Mit Spannung haben Politiker am Donnerstag auf das deutsche Bundesverfassungsgerichtshof geblickt. Die Höchstrichter haben in einem vorläufigen Eilurteil  darüber entschieden, ob das Kanada-Abkommen Ceta vorläufig in Kraft treten kann. Die Richter halten diese Vorgehenesweise für zulässig.

Allerdings gibt es eine Einschränkung. In der Klage wurden die Ceta-Ausschüsse beanstandet, welche das Abkommen nach Inkrafttreten weiterentwickeln sollen. Diese dürfen vorläufig nicht tagen. Außerdem muss sicher gestellt werden, dass Deutschland aus CETA wieder aussteigen kann, falls es dazu durch ein späteres Karlsruher Urteil gezwungen wird.

Gespräche mit EU

Die deutsche Regierung will bei den nächsten Treffen auf EU-Ebene auf die Auflagen des Verfassungsgerichts des Landes zum Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada (CETA) hinweisen.

"Wir werden dann mit entsprechenden Vorschlägen in die Räte gehen", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig am Donnerstag nach der Urteilsverkündung in Karlsruhe. "Und (...) deutlich machen, dass das eine wichtige Voraussetzung ist, damit CETA auch dauerhaft angewendet werden kann." Er gehe davon aus, dass sich die anderen Mitgliedstaaten dem nicht verweigern werden.

Gabriel zufrieden

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich erfreut über die Eilentscheidung des Karlsruher Verfassungsgerichts zum geplanten Handelsabkommen CETA gezeigt. Er sei "sehr zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens", sagte er am Donnerstag in Berlin.

Die von den Richtern verfügten Auflagen seien "relativ problemlos zu erfüllen" und würden selbstverständlich umgesetzt. Zum Teil seien sie sogar schon erfüllt.

Zustimmung scheint wahrscheinlich

Eine Zustimmung aller 28 EU-Staaten zur Unterzeichnung des umstrittenen EU-Kanada-Handelsabkommens (CETA) am kommenden Dienstag bei einem Handelsministerrat in Luxemburg scheint immer wahrscheinlicher. Ein ranghoher EU-Diplomat erklärte am Mittwoch in Brüssel, dies sei die Zielsetzung. Die EU-Kommission sei zu Änderungen an der Zusatzerklärung zu CETA in zwei Punkten bereit.

Demnach könne sich die EU-Kommission noch weitere Änderungen an der Erklärung zu zwei Punkten vorstellen, nämlich bezüglich der rechtlichen Verbindlichkeit und im Hinblick auf das in der EU geltende Vorsorgeprinzip. Österreich hat sich dafür eingesetzt, dass in die Zusatzerklärung zu CETA ein direkter Verweis für den rechtlichen Status dieser Erklärung ("Beipacktext") aufgenommen wird.

Die gemeinsame Erklärung der EU und Kanadas zu dem umstrittenen Freihandelsabkommen soll Klarstellungen leisten. So soll etwa das Recht der Staaten auf Regulierung insbesondere bei öffentlicher Gesundheit, sozialen Diensten, öffentlicher Bildung, Sicherheit, Umwelt und dem Schutz kultureller Vielfalt betont werden. Auch die Standards bei Lebensmittelsicherheit, Konsumentenschutz, Gesundheit, Umwelt oder Arbeitsschutz "werden nicht gesenkt", stellt die Erklärung fest.

Vor dem Handelsrat würden voraussichtlich am Montag oder am Dienstag noch einmal die EU-Botschafter beraten. Dass die endgültige Entscheidung auf den EU-Gipfel Ende kommender Woche fällt, gilt als unwahrscheinlich. Der kurz darauf am 27. Oktober stattfindende EU-Kanada-Gipfel in Gegenwart des kanadischen Premierministers Justin Trudeau mache nur Sinn, wenn das CETA-Abkommen bei diesem Treffen auch unterzeichnet werde, sagte ein Diplomat.

Vorbehalte nicht nur aus Österreich

Bei Beratungen der EU-Botschafter am Mittwoch in Brüssel meldeten Österreich, Slowenien und Belgien Vorbehalte an, weil die innerstaatlichen Konsultationen zu dem Abkommen noch nicht abgeschlossen seien, hieß es in Ratskreisen. Rumänien und Bulgarien hätten Vorbehalte wegen der in Kanada geltenden Visumpflicht für ihre Staatsbürger geäußert, hieß es weiter.

Die Niederlande machten den Angaben zufolge einen rein formalen parlamentarischen Vorbehalt geltend, weil sich das Parlament in Den Haag noch mit CETA befassen muss. Die Entscheidung des deutschen Verfassungsgerichts wird auch Auswirkungen auf dei Position der SPÖ haben. Am morgigen Freitag will Bundeskanzler Christian Kern das SPÖ-Präsidium mit CETA befassen. Gibt das Gremium grünes Licht für die Unterzeichnung könnte die Bundesregierung eine Unterzeichnungsvollmacht auf den Weg bringen.