Die Ski-WM in Schladming steht an. Ein krönender Abschluss für Sie?

PETER SCHRÖCKSNADEL: Abschluss sage ich nicht gerne, ich bin bis 2014 im Amt. Aber Schladming ist natürlich eine besondere WM, mit besonderem Potenzial, besonderer Atmosphäre. Mit einem engen Zielstadion, fast wie ein Kessel, ein Fußballstadion. Da kann man irrsinnige Stimmung kriegen.

Ist das die Zukunft?

SCHRÖCKSNADEL: Es wird schwer sein, das woanders zu bauen. Uns kostet ja allein die Tribüne 1,8 Millionen Euro.

Das ursprüngliche Stadion war zu klein, Sie mussten durchgreifen. Werden das Schröcksnadel-Spiele statt einer WM?

SCHRÖCKSNADEL: Schröcksnadel-Spiele könnten es werden, wenn wir gut fahren, der Rest ist für die Leute uninteressant. Wir können nur schauen, dass die Vorbereitungen passen. Und die Stimmung passt.

Aber es gab auch viel Streit.

SCHRÖCKSNADEL: Der Streit ist normal. Zuerst kämpfen alle gemeinsam darum, die WM zu bekommen. Dann hat man sie - und jeder will den größten Teil des Kuchens.

Den hat ja der Präsident.

SCHRÖCKSNADEL: Nein, den hat die Gemeinde! In Schladming sind 290 Millionen Euro von der öffentlichen Hand investiert worden. Die haben am meisten bekommen von allen Weltmeisterschaften.

Und doch gibt es den Eindruck, die Schladminger hätten zu wenig mitreden dürfen.

SCHRÖCKSNADEL: Wenn da einer sagt: Die dürfen nur jodeln, alles andere machen wir, dann sage ich: Ja, die dürfen jodeln - vor Freude. Der Skiverband musste jeder Baumaßnahme zustimmen, erklären, ob sie sportlich relevant ist. Abgelehnt haben wir aber nur den Friedhof-Ausbau.

Was investiert der ÖSV in diese WM? Was soll herausschauen?

SCHRÖCKSNADEL: Wir sagen sicher nicht, wie viel wir verdienen oder ausgeben. In Ramsau haben wir viel Verlust gemacht. 40 Millionen Schilling. Wir tragen das Risiko der Veranstaltung. Und unser Geld kommt nicht von der öffentlichen Hand, das kommt vom Internationalen Skiverband. Wenn der Kevin Costner kommt, dann zahlt das der ÖSV. Wir laden Königshäuser ein, wir machen eine Brandauer-Lesung, der Schwarzenegger kommt - das machen wir alles auf unsere Kosten, ohne das wir es müssten.

Also wird die WM eine große Glamour-Party?

SCHRÖCKSNADEL: Das gehört dazu. Wenn du nur Sport hast, bist du im Sport gefangen. Es gibt oft den Vorwurf: Was ist schon der Sport, die Kultur ist viel wichtiger. Aber es geht nicht um entweder Sport oder Kultur, es geht um beide.

Also wird die WM ein Gesamtkunstwerk?

SCHRÖCKSNADEL: Hoffentlich. Aber es geht um etwas anderes: Wenn du es schaffst, dass etwa Kevin Costner Ski anschnallt - und das ist im Vertrag enthalten - dann kriegst du weltweite Werbung. Und das ist das Ziel.

Wird es auch sportlich die beste WM aller Zeiten?

SCHRÖCKSNADEL: Wir können nur das Umfeld planen und vorbereiten, aber den Erfolg kann man nicht planen.

Wer ist der größte Profiteur der WM? Peter Schröcksnadel?

SCHRÖCKSNADEL: Geh, bitte! Die Region bekommt 290 Millionen Euro für Infrastruktur. Also ist die Region der Sieger - für die nächsten 20 Jahre.

Verdient Peter Schröcksnadel an der WM?

SCHRÖCKSNADEL: Bist narrisch? Ich habe in 22 Jahren Präsidentschaft nicht einen Euro Spesen verrechnet, zahle alle Flüge selbst. Ich nehme auch für die WM nichts.

Was treibt Sie denn dann an?

SCHRÖCKSNADEL: Sicher nicht das Geld. Ich halte oft Vorträge über Motivation. Was treibt einen Menschen an? Du brauchst Essen, Trinken, Luft, Liebe - und Anerkennung. Die bekommen die wenigsten.

Aber Ihre Geschäfte haben schon mit Skifahren zu tun.

SCHRÖCKSNADEL: Da hat kein Euro davon etwas mit dem Verband zu tun. Ich hatte alles schon, bevor ich Präsident wurde. Der Verband hatte damals kein Geld. Unterstellungen, dass ich als Person profitiere, mag ich gar nicht.

Apropos Geld: Ist Skifahren zum Luxussport geworden?

SCHRÖCKSNADEL: Ich bin nicht der Meinung. Man kann aber wie bei einem Auto einen Mercedes oder einen Golf kaufen. In Hinterstoder etwa kommt man für eine Familie auf einen Durchschnittspreis von acht Euro pro Tag. Da zahlt man in jeder Tiefgarage mehr.

Muss man den Skisport neu inszenieren?

SCHRÖCKSNADEL: Ja, aber nicht neu erfinden. Wir brauchen auch keine neuen Disziplinen, weil ja im Fußball der Elfer auch nicht plötzlich aus 14 Metern geschossen wird.

Aber immer weniger Kinder fahren Ski.

SCHRÖCKSNADEL: Das Problem ist in den 80ern entstanden. Da hieß es: Skipisten sind schuld an Muren, sie machen den Wald kaputt, als gehen wir nicht mehr Skifahren. Damals hatten wir 250.000 Kinder, die gefahren sind, heute nur noch 150.000. Aber die Alpentäler leben vom Skisport und nicht davon, sie zu einem Naturpark zu machen. Wenn Kinder nicht mehr Skifahren, dann fahren sie in 20 Jahren auf die Malediven statt in die Alpen.

Aber der Skisport ist nicht mehr sexy.

SCHRÖCKSNADEL: Stimmt. Ich hatte einen Anruf eines Vaters, der sich beschwert hat, dass der Schlierenzauer oder der Hirscher immer geil oder cool sagen. Und ich hab' gesagt: Lass' sie so reden, da kommen wenigstens die Jungen wieder! Mit unserer Sprache kriegen wir sie nicht mehr. Ich mag ein alter Trottel sein, aber ich denke noch jung. Das ist wichtig.

Sie sagen: Skifahren muss ein Popkonzert werden. Wer sind denn die Popstars?

SCHRÖCKSNADEL: Der Hirscher zum Beispiel. Der ist gut für den Sport, weil er jung ist, eine andere Generation vertritt.

Und bei den Frauen?

SCHRÖCKSNADEL: Die Anna Fenninger, die ist schon gut. Erstens ist sie schön, zweitens ist sie schnell. Oder Tina Maze. Die macht auch Musik, ist ja wirklich ein Rockstar.

Bei allen Popstars - aufgrund der Klimaänderung wird es unter 2000 Meter bald keinen Schnee mehr geben. Und dann?

SCHRÖCKSNADEL: Es gab eine UNESCO-Studie, wonach Skigebiete unter 1000 Meter nicht überleben. Jetzt kommt mein Klima-Unterricht: St. Anton liegt auf 1300 Metern, Kitzbühel auf 800, Schladming auf 700 - aber alle haben das gleiche Klima, obwohl es über 500 Meter Unterschied gibt. Es hängt weniger von der Höhe als von der Entfernung vom Atlantik ab. Je weiter du da weg bist, desto kälter wird es.

Aber der Skisport ist klimabedingt ein Sport im Sterben.

SCHRÖCKSNADEL: Das sagen Sie. Die Prognose lautet: Zwei Grad wärmer in 50 Jahren. Aber nicht der Temperatur-Schnitt ist wichtig, sondern ob es genug kalte Tage gibt. Da reichen rund zehn, um genug Kunstschnee zu machen.

Wenn man da zuhört: Glauben Sie, dass alle Investitionen in Klimaschutz, alle Bemühungen umsonst sind?

SCHRÖCKSNADEL: Ich befasse mich intensiv damit. Und es gibt viele Meinungen. Vaclav Klaus hat ein Buch geschrieben, das heißt: Blauer Planet in grünen Fesseln. Die grüne Geschichte ist genau so eine Doktrin wie es der Kommunismus war. Und jeder unterwirft sich ihr, ohne zu hinterfragen.

Was hinterfragen bitteschön?

SCHRÖCKSNADEL: Ob das alles stimmt, was passiert. Ich befasse mich mit Klima-Historie. Wir leben derzeit in einer Eiszeit. Man muss die Dinge real sehen. Ein seriöser Klimaforscher sagt: Lieber zwei Grad wärmer, als zwei Grad kälter, weil dann wächst nichts mehr. Ich habe auch nichts gegen Greenpeace, aber wenn allein in New York 1.500 Leute dafür arbeiten, müssen sie Angst schüren, um eine Existenzberechtigung zu haben. Wenn eine Bewegung zum Geschäft wird, ist das nicht gut.

Was war Ihr größter Erfolg 2012?

SCHRÖCKSNADEL: Dass meine Achillessehne so geheilt ist, dass sie nicht mehr schmerzt.

Und Ihr größter Fehler?

SCHRÖCKSNADEL: Wäre ich der Hermann Maier, würde ich sagen: Ich mache keine Fehler. Aber ich rede weder über Fehler, noch über Erfolge. Du musst beides professionell nehmen.