Oben ist man ganz allein. Vielleicht ist das der Grund, warum nur ganz wenige Frauen das Interesse haben, ganz oben mitzuspielen. Mit zunehmender Hierarchieebene wird die Luft für Frauen immer dünner. Eine aktuelle Studie des Beraters EY (Ernst & Young) hat jetzt erhoben, dass fast 90 Prozent der in Österreich börsennotierten Firmen ausschließlich von Männern geführt werden. 187 Vorstandsposten werden aktuell von Männern bekleidet, nur neun von Frauen.

„Beim Frauenanteil im Topmanagement herrscht Stillstand statt Aufbruch“, beklagt EY-Partnerin und Studienautorin Elfriede Baumann. Zwar ist rechnerisch der Frauenanteil der Vorstandsmitglieder der 64 im Wiener Börse Index notierten Konzerne im Vergleich zum Vorjahr von 4,5 auf 4,6 Prozent gestiegen. Der Zuwachs fußt aber nicht auf einer höheren Anzahl von Frauen, sondern darauf, dass vier Vorstandsposten weggefallen sind.

Drei der insgesamt neun Vorständinnen leiten ihr Unternehmen als Vorstandsvorsitzende beziehungsweise CEO: Herta Stockbauer ist Chefin der BKS Bank, Karin Trimmel führt den Kräuterlikörhersteller Gurktaler. Seit 1. Jänner 2016 lenkt Elisabeth Stadler die Geschicke des Versicherungsriesen Vienna Insurance Group. Stadler ist die erste Frau an der Spitze eines ATX-Unternehmens. Finanzvorständinnen gibt es in Österreich nur noch zwei, im Vorjahr waren es vier.

Rein männliche Branchen

Den „höchsten“ Frauenanteil gibt es in der Automobilbranche (neun Prozent) und im Immobiliensektor sowie in der Finanzbranche (je acht Prozent). Fünf Branchen sind rein männlich: Energie, Informationstechnologie, Telekommunikation, Transport und Logistik.

Dass sich die aktive Suche nach weiblichen Führungskräften bezahlt macht, hat Baumann ebenfalls in einer Studie nachgewiesen: „Gemischt geschlechtliche Führungsteams sind erfolgreicher. Frauen gehen anders an gewisse Dinge heran, haben eine andere Diskussionskultur, einen anderen Führungsstil.“ Dabei ist es nicht so, dass Frauen nicht können, sie wollen oft nicht.

„Frauen sind viel zurückhaltender. Sie sagen zum Beispiel: ,Ich kann dies oder jenes nicht 100-prozentig. Das müssen sie aber gar nicht. Sie sollten lieber den Mut haben, das wenige, was fehlt, dazuzulernen.“ Zu den größten Hindernissen zählen wohl die Hauptverantwortung der Frauen für die Familie sowie kulturelle und strukturelle Barrieren. Baumann sagt: „Nordeuropa ist hier ein Vorbild.“

Eine verpflichtende Quotenregelung hat in Österreich allerdings kaum Politrückhalt. Einzig die Grünen sind dafür.