Peter Kolba, langjähriger Chefjurist des VKI, macht sich selbstständig. Gemeinsam mit dem Gutachter Manfred Biegler und dem Journalisten Oliver Jaindl hat er "Cobin Claims" gegründet. Die Plattform will in Fällen wie dem VW-Skandal Geschädigte sammeln und dann Klagen einbringen oder Vergleiche aushandeln. Das ganze ist als gemeinnützige Stiftung geplant, Spender sind gesucht.

Derzeit ist Cobin Claims - Cobin steht für Consumer, Business und Investoren - ein gemeinnütziger Verein. Im Sommer will Kolba eine gemeinnützige Stiftung gründen, um unabhängig von Staat oder anderen Geldgebern agieren zu können. Das Stiftungskapital von 50.000 Euro sowie 11.000 Euro für eine ordentliche Website will sich die Plattform über Crowdfunding holen. Am Donnerstag startete auf www.startnext.com/cobinclaims eine 90-tägige Geldsammelkampagne. Im Herbst soll die operative Tätigkeit aufgenommen werden.

Finanzierung durch Spenden

A la longue braucht Cobin Claims wohl ein Budget von rund einer halben Million Euro im Jahr, schätzt Kolba. Finanzieren soll sich das ganze über Spenden (30 bis 40 Prozent), fallbezogene Beiträge, die Geschädigte in manchen Fällen zu leisten haben werden (wie beim Verein für Konsumenteninformation etwa 50 bis 150 Euro), sowie über Zahlungen von Prozesskostenfinanzierern. Wie sie sollen auch Anwälte, die mit Cobin Claims zusammenarbeiten wollen, Mitgliedsbeiträge zahlen.

Kolba und sein Team wollen bei Massenschäden rasch aktiv werden und potenziell Geschädigte mit Anwälten, Sachverständigen und Prozessfinanzierern zusammenbringen. Das Motto des Verbraucherschützers: "Viele Davids können stärker sein als ein Goliath." Die Geschädigten sollen kein Kostenrisiko haben, das übernehmen dann, so der Plan, Prozesskostenfinanzierer. Diese bekommen im Erfolgsfall einen Teil der erstrittenen Summe. Dass Kolba mit seiner Plattform auch Anwälten zu mehr Geschäft verhilft, verhehlt er nicht. "Ja, man fördert das Einkommen von Anwälten, aber das ist gut so", so Kolba am Donnerstag bei einer Pressekonferenz.

Derzeit sei es in Europa nämlich so, dass bei Massenschäden rund drei Viertel der Geschädigten nichts machen. Vom VKI wisse er, dass nur rund 25 Prozent eine Rechtsschutzversicherung hätten. Die meisten Betroffenen scheuten den Gang zu Gericht, machten also gar nichts. Außerdem gebe es in Europa noch immer kein geeignetes Instrument, um gegen Massenschäden vorzugehen, die EU-Kommission sei bisher nicht über Empfehlungen hinausgekommen, in Österreich gammle seit 2007 ein Entwurf für Gruppenklagen in der Schublade des Justizministeriums. Und: Die Gerichte, insbesondere das Handelsgericht (HG) Wien, seien personell überlastet.

Konzerne bevorzugt

Die Konsequenz: In Europa lohne sich Unrecht für die Konzerne. In den USA sei das nicht so, wie der VW-Skandal zeige. US-Autofahrern biete der deutsche Konzern bis zu 20 Mrd. Euro an, in Europa bisher nichts. Das liege daran, dass Geschädigte in den USA mit den "class actions" ein "scharfes Schwert" in der Hand hätten. In der EU existiere so etwas nicht, wenngleich es mancherorts "taugliche Krücken" wie etwa die Sammelklage nach österreichischem Recht gebe.

Kolba sieht seine Tätigkeit daher auch politisch im weiteren Sinn. Konzerne, die zu Unrecht Gewinn gemacht haben, sollen diesen wieder abgeben müssen. Und das gelinge nur, wenn sich mehr Geschädigte wehren.

"Cobin Claims" versteht sich nicht als Konkurrenz zu VKI oder Arbeiterkammer, wie Kolba betonte. Die Plattform will jedoch nicht nur Verbraucher vertreten, sondern auch Investoren und Einzelunternehmer oder kleine und mittlere Betriebe. Letztere hätten in Fällen wie dem VW-Skandal in Österreich keine Lobby. Denn die Wirtschaftskammer (WKÖ) tue sich schwer, einzelne Mitglieder gegen andere zu vertreten, so Kolba.

Prominente Unterstützer

Der frühere Chef der Rechtsabteilung des VKI hat für sein Projekt bereits zahlreiche prominente Unterstützer, die in verschiedenen Beiräten sitzen. Im Beirat der Rechtsanwälte sind einige bekannte Anlegeranwälte aus Österreich und Deutschland, zum Beispiel Eric Breiteneder aus Wien, Michael Poduschka aus Linz oder Gerrit Meincke aus Bonn. Weiters gibt es einen Sachverständigenbeirat, einen Beirat, in dem Rechtswissenschafter sitzen, und einen Beirat "Zivilgesellschaft", dem unter anderem Schauspieler, Journalisten, Ärzte, Blogger und Unternehmer angehören.

Ebenfalls mit an Bord ist Anlegerschützer Wilhelm Rasinger. Im Fall Meinl, sagte Rasinger bei der Pressekonferenz, seien viele geschädigte Anleger nicht vor Gericht gegangen, weil ihnen die Kosten zu hoch gewesen seien. Das momentane Niedrigzinsumfeld sei wieder ein Nährboden für unseriöse Anlageangebote. Gerichte seien im Fall von schiefgegangenen Veranlagungen "oft ungeeignet zur Konfliktlösung", meint Rasinger. Das Kostenrisiko sei hoch, die Prozesse dauerten oft Jahre. Das weiß auch Kolba. "In Österreich haben wir mit dem AWD fünf Jahre Prozess geführt und dann binnen fünf Tagen in einer Mediation einen Vergleich erzielt."