Schuschnigg: Ich möchte zunächst danken, Herr Reichskanzler, dass Sie mir Gelegenheit zu dieser Aussprache gegeben haben; ich versichere vor allem, dass es uns mit dem Abkommen vom Juli 1936 sehr ernst ist. [...] Wir haben jedenfalls alles dazu getan, um zu beweisen, dass wir dem Sinn und Wortlaut des Abkommens gemäß eine deutsche Politik zu führen entschlossen sind.

Hitler: So, das nennen Sie eine deutsche Politik, Herr Schuschnigg? Sie haben im Gegenteil alles dazu getan, um eine deutsche Politik zu vermeiden. [...] Übrigens hat Österreich nie etwas getan, was dem Deutschen Reich genützt hat. Seine ganze Geschichte ist ein ununterbrochener Volksverrat. Das war früher nicht anders wie heute. Aber dieser geschichtliche Widersinn muss endlich sein längst fälliges Ende finden. Und das sage ich Ihnen, Herr Schuschnigg: Ich bin fest dazu entschlossen, mit dem allem ein Ende zu machen. [...]

Schuschnigg: Ich kenne Ihre Auffassung über die österreichische Frage und österreichische Geschichte, Herr Reichskanzler; aber Sie werden verstehen, dass ich hier grundlegend anderer Meinung bin. Für Österreich ist die ganze eigene Geschichte ein sehr wesentliches und wertvolles Stück deutscher Geschichte gewesen, das sich aus dem gesamtdeutschen Bilde nicht wegdenken lässt. Und die österreichische nationale Leistung ist sehr beträchtlich.

Hitler: Gleich null! Das kann ich Ihnen sagen. Von Österreich aus bekam jede nationale Regung seit je nur Prügel zwischen die Füße; das war ja auch die Haupttätigkeit der Habsburger und der katholischen Kirche.
Schuschnigg: Trotzdem ist manch österreichische Leistung aus dem gesamtdeutschen Kulturbild unmöglich wegzudenken. Ich denke da z. B. unter anderem an Beethoven. [...]

Hitler: So? Der ist in meinen Augen ein Niederdeutscher gewesen!
Schuschnigg: Ein Wahlösterreicher, wie mancher anderer. Es fällt auch niemandem ein, etwa Metternich als Rheinländer zu betrachten.

Hitler: Ich kann Ihnen nur nochmals sagen, dass es so nicht weitergeht. Ich habe einen geschichtlichen Auftrag, den werde ich erfüllen, weil mich die Vorsehung dazu bestimmt hat. Ich bin felsenfest davon durchdrungen und glaube daran. Ich bin gottesgläubig und religiös, wenn auch nicht in einem kirchlich gebundenen Sinne. [...] Schauen Sie sich in Deutschland um, Herr Schuschnigg, Sie werden nur einen Willen finden. Ich bin den schwersten Weg gegangen, den je ein Deutscher gehen musste; ich habe in der deutschen Geschichte das Größte geleistet, was je einem Deutschen zu leisten bestimmt war. Und zwar nicht mit Gewalt. Ich bin getragen von der Liebe meines Volkes. [...]

Schuschnigg: Das glaube ich Ihnen ja gerne, Herr Reichskanzler!

Hitler: Ich könnte mit dem gleichen und noch mit viel mehr Recht mich als Österreicher bezeichnen als Sie, Herr Schuschnigg! Versuchen Sie es doch einmal und machen Sie eine freie Volksabstimmung in Österreich, in der Sie und ich gegeneinander kandidieren; dann werden Sie sehen!
Schuschnigg: Ja wenn das möglich wäre! Aber Sie wissen selbst, Herr Reichskanzler, dass es eben nicht möglich ist. Ich sehe die Dinge anders. Wir müssen nun einmal nebeneinander leben; der Kleine neben dem Großen. Wir haben gar keine andere Wahl. Darum bitte ich Sie, die konkreten Beschwerden mir zu sagen. Wir werden alles dazu tun, um Abhilfe zu schaffen [...].

Hitler: Das sagen Sie, Herr Schuschnigg. Ich sage Ihnen, ich werde die ganze sogenannte österreichische Frage lösen, und zwar so oder so! [...] Ich brauche nur einen Befehl zu geben, und über Nacht ist der ganze lächerliche Spuk an der Grenze zerstoben. Sie werden doch nicht glauben, dass Sie mich auch nur eine halbe Stunde aufhalten können? Wer weiß – vielleicht bin ich über Nacht auf einmal in Wien; wie der Frühlingssturm! Dann sollen Sie etwas erleben!

Aus dem Buch „Ein Requiem in Rot-Weiß-Rot“ von Kurt Schuschnigg.