Der US-Konzern Johnson & Johnson läutet das Jahr für die Pharmabranche mit einem Paukenschlag ein. Der Konsumgüterriese aus New Jersey will für 30 Milliarden Dollar (27,9 Milliaden Euro) das Schweizer Biotechnologieunternehmen Actelion schlucken. Der Deal ist einvernehmlich, und dass ein Konkurrent noch mit einer höheren Angebot kommt, gilt als unwahrscheinlich.

Schon jetzt wäre es die teuerste Transaktion in Europas Gesundheitsbranche seit 13 Jahren: 2004 hatte sich Sanofi-Synthelabo - heute Sanofi - die Übernahme des Rivalen Aventis fast 66 Milliarden Dollar kosten lassen.

Actelion-Mitgründer Jean-Paul Clozel und seine Frau Martine, die rund fünf Prozent der Aktien besitzen, werden mit dem Verkauf zu Milliardären. "Es ist eine gute Lösung für alle", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Clozel setzte unter anderem durch, dass die Forschung von Actelion im Zuge des Mega-Deals in ein eigenständiges Unternehmen ausgegliedert wird, das er künftig führen wird. "Mit dieser Struktur war es nicht schwer. Es ist immer emotional, aber es ist nicht schwer."

Im zweiten Anlauf

J&J schaffte die Übernahme erst im zweiten Anlauf: Nach einer ersten Verhandlungsrunde ohne Einigung hatten sich die Amerikaner zunächst zurückgezogen und dem französischen Konkurrenten Sanofi das Feld überlassen. Nun kündigte J&J an, den Actelion-Aktionären 280 Franken (260,9 Euro) je Aktie in bar zahlen. "Die Struktur des Deals ist sehr attraktiv", sagte Eleanor Taylor Jolidon, Fundmanagerin bei der Genfer Union Bancaire Privee, die zu den 40 größten Actelion-Investoren zählt. Das Offert entspricht einem Aufpreis von 23 Prozent gegenüber dem letzten Börsenkurs. Nimmt man als Messlatte den Aktienkurs vom vergangenen November, als erste Spekulationen über ein Interesse der Amerikaner an Actelion die Runde machten, streichen Investoren sogar mehr als drei Viertel als Prämie ein.

Daher halten es Börsianer auch für wenig wahrscheinlich, dass ein Konkurrent in letzter Minute ein noch höheres Offert aus dem Hut zaubert. "Das ist so gut wie unter Dach und Fach", erklärten die Analysten der Bank Berenberg. An der Börse in Zürich schoss die Actelion-Aktie um 20 Prozent auf 272,40 Franken in die Höhe.

Die 1997 gegründete Actelion ist auf Medikamente zur Behandlung von lebensbedrohlichem Bluthochdruck im Lungenkreislauf (PAH) spezialisiert und hochprofitabel.

Mehrere Milliarden-Deals

Die Pharmabranche sorgte in den vergangenen Monaten mit zahlreichen Milliarden-Deals für Schlagzeilen. Angetrieben vom Auslaufen vieler Patente sowie hohen Kosten für Forschung und Entwicklung schließen sich immer mehr Firmen zusammen. Anfang vergangenen Jahres schluckte der britische Pharmakonzern Shire nach monatelangem Flirten seinen US-Rivalen Baxalta für 32 Mrd. Dollar. Im April verstärkte der US-Pharmariese Abbott Laboratories mit dem 25 Mrd. Dollar schweren Kauf von St. Jude Medical sein Medizintechnik-Geschäft.

J&J greift für Actelion tief in die Tasche. In der Branche wurden in der Vergangenheit allerdings auch noch höhere Prämien gezahlt: Im vergangenen August erwarb der US-Pharmariese Pfizer den Krebsspezialisten Medivation für 14 Mrd. Dollar - mehr als das doppelt des Börsenwerts vor Bekanntwerden des Kaufinteresses.

Die Transaktion wird nach Angeben des US-Konzerns auf Basis des bereinigten Gewinns je Aktie sofort gewinnsteigernd sein. J&J ist in der Schweiz kein Unbekannter: 2011 übernahmen die Amerikaner für 21 Mrd. Dollar das Schweizer Orthopädieunternehmen Synthes.