Das österreichische Bundeskriminalamt hat in Tirol wegen Dopingverdachts eine Hausdurchsuchung im Teamquartier der kasachischen Biathlon-Nationalmannschaft durchgeführt. Dabei seien zahlreiche medizinische Produkte, Medikamente und Mobiltelefone sichergestellt worden, gab die Polizei bekannt.

Zurzeit wird von den Kriminalbeamten überprüft, ob einerseits Verstöße gegen das Anti-Doping Bundesgesetz vorliegen und andererseits der Tatbestand des Sportbetruges nach dem Strafgesetzbuch erfüllt ist.

Der Razzia mit 30 Beamten am Mittwochabend waren Ermittlungen nach dem Fund verdächtiger Gegenstände und Aufzeichnungen vorausgegangen. Im Jänner 2017 sei bei einer Tankstelle in Osttirol von einer Privatperson beobachtet worden, wie die Insassen von mehreren Kleinbussen bei einer Tankstelle einen größeren Karton entsorgt haben.

Spritzen, Infusionen, Ampullen

Darin befand sich eine beträchtliche Menge an gebrauchtem medizinischen Einwegmaterial, wie Einwegspritzen, Infusionen und Ampullen sowie handschriftliche Aufzeichnungen, die auf einen Dopingvorgang schließen ließen. Außerdem seien diverse Akkreditierungen für Veranstaltungen der Internationalen Biathlon Union (IBU) gefunden worden, erläuterte die Polizei.

Die medizinischen Produkte und Medikamente übergab man einem Kontrollorgan der Nationalen Anti-Doping Agentur Austria (NADA). Diese verständigte nach Begutachtung die Spezialisten des Referats für Wettbetrug, Doping und Arzneikriminalität im BK. Deren Auswertung der Dokumente und der handschriftlichen Aufzeichnungen lasse darauf schließen, dass der Karton samt Inhalt den Kasachen zuzuordnen sei, hieß es weiters.

Deshalb wurde im Auftrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck die Hausdurchsuchung genehmigt. Diese fand mit Unterstützung des Landeskriminalamtes Tirol am Mittwochabend statt. Anschließend seien in Abstimmung mit der IBU von der NADA Austria Urin- und Blutkontrollen durchgeführt worden.

Kasachen dürfen an der WM teilnehmen

Ungeachtet der Funde im Teamhotel in Waidring darf das gesamte kasachische Team vorerst an den WM-Bewerben teilnehmen. Derzeit gebe es nur einen Verdacht, deshalb könne man keine Disziplinarmaßnahmen setzen, erklärte IBU-Generalsekretärin Nicole Resch.

"Wir vertrauen voll auf die Ermittlungen der Behörden, denn bisher wissen wir nicht, ob es sich um verbotene Substanzen oder verbotene Methoden handelt. Erst dann können wir Maßnahmen treffen", sagte Resch. Sie begrüße das Vorgehen der österreichischen Polizei und versicherte volle Kooperation. "Wir schätzen den professionellen Zugang der Polizei und stehen in enger Zusammenarbeit mit der NADA. Wir werden alles tun, um die Ermittlungen zu unterstützen und zu beschleunigen."

Vincenz Kriegs-Au, der Pressesprecher des Bundeskriminalamtes, erklärte den Zeitpunkt der Hausdurchsuchung im Teamquartier mit ermittlungstechnischen Gründen. Man habe nach dem Fund im Jänner abgewartet, bis alle Kasachen wieder an einem Ort in Österreich versammelt sind.

Resch gab an, dass am Zeitpunkt der Hausdurchsuchung unmittelbar vor der WM und der Bekanntgabe am ersten Renntag nichts aussetzen sei. "Bei jeder Art von Dopingverbrechen ist kein Tag ein guter Tag, aber wir fühlen uns sicher in Österreich und zu wissen, dass sie Behörden so professionell ermitteln und zu eng mit uns und der NADA zusammenarbeiten. Das ist das Beste, was wir tun können in dieser Situation", bekräftigte die Deutsche.

Mutmaßliches Doping auch bei Russen

Die IBU, die derzeit auch schon mit der Aufklärung von mutmaßlichen Dopingvergehen mehrerer russischer Biathleten beschäftigt ist, war am Mittwochabend über einen Vorgang im Teamhotel der Kasachen informiert worden. Details zur Hausdurchsuchung erfuhr auch der Weltverband erst am Donnerstag. Resch: "Aus meiner Sicht war das heute der ehestmögliche Zeitpunkt, den haben die Behörden genutzt. Wir sind dankbar für die zeitige Einbeziehung, so dass wir unseren Teil an der Aufklärung beitragen können."

Wann weitere Ermittlungsresultate der Polizei zu erwarten sind, ist noch nicht abzuschätzen. "Die Polizei wird alles daran setzen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit zu klären", bekräftigte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP). Die Ergebnisse der Dopingtests sollten in den nächsten Tagen vorliegen. Die WM in Hochfilzen dauert noch bis 19. Februar.