Kritiker der Grazer Rabattfirma Lyoness wollen die gerichtliche Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen wegen Verdachts auf schweren gewerbsmäßigen Betrug und Pyramidenspiel der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im April nicht hinnehmen.

Der Anwalt Josef Fromhold vertritt rund 700 unzufriedene Lyoness-Mitglieder, von denen sich rund 600 dem Strafverfahren gegen Lyoness-Gründer Hubert Freidl und mehr als ein Dutzend weitere Beschuldigte angeschlossen haben.

Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat das Verfahren der WKStA im April 2016 großteils eingestellt. Die Ermittlungen wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Kapitalmarktgesetz (KMG) sowie zum Themenbereich Rapid laufen aber weiter. Diesbezüglich hat die WKStA sogar zwei Vorhabensberichte erstellt, die gerade bei der Oberstaatsanwaltschaft liegen.

"Die WKStA hat in der Causa Lyoness zwei Vorhabensberichte an die Oberbehörde vorgelegt. Zum Inhalt der Vorhabensberichte kann ich keine Auskunft geben", so Oberstaatsanwältin Alexandra Baumann von der WKStA auf APA-Anfrage.

Rechtsanwalt Fromhold zufolge hat der zuständige Ermittler von der WKStA im Fall Lyoness ziemlich geschlampt. "Ich habe ihn gefragt, warum er keine Geschädigten einvernommen hat. Da hat er gelacht und gesagt: 'Ich habe genug Beweise'", so Fromhold im Gespräch mit der APA. Der Staatsanwalt habe lediglich Entlastungszeugen vonseiten der Beschuldigten einvernommen.

Unzulänglichkeiten

Die Unzulänglichkeiten im Ermittlungsverfahren ziehen sich laut Fromhold wie ein roter Faden durch den Strafakt. Beispielsweise sei es dem Ermittler nicht gelungen, 89.000 Euro auf einem Konto von Freidl zu beschlagnahmen - einen Beschluss dazu habe das Oberlandesgericht (OLG) Wien wegen Begründungsmängeln aufgehoben, nach mehrmaligem Hin und Her habe der Ermittler dann auf einen neuerlichen Antrag auf Beschlagnahme verzichtet.

Lyoness-Kritiker Ben Ecker hat das Ganze ausführlich in einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den ermittelnden Staatsanwalt dargelegt. So habe der Staatsanwalt im Juli 2015, nach vier Jahren Ermittlungen, der Oberstaatsanwaltschaft den Entwurf eines Strafantrags geschickt, der wegen "gravierender Formalfehler und elementarer inhaltlicher Mängel" zurückgestellt habe werden müssen.

Tatsächlich hat der Staatsanwalt die formalen Kriterien nicht eingehalten: Nach dem Inhaltsverzeichnis sei die Überschrift "Begründung" einzufügen, und der Ermittler hätte sich auf den "für den Anklagetenor relevanten Sachverhalt" beschränken und seine Begründung "in verständlicher Form illustrativ ergänzen" müssen, rügt die Oberstaatsanwaltschaft. "Zu den übrigen korrekturbedürftigen Schreib- bzw. Tippfehlern wird auf die farblichen Markierungen im zurückgestellten Entwurf des Strafantrages verwiesen", so die OStA an die WKStA in einem Schreiben, das der APA vorliegt.

Auch das Straflandesgericht wies in seinem Beschluss auf Mängel hin. Die WKStA sei "nicht näher auf den Tatbestand des schweren gewerbsmäßigen Betruges eingegangen", und da die Beschuldigten keine Gewinnchance vorgetäuscht hätten, "ergibt sich auch keine Strafbarkeit wegen Betruges", wie das Gericht schreibt.

Rapid ausgenutzt?

Mit dem Thema Rapid - Fromhold wirft Lyoness vor, den bekannten Namen des Wiener Fußballclubs auszunutzen, um an mehr Mitglieder zu kommen und Sponsorgelder von rechtswidrig einbehaltenen Kundengeldern zu zahlen - habe sich der Staatsanwalt überhaupt nicht beschäftigt. Die am 13. Oktober 2015 zu Rapid eingegangene Nachtragsanzeige sei im Original entnommen worden. Laut Ecker hat der Staatsanwalt eine neue Aktenzahl angelegt, "damit offenkundig im bereits anhängigen Ermittlungsverfahren die Säumnis bei den Ermittlungen nicht auffällt und auch bei diesem neuen Akt ein ordentlich geführtes Ermittlungsverfahren unterlassen werden konnte".

Der Staatsanwalt habe zwar am 4. Dezember 2015 gegen den gerichtlichen Einstellungsbeschluss eine Beschwerde erhoben, "aber da war es bei Weitem schon zu spät", meint Ecker. "Es kam, wie es kommen musste. Der Beschwerde wurde mit Beschluss vom OLG (Oberlandesgericht) Wien vom 12.04.2016 nicht Folge gegeben."

Zum Thema Rapid hielt Lyoness fest, dass seit Sommer 2015 eine Partnerschaft zwischen Lyoness und Rapid bestehe. Man habe ein eigenes Cashback-Programm ins Leben gerufen, von dem sowohl der SK Rapid als auch seine Fans profitierten. "Besitzer der SK Rapid Cashback Card erhalten bis zu 5 Prozent Cashback und Shopping Points bei jedem Einkauf bei rund 70.000 Partnerunternehmen weltweit", teilte Lyoness-Sprecherin Silvia Kelemen der APA mit. Rapid-Fans unterstützten mit ihren Einkäufen zusätzlich den Rapid-Nachwuchs, denn bis zu ein Prozent der Einkaufssumme gingen automatisch an die Nachwuchsförderung des SK Rapid.

Beschwerde in Prüfung

Die Oberstaatsanwaltschaft Wien ist derzeit dabei, sich die Dienstaufsichtsbeschwerde anzusehen. "Die Dienstaufsichtsbeschwerde liegt uns vor, sie ist derzeit in Prüfung", so der Erste Oberstaatsanwalt Michael Klackl auf APA-Anfrage.

Lyoness hielt fest, dass man "im gesamten bisherigen Ermittlungsverfahren eng mit der Behörde zusammengearbeitet und zur Aufklärung des Sachverhaltes umfassend beigetragen" habe. Die Anschuldigungen gegenüber Lyoness seien dem Unternehmen allesamt längst bekannt, so Lyoness-Sprecherin Silvia Kelemen mit Verweis auf die Einstellungsbeschlüsse des Wiener Straflandesgerichts und des Oberlandesgerichts. "Diese gerichtlichen Entscheidungen stellen - nach Würdigung des gesamten (!) Akteninhaltes - unmissverständlich klar, dass Lyoness kein Ketten- oder Pyramidenspiel im Sinne des § 168a StGB betreibt und dass jegliche Ermittlungen wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs zu beenden sind." Einzelne Vorwürfe aus der Dienstaufsichtsbeschwerde wolle man nicht kommentieren.

Rechtliche Schritte eingeleitet

Lyoness hat unterdessen zwei seiner Kritiker geklagt und wehrt sich gegen die Vorwürfe, die diese erhoben haben. In einer Aussendung vom Donnerstag schreibt Lyoness von einer "massiven Schmutzkübelkampagne, deren offenkundiger Zweck es zu sein scheint, gegen Lyoness gezielt Ruf- und Geschäftsschädigung zu betreiben".

Diese Kampagne werde vom Anwalt Josef Fromhold und "einem gewissen Bernhard Ecker" "lanciert und befeuert", so Lyoness.

Fromhold und Ecker haben in der Gerichtscausa Lyoness schwere Anschuldigungen gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erhoben, weil die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Lyoness-Gründer Hubert Freidl und rund ein Dutzend weiterer Beschuldigter zu einem großen Teil eingestellt werden mussten. Fromhold und Ecker werfen dem zuständigen Staatsanwalt Schlamperei vor und haben eine sogenannte Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Oberbehörde eingebracht. In dem Beschwerdeschreiben erheben sie nicht nur Vorwürfe gegen die Justiz, sondern auch gegen Lyoness.

Laut Lyoness sind "sämtliche Vorwürfe ... völlig aus der Luft gegriffen und somit haltlos".

Gegen die Kritiker ist das Grazer Unternehmen bereits vor Gericht gezogen und kündigte am Donnerstag weitere rechtliche Schritte an. Gegen Anwalt Fromhold habe man bereits am 2. August 2016 am Wiener Handelsgericht (HG) eine Unterlassungsklage eingebracht, gegen Ecker am Donnerstag am Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

"Darüber hinaus sind weitere rechtliche Schritte in Form von Schadenersatzklagen gegen die obengenannten Personen in Vorbereitung und Lyoness wird selbstverständlich auch weitere rechtliche Schritte gegen derartige Untergriffe setzen", so das Unternehmen.

Zum Vorwurfskomplex Auslandsmärkte hielt Lyoness fest, dass an der Niederlassung in den USA derzeit mehr als 20 Menschen beschäftigt seien, "die für eine starke Präsenz am amerikanischen Markt sorgen. Zudem wurde im März dieses Jahres das Landesbüro in Indien erfolgreich eröffnet. Bevor Lyoness mit Geschäftsaktivitäten in einem Markt startet, werden die rechtlichen Bestimmungen genau geprüft und auch die Geschäftsbereiche des Unternehmens werden umfassenden rechtlichen Prüfungen unterzogen."