Was für ein Unterschied! Vor exakt einem Jahr, in der Nacht von 20. auf 21. April 2017, zitterten die Österreicher - vor allem die Obst- und Weinbauern - vor dem Spätfrost. Auf bis zu minus 6 Grad kühlte es damals auch in den Beckenlagen der Steiermark und Kärntens ab. Es galt Lawinenwarnstufe 5 und in Mariazell hatte man mit mehr als einem Meter Neuschnee zu kämpfen.

Und heuer? Da kommen dieser Tage schon Sommergefühle auf, immerhin zählt meteorologisch jeder Tag mit mehr als 25 Grad als Sommertag.

Verantwortlich dafür ist das ausgedehnte Hoch "Norbert", das derzeit praktisch ganz Europa einheizt.

Und Freitagnachmittag wurde zum ersten Mal in diesem Jahr die 30-Grad-Marke geknackt. Und zwar an der Wetterstation Salzburg-Freisaal. Dort hatte es um 16 Uhr exakt 30,0 Grad (zum Vergleich: vor exakt einem Jahr hatte es dort 3 Grad!). Auch die Wetterstationen in Innsbruck (29,1 Grad) und Bischofshofen (28,9 Grad) lagen nicht weit dahinter.

In der Steiermark war am Freitag (Stand 16 Uhr) Bruck an der Mur mit 27,1 Grad Spitzenreiter, in Kärnten Dellach im Drautal mit 27,0 Grad.

>>Zum Vergleich: So sah es vor einem Jahr in Mariazell aus<<

Für Graz ist der Allzeit-Aprilrekord (28,8 Grad am 29. April 2012) am Wochenende in Reichweite. Und sollte das Thermometer tatsächlich 30 Grad anzeigen, dann wäre es auch nicht das erste Mal im April soweit. Im Jahr 1968, also vor 50 Jahren, hatte es in Leibnitz am 24. April exakt 30,0 Grad.

Wärmster April aller Zeiten?

Nach Angaben des Wetterdienstes Ubimet ist der laufende Monat auf dem besten Weg, einer der wärmsten Aprilmonate aller Zeiten zu werden. Derzeit beträgt die Temperaturabweichung zum langjährigen Schnitt bundesweit plus 4 Grad. Der bisher wärmste April schloss 2007 um 3,7 Grad zu warm ab.

Entscheidend hierfür wird, wie stark und nachhaltig die Abkühlung in der kommenden Woche ausfällt. Am Sonntag, so Sudy, sind im westlichen Bergland schon Regenschauer und Gewitter möglich.

Am Montag sind praktisch überall Gewitter möglich, dazu wird es mit 23 Grad auch nicht mehr ganz so warm sein. Wie hoch ist die Gefahr, dass die Gewitter wieder so heftig ausfallen wie zu Wochenbeginn im Grazer Raum? "Das ist aus jetziger Sicht schwer vorauszusagen", meint der Meteorologe Sudy, "doch am Montag kamen so viele Faktoren zusammen, dass es unwahrscheinlich ist, dass sich so etwas in so kurzer Zeit wiederholt."

So schnell hat die Natur aufgeholt

Pflanzen und Tiere reagieren stark auf Änderungen in der Witterung und im Klima. So blühten heuer die Forsythien in vielen Regionen Österreichs um rund zehn Tage später als in einem durchschnittlichen Jahr. „Februar und März fielen heuer zu kühl aus, das hat die Entwicklung der Vegetation gebremst", erklärt Helfried Scheifinger von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg). „Die Forsythie zum Beispiel blüht in tiefen Lagen durchschnittlich um den 20. März. Heuer waren die gelben Blüten der Forsythien dagegen erst ab Anfang April immer öfter zu sehen."

April deutlich zu warm und Natur mittlerweile fast auf „Normalstand". Die hohen Temperaturen haben neuen Schwung in die Natur gebracht und viele Pflanzen haben ihren Vegetationsrückstand in den letzten Wochen aufgeholt.

„Der Beginn der Blüte der Marille war heuer um den 5. April und somit nur ein paar Tage hinter dem durchschnittlichen Termin", sagt ZAMG-Phänologe Scheifinger. „Auch der Laubaustrieb vieler Bäume, der in der letzten Woche einsetzte, entspricht ziemlich genau dem Durchschnitt. So trieben die Blätter von Rosskastanie und Birke nur zwei bis vier Tage später aus als in einem durchschnittlichen Frühling. Ähnliches gilt für den Nadelaustrieb der Lärchen in tiefen Lagen. In den höheren und somit kühleren Regionen Österreichs treiben die Lärchenadeln in etwa drei bis vier Wochen aus."

>>Zum Vergleich: So sah es vor einem Jahr in steirischen Obstgärten aus ...<<

>>... und so in den Kärntner Obstgärten<<

Apfel und Flieder blühen ein paar Tage früher

Im Zyklus der zehn Jahreszeiten der Phänologie befinden wir uns gerade im Übergang vom Erstfrühling zum Vollfrühling. Der Vollfrühling wird durch die Blüte von Apfel und Flieder eingeleitet. Die Blüte der Apfelbäume in Österreich hat bereits begonnen. Das ist ungefähr drei bis vier Tage früher als im Mittel. In den nächsten Tagen öffnen sich dann die Blüten des Flieders, voraussichtlich ebenfalls um ein paar Tage früher als in einem durchschnittlichen Frühling.

Trotzdem gehören die heurigen Blühzeiten von Apfel und Flieder voraussichtlich zu den späteren der letzten 20 Jahre, da die Frühlingsmonate der letzten beiden Jahrzehnte größtenteils überdurchschnittlich warm waren. In den Jahren 2017, 2014 und 2011 registrierte die Zamg sogar die frühesten Blühzeiten von Flieder und Apfel seit 1946.

Frühling wandert mit 40 Kilometer pro Tag durch Europa
Die Zamg ist Teil nationaler und internationaler Projekte zur Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels auf Pflanzen und Tiere und beteiligt sich am internationalen Datenaustausch. Die europaweiten Daten zeigen auch gut, wie unterschiedlich die Jahreszeiten in den einzelnen Klimaregionen starten. So begann der Vollfrühling bereits Ende Februar im Südwesten von Portugal und wird erst drei Monate später Finnland erreichen. Der Vollfrühling zieht somit pro Tag rund 40 Kilometer von Süd- nach Nordeuropa.