Dutzende Steirer haben sich am Mittwoch in Graz um eine Fahrt mit der "Kanzler-Bim" angestellt, nicht alle waren am Ende glücklich: Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hatte in die gebrandete Straßenbahn geladen, aber mehr Menschen als erwartet waren dem Angebot gefolgt. Die Konsequenz war mangelnde Frischluft und Hitze, aber Kern verlor weder Humor noch seinen Willen für ein offenes Ohr.

Nicht klimatisierten Straßenbahn

Mit der nicht klimatisierten Straßenbahn vom Typ "Cityrunner" dürften die Organisatoren der PR-Veranstaltung eher wenig Freude gehabt haben. Dennoch ließ sich eine ganze Schar von Männern und Frauen jeden Alters nicht davon abhalten. Gerade einmal 35 Tickets wurden bei der Abfahrtshaltestelle am Jakominiplatz ausgegeben. Die übrigen Plätze waren für zusteigende Gäste sowie die Entourage des Kanzlers - darunter etwa LHStv. Michael Schickhofer (SPÖ) - sowie Medienleute reserviert.

Video: Keine Schwarzfahrer in der Kanzler-Bim

Kern in Straßenbahn: Keine Schwarzfahrer in der Kanzler-Bim

Haltestelle für Haltestelle wurde es enger und heißer in der Bim, Kern arbeitete sich von vorne nach hinten durch - ohne jedoch ans Ziel zu kommen. Nach einer knappen Stunde Fahrt war er gerade einmal bei der Mitte der Garnitur angekommen. Jeder wollte mit ihm sprechen und sein Anliegen vorbringen. Zum Beispiel eine junge Frau, die wissen wollte, warum die Grazer die Wiener Linien und die U-Bahn mitfinanzierten, aber für Graz viel weniger Geld für den öffentlichen Verkehr seitens des Bundes ausgegeben würde. Kern erklärte, dass der Bund zuletzt mit dem Koralm- und dem Semmeringbasis-Tunnel sehr viel Geld in der Steiermark investiert habe. Er gab ihr aber Recht, dass auch für den städtischen Verkehr mehr ausgegeben werden müsste.

Regionalität

Eine weitere jugendliche Anhängerin wollte ein Foto mit Kern und fragte ihn, warum etwa die Salzburger im Zuge des Finanzausgleichs mehr Geld als die Steirer bekommen und ob er sich dafür einsetzen wolle, dass alle gleich viel bekommen. Ein Mann wiederum sprach den Kanzler auf die Möglichkeit einer Entwicklung zurück zu mehr Regionalität an. Ihm zufolge sei vieles in der EU nicht nachhaltig. Kern meinte daraufhin, dass die Standards noch höher werden müssten und diese auch in der ganzen EU durchgesetzt gehörten. Außerdem sollte etwa auch die Gastronomie verpflichtend die Herkunft ihrer Produkte angeben und nicht billige Käfigeier aus dem Ausland kaufen.

Gruppierungen

Die "Kanzler-Bim" nutzten auch diverse Gruppierungen, um ihre Botschaften beim Kanzler anzubringen - etwa die "Väter ohne Rechte" sowie TTIP- und CETA-Gegner. Letztere stimmten kurz vor Ende der Rundfahrt durch die Stadt im Chor an: "TTIP stoppen. CETA stoppen." Ehe sie ausstiegen, riefen sie dem Kanzler noch zu: "Kern, mach was gegen TTIP und CETA. Wir glauben an dich." Der SPÖ-Chef reagierte mit einem Schmunzeln und wandte sich weiteren Fahrgästen zu. Viele junge, aber auch ältere Damen wollten Fotos oder Selfies mit ihm.

Nach der Fahrt meinte Kern, dass nichts Überraschendes bei den Gesprächen dabei gewesen sei: "Aber jedes einzelne war interessant. Das nächste Mal machen wir eine Kanzler-Sauna. Da gibt es dann aber keine Selfies mehr."