfahrt eine Boom-Branche. Allein in diesem Jahr werden weltweit zwölf neue Hochseeschiffe in Dienst gestellt, davon sieben mit einer Kapazität von mehr als 2.500 Passagieren. "Die Schiffe werden immer größer", sagt Matthias Rieger vom Hamburg Cruise Center. "Wir werden künftig weniger Anläufe bei mehr Passagieren haben."

6,7 Millionen Passagiere in Europa

Allein in Europa unternahmen im vergangenen Jahr 6,7 Millionen Passagiere eine Kreuzfahrt, das sind 3,4 Prozent mehr als im Jahr davor. Und das Wachstum geht weiter, da sind sich alle Experten einig. Jedes neue Schiff im Markt ist auch schnell ausgebucht.

Kapazitätsprobleme auch bei beliebten Zielen

Doch Kapazitätsprobleme gibt es nicht nur auf den Werften, sondern auch bei etlichen beliebten Zielen. In Dubrovnik kamen Anfang Juni an einem einzigen Tag 9.000 Touristen mit Kreuzfahrtschiffen an, obwohl die kleine Altstadt nach Berechnungen von Fachleuten nur 7.000 am Tag vertragen kann. Neben Dubrovnik erstickt auch die montenegrinische Altstadt von Kotor in der gleichnamigen Bucht an Kreuzfahrtgästen.

Proteste gegen Meeresriesen in Venedig

Nirgends ist der Protest gegen die Meeresriesen so groß wie in Venedig. Die Lagunenstadt lebt vom Tourismus - und leidet unter den Menschen. Viele der umstrittenen Tagestouristen werden von den Kreuzfahrtschiffen ausgespuckt, die noch immer mitten in die Stadt hineinfahren dürfen, obwohl dies das Ökosystem erheblich gefährdet.

Die UN-Kulturorganisation hat längst ein Verbot für die riesigen Schiffe vor allem im San-Marco-Becken gefordert. Die Wellenbewegungen sowie der Dreck, der aus den Schornsteinen gepustet wird, schadeten dem Weltkulturerbe. Am 18. Juni unterstützten mehr als 18.000 Menschen fast einhellig in einem Volksbegehren diese Forderungen. Ob sich die Politiker in Rom davon überzeugen lassen, ist unklar.

Unmut auch auf Malta

Auch auf Malta herrscht Unmut über die Kolosse, die im Hafen der Hauptstadt Valletta einlaufen und Menschenmassen ins Zentrum befördern. Es ist eine der Folgen des Touristen-Booms, den der Inselstaat im Mittelmeer derzeit erlebt - auch, weil Urlauber aufgrund der politischen Instabilität traditionelle Reiseländer wie Tunesien, Ägypten oder die Türkei meiden.