Der Föhnsturm "Yves", der am Dienstagfrüh mit bis zu 125 km/h (also mit Orkanstärke z. B. in Deutschlandsberg) über Teile der Steiermark fegte, hat in vielen Teilen der Steiermark eine Spur der Verwüstung hinterlassen.

Besonders betroffen sind die Bezirke Leibnitz und Deutschlandsberg. Bei Eibiswald stürzten gleich mehrere Gebäude völlig ein. In der Nacht wütete der Sturm auch im Murtal und im Ennstal. Fast 10.000 Haushalte waren Dienstagvormittag in den Sturmgebieten ohne Strom. Laut Landeswarnzentrale sind 456 Trafostationen ausgefallen. Auch das Bundesheer und 1700 (!) Feuerwehrleute von 176 Wehren sind bzw. waren ab Montagabend bei insgesamt 372 gemeldeten Einsätzen tätig.

Am Abend (1500 Haushalte müssen bis mindestens Mittwoch ohne Strom auskommen) begann das erneute Zittern: Denn laut Zentralanstalt für Meteorologie geht der Regen in der Nacht auf Mittwoch in Schnee über. Am meisten Schnee wird bis Mittwochmittag ausgerechnet in der schon vom Sturm schwer getroffenen Südweststeiermark erwartet. "Der Schnee wird nass und schwer sein, so ist zusätzlich zum Windbruch noch mit Schneebruchschäden zu rechnen", sagt Zamg-Meteorologe Albert Sudy.

>>> Dramatische Bilder vom Einsatz bei Eibiswald

>>>Aktuelles Video aus Hollenegg:

Sturmschäden in Hollenegg: Feuerwehren sind am Limit

Bei der Energie Steiermark wurden am Dienstag alle verfügbaren Kräfte (rund 130) aus sämtlichen Regionen zusammengezogen, um die so schnell wie möglich zu beheben. Dienstagnachmittag waren laut Konzernsprecher Urs Harnik noch immer rund 5000 Haushalte ohne Strom, am Abend waren es noch 1500, die nun großteils bis Mittwoch ohne Elektrizität ausharren müssen. "Das Schadensausmaß ist einfach zu massiv. Hauptherausforderung ist es, dass wir überhaupt zu den betroffenen Stellen gelangen, die Monteure müssen sich, unterstützt von den Feuerwehren, mit Kränen und Sägen die Wege freischneiden. Das ist eine lebensgefährliche Arbeit. Dazu kommt nun die Dunkelheit." Dazu komme, dass auch viele Strommasten ausgetauscht werden müssen, was logistisch eine Herausforderung sei. Wo es geht, würde man Notstromaggregate zur Verfügung stellen, das Problem sei jedoch das weit verzweigte, dünn besiedelte Netz.

Die Einsatzschwerpunkte von Feuerwehr und Bundesheer beinhalten das Freimachen der Verkehrswege sowie das entfernen von entwurzelten Bäumen und Abdecken beschädigter Dächer mit Planen. Bei den total zerstörten Gebäuden bergen die Einsatzkräfte zur Stunde verschüttete Sachgüter.

Der für den Katastrophenschutz zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer und Agrarlandesrat Hans Seitinger machten sich zu Mittag in der Weststeiermark ein Bild von der Lage. Schickhofer sagte vor Ort: "Die Region hat eine dramatische Nacht erlebt. Bäume sind abgeknickt wie Streichhölzer. Wir haben voll auf alle Einsatzkräfte, die Feuerwehren, die Energie Steiermark und alle Partner in der Region setzen können. Alle arbeiten mit Hochdruck daran, die Schäden aufzuarbeiten. Für uns ist klar: Wir werden für alle Betroffenen da sein. Wir lassen niemanden im Stich."

LH-Vize Michael Schickhofer (Mitte) und Agrarlandesrat Hans Seitinger (links)
LH-Vize Michael Schickhofer (Mitte) und Agrarlandesrat Hans Seitinger (links) © Miksch

>>>Augenzeuge Karl Lambauer erzählt:

Dach weggeflogen: "Hab gedacht, die Welt geht zugrunde"

Am Nachmittag wurde auch das Bundesheer zum Einsatz gerufen. Im Raum Oberhaag und bei St. Johann im Saggautal begannen 40 Soldaten vom Baupionier- und Katastrophenhilfszug des Militärkommandos Steiermark sowie 19 Soldaten der ABC-Abwehrkompanie mit dem Freischneiden von Straßen und der Entefernung umgestürzter Bäume.

In die Bezirke Deutschlandsberg und Leibnitz rückten zusätzliche Katastrophenhilfsdienst-Einheiten (KHD) aus Weiz, Graz-Umgebung, Fürstenfeld, Radkersburg und Voitsberg aus, um ihre Kameraden zu unterstützen. Volker Hanny vom Landesfeuerwehrverband: "In der Früh hatte das Absperren der betroffenen Gebiete oberste Priorität, damit niemand ins Gefahrengebiet gelangt." Als die Windböen nachließ, ging es mit voller Kraft an die Aufräumearbeiten. Wobei: "Windbruch aufzuarbeiten ist besonders gefährlich, da Bäume sich verspannen können. Aber unter den Kameraden sind Fachkräfte, die sich damit auskennen."

Grafik: So entsteht ein Föhnsturm
Grafik: So entsteht ein Föhnsturm © Infografik Kleine Zeitung

Besonders schwierig ist die Lage auch im Bezirk Leibnitz. Es seien zahlreiche Bäume auf den Straßen, diese nicht befahrbar. Auch die Feuerwehren können hier teilweise, weil es zu gefährlich war, vorerst nicht ausrücken. Besonders betroffen ist St. Johann im Saggautal im Bezirk Leibnitz. Hier hatten die Kinder schulfrei. Der Schulbus konnte nicht verkehren, da auf viele der Straßen Bäume gestürzt waren. "20 bis 30 Dächer wurden in der Gemeinde schwer beschädigt", sagt Bürgermeister Johann Schmid, der sich im Laufe des Vormittags selbst ein Bild vom Ausmaß der Schäden machte. "'Am heftigsten war der Sturm gegen drei, vier Uhr früh. Zu diesem Zeitpunkt konnten auch unsere Feuerwehrleute nicht mehr ins Freie hinausgehen, weil ständig Bäume vor und hinter den Einsatzfahrzeugen niederstürzten. Die Sicherheit der Leute geht einfach vor." Ein Straßenabschnitt im Gemeindegebiet ist auf rund 200 Metern mit Bäumen so verlegt, dass die Aufräumarbeiten sicher noch zwei bis drei Tage dauern werden, schätzt er. Ab 14 Uhr war dort auch das Bundesheer im Einsatz, um bei der Beseitigung der Schäden zu helfen.

>> Fotoreport von Antenne-Steiermark-Hörern:

Keine Gemeindestraße war frei befahrbar, berichtete auch Bürgermeister Ernst Haring. Auch in Oberhaag herrscht "Ausnahmezustand". Ein großes Waldstück wurde umgerissen, Dächer abgedeckt und Stromleitungen gekappt. Zur Unterstützung wurden hier sogar Einsatzkräfte aus Bad Radkersburg, Mureck, Ratschendorf und Bierbaum herangezogen. Die Schüler haben von offizieller Seite schulfrei bekommen. Auch der Raum Arnfels/Leutschach ist vom Sturm betroffen.

Zwischen Eibiswald und der Kärntner Landesgrenze auf der Südsteirischen Grenzstraße (B69) lagen ebenso Bäume auf der Straße. Auch die Verbindung zwischen Deutschlandsberg und Eibiswald war zeitweise gesperrt. Teils komplett gesperrt war ebenso die B76 (Radlpass Straße) und die B 74, die Sulmtal Straße, weiters die L 606, die Hebalmstraße, auf Höhe Frauental an der Laßnitz und die L 619, die Weinebene Straße, auf Höhe Frantschach Pass.

>>>Aktuelles Video von den Aufräumearbeiten auf der B 76

Der Zugverkehr der GKB im Bezirk Deutschlandsberg war ebenfalls unterbrochen. Seit 10.40 Uhr sind alle Strecken wieder befahrbar. Vor der Haltestelle Hollenegg musste der erste Zug Richtung Graz halten - umgestürzte Bäume hatten die Gleise verlegt. Die sieben Fahrgäste mussten fünfeinhalb Stunden im Zug verharren, da die Einsatzkräfte so lange nicht zu ihnen durchdringen konnten. In Schwanberg bleiben heute sowohl Volksschule als auch NMS geschlossen. Die Windböen erreichten in der Weststeiermark Spitzenwerte von bis zu 125 Stundenkilometer.

Wegen einer Oberleitungsstörung war auch der Bahnverkehr zwischen Unzmarkt und Scheifling unterbrochen. In den Vormittagsstunden wurde diese Sperre wieder aufgehoben.

Auf der B73 in Ragnitz und am Gaberl (zwischen Salla und Weißkirchen) gab es Sperren. Auf der A 2, der Südautobahn, galt im Bereich Pack Tempo 80.

Auch die Strecke zwischen dem Niederalpl und Mürzsteg war aufgrund des Sturms gesperrt - sie ist mittlerweile wieder offen.

Im Murtal bescherte der Sturm den Einsatzkräften eine unruhige Nacht. In Apfelberg deckte er gegen 22.20 Uhr einen Teil eines Daches von einem Einfamilienhaus ab. Noch während des Sturmes stiegen Feuerwehrmänner auf das Dach, um mit den Reparaturarbeiten zu beginnen. Gerade noch rechtzeitig konnten die 18 eingesetzten Männer das Dach notdürftig reparieren, bevor der Sturm noch mehr Schaden anrichten konnte, schildert Einsatzleiter, Hauptbrandinspektor Thomas Mauric. Nach rund einer Stunde konnte der gröbste Schaden behoben werden die Feuerwehr wieder ins Rüsthaus einrücken.

>>>Fotoreport aus dem Murtal:

Auf der Weinebene-Straße in der Gemeinde Frantschach/St. Gertraud im Bezirk Wolfsberg übersah indes ein 45 Jahre alter Autolenker aus der Steiermark einen durch den Sturm entwurzelten Baum, der quer über die Straße lag. Der Arbeiter prallte mit seinem Auto gegen den Baum. Er blieb dabei unverletzt, an seinem Fahrzeug entstand allerdings Totalschaden. Im Bezirk Völkermarkt sind aufgrund des Sturm sämtliche Schulen und Kindergärten gesperrt. In Eisenkappl-Vellach wurde sogar Zivilschutzalarm gegeben. Derzeit sind in Südkärnten 6000 Haushalte ohne Strom.

>>>Im Fotoreport: Sturmeinsatz im Bezirk Deutschlandsberg