Seit Mittwoch ist es offiziell: Sepp Brunner kehrt heim nach Österreich, auch als Trainer. Seinen Wohnsitz in Oberwölz hat er nie aufgegeben. Mit 58 Jahren und nach 20 Jahren beim Schweizer Skiverband hat Brunner nun doch gewechselt. Das Ende seiner beruflichen Verbindung mit Swiss Ski hat den Steirer enttäuscht. Für Österreich positiv: Endlich nahm er ein Angebot des ÖSV an. Und soll nun die Abfahrer konstant an die Spitze bringen. Seine Visitenkarte liest sich gut: Fast alles, was er angriff, wurde zu Gold. . .

 Nach 20 Jahren die Rückkehr zum ÖSV - wie kam es dazu, dass Sie wieder in der Heimat arbeiten?
SEPP BRUNNER: Ich hatte ein paar Angebote. Aber es ist eine interessante Aufgabe mit dieser Truppe zu arbeiten. Die Topleute sind gesund, auch wenn es in den letzten Jahren viele Verletzungen gab. Da kann uns muss man dann auch durchleuchten, warum und wieso. Aber ich bin überzeugt: Das Potenzial ist vorhanden!

Warum hat es dann bisher nicht geklappt?
Ich glaube, dass auch bis jetzt gut gearbeitet worden ist. So viel hat man immer gesehen, auch wenn die Mannschaft letzte Saison am Anfang, in Val d'Isère, nicht ganz parat war. Aber man hat dann gesehen, dass sie irrsinnig stark kommen. Wir haben uns als "Ausländer" gefürchtet, was los sein wird, wenn sie alle ins Fahren kommen. Da sind vier bis fünf Läufer drinnen, die rennen gewinnen können. Keine andere Mannschaft ist so aufgestellt wie diese.

Der Weg mit der individuelleren Betreuung scheint wie für Sie gemacht, Sie haben ja zuletzt viele gute Athleten individuell betreut, wieder an die Spitze zurückgeführt, oder?
Man muss diesen Weg auch umsetzen können. Das, was der ÖSV vorhat, ist begrüßenswert. Man braucht aber auch das Personal dafür. Wir haben die Möglichkeiten, erfolgreich zu sein. Alle Gruppen sind kleiner, es wird mehr Konkurrenzkampf geben, weil jetzt trotzdem alle Abfahrer in einer Gruppe sind. In kleineren Gruppen kann man auf die Athleten besser eingehen. Wir haben auch die Möglichkeit, die acht Mann in der Abfahrtsgruppe aufzuteilen, es können sich aber auch alle miteinander messen. Und die Jungen müssen von hinten nachdrücken.

Warum waren Sie eigentlich so lange nicht von der Schweiz loszueisen?
Ein Grund, warum ich in der Schweiz immer zufrieden war, dass ich immer wieder andere Aufgaben übernommen habe. Ich habe ja vom Slalom- über den Riesentorlauf- bis hin zum Abfahrtstrainer alles gemacht.Ich habe auch mit vielen Athleten nach Verletzungen gearbeitet. Und da wollte ich dann auch nie weggehen, weil ich alle gut gekannt habe. Ein Carlo Janka, ein Beat Feuz, ein Dani Albrecht, die ich alle nach und mit vielen Problemen begleiten durfte... Da tut man sich auch schwer, zu gehen. Und sonst hat ja lange Zeit auch alles gepasst.

Der Schmerz über das Ende ist verklungen?
Das ist verklungen, ja. Die Kündigung an sich war ja nie das Problem. Wenn man irgendwo nicht mehr hineinpasst, dann kann man das auch aussprechen. Das kann in unserem Beruf vorkommen. Aber menschlich war ich schwer enttäuscht - ich habe nicht verstanden, dass man das ganze so hinzieht und nicht offen darüber spricht.

So gesehen sind Sie jetzt aber auf den größten Schleudersitz gewechselt, den es gibt: Abfahrtstrainer in Österreich. . .
Von der Abfahrtsgruppe wird viel gefordert, keine Frage. Es ist ja auch die Königsdisziplin. Aber wenn man das Gefühl hat, auf einem Schleudersitz zu sitzen, dann darf man gar nicht erst anfangen.  Ich weiß aber schon, was ich mache.

Ihnen eilt der Ruf voraus, sehr meinungsstabil zu sein, manche sprachen auch von stur. Stimmt das?
Ein Sturschädel wird mir nachgesagt, ja. Aber ich glaube, man muss eine Meinung haben, wenn man etwas übernimmt, einen Weg. Man muss dahinter stehen können. Wenn man das nicht kann, muss man es entweder durchsetzen oder die Finger davon lassen. Aber ich habe mit meinem künftigen Chef Andreas Puelacher schon vor vielen Jahren im Europacup zusammengearbeitet. Unsere Chemie dort hat gepasst. Ich schätze ihn als Mensch, er ist offen - und das ist auch wichtig. Ich glaube, dass wir gut funktionieren.

Was haben Sie sich vorgenommen als neuer Trainer?
Ich glaube, dass man Erfahrung sammelt, als Trainer lernt man nie aus. Wichtig ist, dass man alles offen ansprechen kann. Man darf nur nicht glauben, dass man alles richtig macht. Offenheit und  Ehrlichkeit gegenüber den Athleten, das ist das Wichtigste.Wenn man etwas offen ausspricht, ist es vom Tisch - nur muss man es auch in der Gruppe behalten. Man muss eine gute Philosophie entwickeln und auch die Serviceleute miteinbeziehen, die ja teilweise mehr Kontakt mit den Leuten haben als die Trainer. Klar ist: Es entstehen immer wieder Reibereien - die gilt es zu vermeiden.

Ein Problem war oft die Abstimmung zu Saisonbeginn. Stimmt dieser Eindruck?
Ja, das ist schon richtig. Man muss sich neue Möglichkeiten suchen. Ein Beispiel: Die Gletscher in Österreich, die auch heuer wenig Schnee bekommen haben. Wir wissen, dass es da schwierig sein wird, gute Bedingungen zu finden. Da muss man in die Schweiz ausweichen - da haben wir in der Schweiz oft schon viel weitergebracht. Dazu braucht man eben wirklich Winterschnee.

Dafür hört man, dass Sie gute Beziehungen mit den US-Trainern mitbringen, die als Türöffner für den Herbst und das Training in Copper Mountain dienen?
Da kann ich nur wenig beitragen, das ist eine Zusammenarbeit vom österreichischen Verband mit US-Verband. Aber wir werden Einheiten bekommen. Das ist ein wichtiger Punk, dorthin zu gehen, wenn man in Nordamerika trainiert und versucht, die Abstimmung zu finden.