Eine psychisch kranke Frau hat in Graz mehr als 1000 Autos zerkratzt – und kann nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Im psychiatrischen Gutachten wurde festgestellt, dass die 35-jährige Weststeirerin unzurechnungsfähig sei. Es gibt keinen Schadenersatz mehr für ihre Taten. Nicht nur die Machtlosigkeit der Geschädigten ließ die Emotionen in der Bevölkerung hochgehen. Jetzt wurde erstmals ein Ansatz gefunden, wie man den Fall rechtlich behandeln könnte: mit einer Amtshaftungsklage gegen die Republik, die der bekannte Grazer Rechtsanwalt und Univ.-Prof. für öffentliches Recht Georg Eisenberger mit Jus-Studierenden im Rahmen des Legal-Clinic-Projekts der Karl-Franzens-Universität Graz nach monatelanger Arbeit am Landesgericht eingereicht hat.

„Es ist offensichtlich, dass die Behörden nichts getan haben“, sagt Eisenberger. „Wenn sie wissen, dass weitere Straftaten geschehen, hätten die Behörden eingreifen müssen. Egal, ob man die Dame bewacht oder etwas anderes unternimmt. Untätigkeit kann der Staat nicht damit entschuldigen, dass es billiger ist, nichts zu tun.“

In der Klage steht: „Es hätte die Sicherheitsbehörden aufgrund des dargelegten Sachverhaltes eine Handlungspflicht getroffen.“ Diese Behauptung wird mit verschiedenen Paragrafen untermauert. Die Behörden hätten laut Klage Schritte setzen können – sei es Überwachung rund um die Uhr, Handyortung, Erhöhung der Streifentätigkeit in bekannten Tatortbereichen oder eine Fußfessel. „Jedenfalls aber ist eine Untätigkeit der Behörde in einem Fall, in dem die Täterin, der Aufenthaltsort der Täterin, die konkrete Gefahr für unmittelbar bevorstehende weitere Taten und auch der Ort der künftigen Taten bekannt sind, nicht zu rechtfertigen.“ Die Studierenden führten auch an, dass mit der Überwachung die psychisch kranke Täterin selbst beschützt werde – aufgrund der aufgeheizten Stimmung samt Drohungen in Internetforen.

Interessante Details: Die Nachforschungen der Jus-Studierenden ergaben, dass es mehr Fälle geben dürfte (über 1500!), als bisher gedacht. Bei 1000 bekannten Fällen wird von einem Schadenswert von mindestens einer Million Euro ausgegangen. Eisenberger: „Die Republik bekommt unsere Klage jetzt zur Klagebeantwortung. Und die Republik wird das Verfahren führen, davon gehen wir aus.“