Als ich kurz nach 21 Uhr mit dem Rad in die Grazer Elisabethstraße einbiege, verdunkelt sich über mir bereits der Himmel. Die ersten Regentropfen können es kaum erwarten, sich aus ihrem wolkigen Gefängnis zu befreien. Als ich mein Rad vor dem Studio abstelle, beschäftigt mich nur eine Frage: Sollte es mir heute so ergehen, wie meinem Fahrradreifen? Dem ging nämlich schon vor einigen Metern die Puste aus. Ich lasse mich überraschen, denn was gibt es für einen Katzen-Allergiker Schöneres als einen Muskelkater.

Sollte ich im Studio zu wenig schwitzen, hält sicher der Himmel über Graz einige Liter Wasser für mich bereit.
Sollte ich im Studio zu wenig schwitzen, hält sicher der Himmel über Graz einige Liter Wasser für mich bereit. © Michael Schäfl

Was für ein Affen-Theater!

Wo werden die meisten Ideen geboren und unmöglichsten Abmachungen beschlossen und begossen? Selbstverständlich beim Fortgehen. Das Ungewöhnliche daran: Das Letsfit Graz ist vermutlich die einzige Fortgeh-Idee, die Wirklichkeit wurde. "Alles begann bei einer Feier im Three Monkeys", erinnert sich Geschäftsführer Bernhard Tuma. "Wir Gesellschafter saßen beieinander, als Andreas Albaner, Chef der Bar, zu uns kam und meinte: "Hey, bei uns im Innenhof ist ein Fitnessstudio in Konkurs gegangen. Wie sieht´s aus? Würd´s euch interessieren?". Da das gleiche Team schon vor 20 Jahren ein Studio in Kärnten eröffnet hatte, lag die Antwort auf der Hand.

Zu den Spinden gab´s den guten Geist dazu

Selbstverständlich will ein Fitnessstudio auch eingerichtet werden, deshalb suchte man damals kurzerhand und ohne großer Hoffnung auf "willhaben.at" nach Spinden. Und wie durch ein Wunder, es tauchten auch welche auf, noch dazu in Graz. "Als wir die Spinde abholen wollten, kam ich dort mit einer Frau ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass sie früher für das dort ansässige Fitnessstudio gearbeitet hatte und nachdem ich sowieso noch Mitarbeiter suchte, nahm ich sie auch gleich mit", erzählt Bernhard Tuma.

Sada Kocijan ist nun schon seit mehr als 3 Jahren Yoga-Trainerin, Fitness-Beraterin und Sekretärin des Studios. Alles in allem der gute Geist des Hauses. Falls Sie sich nun denken sollten: "Kocijan, Kocijan wo habe ich den Namen schon mal gehört?"... richtig: Ihr Ehemann, Tomislav Kocijan, versetzte viele Jahre lang die Tormänner der österreichischen Bundesliga in Angst und Schrecken.

Statt dem obligatorischen Sekt-Empfang gab es, zur Feier des Tages,Protein-Shakes zu verkosten. Geschäftsführer Bernhard Tuma schenkte an Niki Schwarz, Laura Ertl und Miss-Kärnten-Dritte Sarah Rud Kostproben aus.
Statt dem obligatorischen Sekt-Empfang gab es, zur Feier des Tages,Protein-Shakes zu verkosten. Geschäftsführer Bernhard Tuma schenkte an Niki Schwarz, Laura Ertl und Miss-Kärnten-Dritte Sarah Rud Kostproben aus. © Michael Schäfl

Vor dem Pressen auf die Presse

Bevor man sich beim Fortgehen im Grazer Univiertel in kürzester Zeit mit billigen Shots in hochprozentige Sphären ballert, trainieren manche noch gerne im Fitnessstudio. Breite Schultern verschaffen Selbstbewusstsein oder zumindest genügend Raum, um als Kasten sperrig und unbeirrt auf der Tanzfläche herumzustehen. Die Aufmerksamkeit ist in beiden Fällen vorprogrammiert. 

Bei so vielen Maschinen in einem Raum überlege ich eine Umschulung zum Mechaniker.
Bei so vielen Maschinen in einem Raum überlege ich eine Umschulung zum Mechaniker. © Michael Schäfl

Ein Blick in die Fitness-Folterkammer

"Täglich zählen wir zwischen 50 und 100 Besucher, diese wissen unsere familiäre und unkomplizierte Atmosphäre zu schätzen. Deshalb verzeichnen wir auch jährlich steigende Besucherzahlen. Da wir jedoch maximal 500 Leute nehmen, sind wir wohl das einzige Grazer Fitness-Studio mit Warteliste", erklärt Bernhard Tuma. Vielleicht besteht die Belegschaft, die sich tagtäglich im Studio abquält, aus diesem Grund hauptsächlich aus Studierenden. Den Begriff "Warteliste" werden die meisten wohl aus ihrem Uni-Alltag kennen.

Das Ergometer blieb mir, Dank der Drahteselschen Anreise, Gott sei Dank erspart.
Das Ergometer blieb mir, Dank der Drahteselschen Anreise, Gott sei Dank erspart. © Michael Schäfl

Das billigste Bier im Uni-Viertel

Selbstverständlich wollen all die Kunden auch kulinarisch versorgt werden. Neben einem schier unerschöpflichen Protein-Shake-Arsenal kann im heimischen Automaten selbstverständlich auch Dosenbier erworben werden. Über den Preis von 1,50€ pro Dosen kann man sich nicht beschweren. Apropos beschweren: Genau das eben einer der Fitness-Fanatiker und legt seinem Kollegen auf der Bank weitere Gewichte nach.

Bernhard Tuma, Niki Schwarz und AUSSCHLIEßLICH Protein-Shakes im Gespräch.
Bernhard Tuma, Niki Schwarz und AUSSCHLIEßLICH Protein-Shakes im Gespräch. © Michael Schäfl

Mit Rainhard Fendrich am Heimweg

Wenige Minuten ist es Zeit, die Heimreise anzubrechen. Es ist 23 Uhr. Ich schwinge mich auf mein Fahrrad, blicke den gebärfreudigen Regenwolken entgegen und stecke mir einen Kopfhörer ins Ohr. Heute gebe ich mich, bescheiden wie ich bin, mit akustischer Bildbeschreibung zufrieden. Und während ich heimfahre, trällert mir Rainhard Fendrich aus der Hosentasche "Es lebe der Sport" ins Ohr.