Inwieweit haben Grenzen etwas mit Tradition, Bildung und Herkunft zu tun?

Barrieren stehen auch im Mittelpunkt der derzeitigen EYP-Tagung in Graz. Wir haben internationale Mitglieder nach ihren Meinungen zu geografischen und mentalen Grenzen bei sich und der vorherrschenden Situation in ihrem Herkunftsland befragt, und wollten wissen, wie eine Welt ohne Grenzen aussehen würde.

Alice de Rossi
Alice de Rossi © Stefan Pajman

Name: Alice De Rossi

Alter: 17

Herkunft: Italien

Zum zweiten Mal Teilnehmerin bei EYP, beide Sessions in Österreich

An was denkst Du beim Wort "Grenzen"?

"An das Gefühl von Sicherheit, dass sich die Leute durch das Errichten von Grenzen verschaffen. Aus Angst und Wut vor dem Unbekannten bauen sie sich eine Mauer, um Problemen wie der Flüchtlingskrise, aber auch sozialen Unterschieden aus dem Weg zu gehen. Wir benutzen Grenzen aktiv, um Wegschauen zu lernen."

Wie wird mit "Grenzen" in deinem Land umgegangen?

"In Italien sind die Leute sehr konservativ, es wird viel übereinander geurteilt. Traditionen und Grenzen beruhen dort eher auf älteren Werten. In der Politik werden täglich neue unnötige Grenzen gezogen, anstatt sich mit den wichtigen Problemen auseinanderzusetzen."

Wie würde eine Welt ohne Grenzen aussehen?

"Ideal wäre natürlich eine Welt, in der alle Länder der EU perfekt miteinander auskommen und man keine Grenzen braucht. Aber ganz auf sie zu verzichten ist auch keine Lösung, da sie immer noch wichtig sind, um gut miteinander zu leben. Trotzdem sollte man sich auf das konzentrieren, was Relevanz hat, und nutzlose Grenzen loswerden. 

Juan Amaya
Juan Amaya © Stefan Pajman

Name: Juan Amaya

Alter: 23

Herkunft: Spanien

Teilnehmer bei 24 Sessions, Head of Jury

An was denkst Du beim Wort "Grenzen"?

"Grenzen sind wie Regeln, aufgestellt von Jemandem den man nicht die Erlaubnis gegeben hat. Wenn ich an Grenzen denke sehe ich geografisch eine große Weltkarte vor mir, da die ganze Welt umgrenzt ist. Politisch sehe ich Krisen wie die Flüchtlingskrise oder der Bau der Mauer zwischen Mexiko und der USA."

Wie wird mit "Grenzen" in deinem Land umgegangen?

"In Spanien leben die meisten Menschen mit verschlossene Augen. Viele ignorieren diese Probleme, einfach weil sie sich sehr weit weg von ihnen abspielen. Auch die Politiker geben falsche Versprechen, anstatt 17.000 Flüchtlingen wurden nur 600 aufgenommen. Anders als ihre traditionellen Eltern ist die Jugend in Spanien viel offener, war doch erst kürzlich ein großer "Pro-Flüchtlinge" Marsch in Barcelona."

Wie würde eine Welt ohne Grenzen aussehen?

"Idealistisch gesehen würde eine Welt ohne Grenzen nur Vorteile bringen. Der Mix der verschiedenen Kulturen und Herkünfte würde viele Probleme einfach auslöschen. Andererseits glaube ich aber auch, dass es Integrationsprobleme geben könnte, da sich viele Leute gerne zu einer speziellen Herkunft bekennen."

Nicolas Kurek
Nicolas Kurek © Stefan Pajman

Name: Nicolas Kurek

Alter: 16

Herkunft: Schweiz

Teilnehmer an 8 Sessions

An was denkst Du beim Wort "Grenzen"?

"Ich denke an den eingeschränkten, old-fashioned Weg zu Denken und Situationen zu beurteilen, den viele Menschen heutzutage haben, wenn sie sich aus Angst nicht mit Problemen befassen wollen. Außerdem sehe ich ein Bild von einem umzäunten Gelände vor mir, typisch zum Thema "Grenzen"."

Wie wird mit "Grenzen" in deinem Land umgegangen?

"Nachdem die Schweiz kein Teil der EU ist, wird mit den ganzen Krisen anders umgegangen als in anderen Ländern. Wir haben seit der Flüchtlingskrise eine sehr stark bewachte südliche Grenze, was viele schweizerische Einwohner nicht gerade unterstützen."

Wie würde eine Welt ohne Grenzen aussehen?

"Ich glaube es ist zu früh für eine Welt ohne Grenzen, da wir noch lernen müssen uns aufeinander einzulassen. Jedoch haben wir in Europa sehr ähnliche Wertvorstellungen, also denke ich dass durchaus Kompromisse gefunden und ein gutes Zusammenleben möglich sein könnte."