Die AUA-Muttergesellschaft Lufthansa scheut angesichts von Terrorangst und Buchungseinbruch vor einem neuen konkreten Gewinnziel für 2016 zurück. Mitten in der wichtigsten Reisezeit des Jahres kann der Vorstand derzeit schlecht einschätzen, wie viele Menschen kurzfristig noch Tickets kaufen.

Die Unsicherheit drücke auf die Ticketpreise, sagte Finanzchefin Simone Menne knapp zwei Wochen nach der Gewinnwarnung des Dax-Konzerns am Dienstag in Frankfurt.

Verlust im Frachtbereich

Zudem steuert die Frachtsparte Lufthansa Cargo auf einen Jahresverlust zu. Die Aktionäre sollen dennoch nicht um ihre Dividende fürchten müssen. "Alles was derzeit an Kennzahlen vorliegt, macht uns dividendenfähig und lässt eine Auszahlung zu", sagte Menne. Das letzte Wort habe aber der Aufsichtsrat. Zuvor hatte der Luftfahrt-Experte der Deutschen Bank, Anand Date, die Lufthansa-Dividende für heuer und kommendes Jahr in Gefahr gesehen.

Zu schaffen macht Europas größter Fluggesellschaft die Verunsicherung vieler Kunden. Laut Menne fehlen viele Gruppenbuchungen aus Asien und den USA. Auf den Langstreckenflügen verdient die Gesellschaft sonst gutes Geld. Doch die Terroranschläge in Europa scheinen Reisewillige aus der Ferne vom Buchen abzuhalten. Zusammen mit dem niedrigen Ölpreis und dem Wettbewerb in der Branche sorgt dies für deutlich sinkende Ticketpreise.

Die Lufthansa sieht deswegen beim Jahresergebnis weniger klar: Ende Juli hatte der Vorstand seine Prognose für den bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) gekappt. Statt einer leichten Steigerung - wie zunächst geplant - erwartet Lufthansa-Chef Carsten Spohr jetzt nur noch ein Ergebnis unter dem Vorjahreswert von 1,8 Milliarden Euro. Dass der Konzern rund eine Milliarde weniger für Treibstoff ausgibt als 2015, ist bereits einkalkuliert.

Keine Jahresprognose

Finanzchefin Menne, die in Kürze zum Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wechselt, wollte bei ihren Gewinnerwartungen für 2016 am Dienstag dennoch keine Grenze nach unten einziehen. "Wir werden uns im dritten Quartal sicher klarer zur Jahresprognose äußern", sagte sie. Analysten rechnen mit einem bereinigten Ebit von 1,45 Milliarden Euro. Das wären um 20 Prozent weniger als im Vorjahr. Erwartet werden auch rote Zahlen bei Lufthansa Cargo: Die Frachtfluglinie kämpft mit Überkapazitäten und einem Preisverfall am Markt und will bis zu 800 Arbeitsplätze streichen.

In der ersten Jahreshälfte lief es insgesamt noch besser. Vor allem das Passagiergeschäft der Kernmarke Lufthansa verhalf dem Konzern zu einem höheren operativen Gewinn. Während der Konzernumsatz wie bereits bekannt infolge gesunkener Ticketpreise um zwei Prozent auf 15 Milliarden Euro sank, legte das bereinigte Ebit um 13 Prozent auf 529 Millionen Euro zu. Dabei machten Zuwächse in der Passagiersparte einen Verlust von 45 Millionen Euro bei Lufthansa Cargo sowie gesunkene Gewinne im Wartungs- und Catering-Geschäft mehr als wett.

Einsparungen zeigen Wirkung

Im zweiten Quartal sank der Überschuss dagegen auf 437 Millionen Euro. Und für das zweite Halbjahr erwartet die Lufthansa-Spitze auch, dass ihre Durchschnittserlöse pro geflogenem Sitzkilometer acht bis neun Prozent niedriger ausfallen als ein Jahr zuvor.

Trotz der trüberen Aussichten sieht Menne die Lufthansa auf dem richtigen Kurs. Die Stückkosten - also die Kosten je Sitzplatzkilometer - seien im ersten Halbjahr abseits von Treibstoff und Währungseffekten um 1,3 Prozent gesunken. Für die zweite Jahreshälfte hat sie einen Rückgang um zwei bis drei Prozent im Auge. "Daran haben wir lange gearbeitet", sagte die Managerin. Solche Einsparungen kämen der Lufthansa unabhängig von äußeren Einflüssen wie Ölpreisen oder Entwicklung der Ticketpreise zugute.

Gutes Halbjahr bei der AUA

Die steigende Terrorangst verdirbt den Menschen die Lust auf das Fliegen. Das bekommt auch die AUA zu spüren. Zwar stieg der Gewinn im ersten Halbjahr im Vergleich zur Vorjahresperiode, aber die Aussichten für das gesamte Jahr wurden dennoch zurückgenommen: Der operative Gewinn soll nun nicht mehr "deutlich" über dem Vorjahreswert liegen, sagte Finanzvorstand Heinz Lachinger vor Journalisten.

Das erste Halbjahr 2016 sei das beste seit 2007 gewesen, also noch vor der Finanzkrise, aber die Vorfreude auf das zweite Halbjahr ist nur mehr gedämpft. Besonders stark wirken sich die Sorgen im Charter-Bereich aus, wo Rückgänge zum Vorjahr von 15 bis 20 Prozent verbucht werden. Der Charter-Anteil am Gesamtumsatz dürfte von 6 bis 7 auf 5 bis 6 Prozent zurückgehen. In der Türkei sei der Rückgang "punktuell noch größer". Hier werden nur mehr Antalya und Dalaman angeflogen. Aber auch im Linienverkehr spürt die AUA die Zurückhaltung der Urlaubsreisenden. Zahlen für einzelne Länder wollte Lachinger nicht nennen.

Im Nordamerikageschäft hingegen verdient die AUA zwar noch "gutes Geld", so Lachinger, aber die Konkurrenz nehme zu und aufgrund von Reisewarnungen der USA im Zusammenhang mit Europa bleiben Touristengruppen aus. Insgesamt mache man im Interkontinentalverkehr (Amerika und Asien) mit 6 Prozent der Passagiere 40 Prozent des Umsatzes. Die Strategie, die Langstrecke auszubauen, sei sicher nicht falsch gewesen.

Ölpreis hilft

Hilfreich für die AUA-Bilanz sind der niedrige Ölpreis bzw. die damit verbundenen niedrigen Treibstoffpreise, auch wenn der positive Effekt durch den starken Dollar etwas gedämpft werde, so Lachinger. Der im Mai 2004 eingeführte und seither mehrfach erhöhte Treibstoffzuschlag besteht aber weiter und es gibt derzeit auch keine Überlegungen, ihn wieder zu streichen. Allerdings heißt er inzwischen "International Surcharge", also internationaler Aufschlag. Die Zuschläge würden wieder zurückgenommen, wenn der Ölpreis nachhaltig und stabil wieder unter 300 Dollar je Tonne Kerosin sinken würde, erklärte ein AUA-Sprecher damals bei der Einführung. Der Preis für Flugbenzin war zwar zwischenzeitlich schon unter 300 Dollar, steigt aber derzeit wieder und lag zuletzt bei 400 Dollar.

Dafür kämpft die AUA noch mit der Schulung von Piloten in Folge der Umstellung der Regionalflotte auf Embraer-Flugzeuge. Vor einiger Zeit hatte die AUA bekanntgegeben, dass sie über den Sommer rund 300 Flüge streichen muss, weil nicht ausreichend Piloten zur Verfügung stehen. Obwohl es nur um 17 Flugzeuge geht, müssen rund 500 Piloten geschult werden, jede Ausbildung dauert drei bis sechs Monate, so Lachinger am Dienstag. Angesichts des eigenen Engpasses denke man derzeit auch nicht daran, mit AUA-Personal Flieger von der Schwesterlinie Eurowings zu betreiben. Lieber fliege man im eigenen Risiko. Auch für die laufende Budgetplanung für das kommende Jahr sein ein zentrales Ziel die Sicherung der Ressourcen.