Für ÖGB-Chef Erich Foglar ist dabei der springende Punkt, wer über Arbeits- und Erholungszeiten entscheidet. Und Arbeitsexperte Jörg Flecker wies auf die Notwendigkeit rascher Erholungszeiten hin.

Unterstützt wurde Mitterlehner von Michaela Reitterer, Präsidentin der Hoteliervereinigung. Ihre Mitarbeiterinnen würden sich flexible und damit längere Arbeitstage wünschen, das würde auch ihre Familienplanung erleichtern, beteuerte sie. Sie wolle sich auch keine Überstundenzuschläge ersparen, es gehe um die bessere Organisation der Arbeit im Sinne ihrer Mitarbeiterinnen. Was aber jetzt schon möglich wäre, wenn man auf ein Gleitzeitmodell umsteigt, entgegnete Foglar. Dann hätten aber die Angestellten eine hohe Zeitsouveränität. Viele Arbeitgeber würden glauben, dass so lange Arbeitszeiten verboten sind, sie seien aber mit entsprechenden Ausnahmevereinbarungen unter Einbindung der Mitarbeiter möglich.

Fehlerhäufigkeit steigt

Der Soziologe Jörg Flecker wiederum verwies auf Studien, wonach ab der 7. oder 8. Arbeitsstunde die Fehlerhäufigkeit steige. Mehr Flexibilität führe zu mehr Krankenständen, mehr Invalidität und mehr Ausfällen. Zwölf Stunden Tagesarbeitszeit wären nur bei 30 Stunden Wochenarbeitszeit medizinisch sinnvoll, weil dann sofort nach der Belastung eine entsprechende mehrtägige Erholungszeit möglich wäre. Wenn die Erholung wegen langen Durchrechnungszeiträumen aufgeschoben werde, nütze sie der Gesundheit nicht mehr. Es irritiere ihn, dass die Regierung die derzeitige 10-stündige Tagesarbeitszeit verlängern wolle, obwohl die Arbeitsmediziner empfehlen, in unfallträchtigen Berufen nicht länger als neun Stunden am Tag zu arbeiten. "Was ist das für eine gesetzliche Regelung, die nicht in Bedacht nimmt, dass die Gesundheit der Menschen, das Leben der Menschen, auf dem Spiel steht?", fragte er.

Flecker glaubt auch nicht so ganz an die Freiwilligkeit bei längeren Arbeitszeiten. Der Druck und die Sorge um den Arbeitsplatz könnten dazu führen, dass sich Arbeitnehmer längeren Arbeitstagen stellen. Die Flexibilisierung, in der Arbeitnehmer selber entscheiden, wann sie arbeiten, sei sehr erwünscht. Wenn aber die Arbeitgeber die Zeiten vorgeben, dann sei eine fixe Arbeitszeit für die Beschäftigten günstiger.

Auch Foglar sagte: "es kommt darauf an, wer dann letztlich die Souveränität über die Arbeitszeit hat". Wenn die Arbeitnehmer selber entscheiden können, wann sie länger bleiben, weil es in ihre Lebensplanung passt, und sie den zeitlichen Ausgleich etwa für ein langes Wochenende nutzen können, "dann ist es durchaus denkbar". Werde die Mehrarbeit aber von der Firma angeordnet, auch wenn es gerade nicht in die Familienplanung passt, "dann schaut die Welt ganz anders aus". Und an Mitterlehner gewandt: "Sollten Sie sich auf Gleitzeit konzentrieren, dann sind wir relativ nahe". Da gebe es nur mehr offene "Detailpunkte, die lösbar sind". Aber die Arbeitgeberseite führe die Diskussion über eine wesentlich breitere Flexibilisierung der Arbeitszeit.

"Gipfel" zum Arbeitnehmerschutz

Mitterlehner versicherte in Richtung Gewerkschaft: "Wir wollen keine kapazitätsorientierte Teilzeitarbeit haben", wo der Arbeitgeber ruft und der Arbeitnehmer genau dann arbeiten muss. Da müsse es vereinbarte Regeln geben, das dürfe nicht spontan erfolgen. Im Regierungsprogramm stehe seit 2013 eine kleinere Variante, "mich freut es schon, wenn diese jetzt möglich wird". Einig sind sich Mitterlehner und Foglar auch, dass allgemein der Überblick über Arbeitszeitregeln verloren gegangen ist, weil die Regelungen sehr komplex sind.

Auch in Bezug auf den für Freitag geplanten "Gipfel" zum Arbeitnehmerschutz haben Mitterlehner und Foglar bereits in einem Punkt Übereinstimmung entdeckt: Widersprüchliche Bestimmungen in den Gesetzen gehören aufgehoben. Und dafür ist der Gesetzgeber zuständig. Ansonsten gab es von Mitterlehner Kritik an den Arbeitsinspektoren, deren Arbeit von Foglar verteidigt wurde. Reitterer sprach in diesem Zusammenhang von 1.209 Gesetzen, die einzuhalten seien - das könne kein Betrieb leisten.