Die geplante deutsche Pkw-Maut verstößt laut einem Bundestagsgutachten gegen EU-Recht - trotz der Änderungen, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit Brüssel fixiert hat.

Für sich genommen seien die Maut und die geplante Maut-Entlastung für inländische Autofahrer bei der Kfz-Steuer nicht diskriminierend, heißt es in der Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags im Auftrag der Grünen. Die gebotene Gesamtbetrachtung spreche aber dafür, dass die Kombination "eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit" zulasten von Straßennutzern aus anderen Mitgliedstaaten bewirke.

Diese nach EU-Recht verbotene Diskriminierung lasse sich auch "nicht auf unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe stützen", heißt es in der Analyse. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur, "BR Recherche", "Spiegel Online" und auch der Nachrichtenagentur AFP vor.

Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried sieht sich in seiner Rechtsmeinung bestätigt. Sogar der juristische Dienst des deutschen Parlaments belege, "dass es sich bei den Plänen um eine reine Ausländer-Maut handelt. Hier wird gegen europäisches Recht verstoßen", so der Minister am Freitag. Auch EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc könne sich bei dem Thema "nicht länger wegducken". Grundsätzlich spreche nichts gegen die Einführung eines Maut-Systems, so Leichtfried - auch Österreich hebe Straßenbenützungsgebühren ein -, doch nur in Einklang mit europäischem Recht. "Dass am Ende nur Ausländer zahlen, geht gar nicht", so Leichtfried in einer Aussendung. Wie Österreich sehen auch andere Länder ihre Bürger benachteiligt und drohen mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Die deutsche Regierung hatte Ende Jänner Änderungen an den seit 2015 geltenden Mautgesetzen auf den Weg gebracht. Sie setzen einen von Dobrindt und der EU-Kommission gefundenen Kompromiss um, mit dem Brüssel grünes Licht für die Maut geben will. Im März soll der Bundestag nach bisherigem Plan über die Maut abstimmen.

Nach dem deutschen Pkw-Maut-Modell sollen Inländer mit besonders abgasarmen Euro-6-Autos stärker per Kfz-Steuer-Senkung für ihre Mautzahlungen entlastet werden - um jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich im Vergleich zu den bisherigen Plänen. Insgesamt soll kein Inländer zusätzlich belastet werden.

Fahrer aus dem Ausland müssen den Plänen zufolge für die Autobahnnutzung Vignetten erwerben, die zehn Tage, zwei Monate oder ein Jahr gelten. Die Preise hängen von Hubraum und Umweltfreundlichkeit des Autos ab, der Höchstsatz sind 130 Euro für ein Jahr. Zuletzt wurden wiederholt bezweifelt, dass die überarbeitete Abgabe dem Staat unterm Strich überhaupt noch Geld bringt. Das deutsche Verkehrsministerium wies dies zurück.

Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags argumentiert, dieses auf eine unmittelbare Kompensation der Maut für Inländer abstellende System bewirke "eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der an sich gleichermaßen Infrastrukturabgabepflichtigen". Dies sei auch nicht abweichend zu bewerten durch die nun geplante, stärker ökologische Ausrichtung der Steuerentlastung an Schadstoffklassen.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte: "Egal, was Dobrindt auch versucht: Die absurde Idee einer Maut, bei der am Ende nur Ausländer zahlen sollen, ist eine Diskriminierung und verstößt gegen EU-Recht. Es gibt eben keine diskriminierungsfreie Diskriminierung." Er forderte CDU und SPD im Bundestag auf, das Vorhaben endlich zu begraben. "Die Dobrindt-Maut reaktiviert Schlagbäume, schadet der Wirtschaft, bringt keine Einnahmen, ist ein Bürokratiemonster, hat keine ökologische Lenkungswirkung und diskriminiert Ausländer."

Dobrindt hat rechtliche Zweifel an seinem Maut-Modell wiederholt zurückgewiesen und stützt sich dafür inzwischen auch auf die EU-Kommission. Verkehrskommissarin Bulc hatte anlässlich der Maut-Einigung im Dezember erklärt, die beiden Gesetze zur Maut und zur Steuerentlastung "werden nach den angekündigten Änderungen gewährleisten, dass das deutsche Mautsystem mit dem EU-Recht in Einklang steht".