Der eine fühlt sich, obwohl erst 24, erschöpft und ausgebrannt und leidet unter Ängsten. Der andere, erst 20 und aufstrebender Star, möchte ihn vom Thron stürzen. Am 5. Juli 1980 lieferten einander der Schwede Björn Borg und der Amerikaner John McEnroe eines der epischsten Duelle der Tennis- und Sportgeschichte überhaupt. Borg gewann den Fünfsatzkrimi in einer Spielzeit von 3 Stunden und 52 Minuten und wurde damit zum Wimbledon-Rekordmann.

Der dänische Regisseur Janus Metz gestaltete mit „Borg/McEnroe - Duell zweier Gladiatoren“ einen der besten Sportfilme, die es, neben Scorseses „Raging Bull“, je gab. Er lief bisher bei den Festivals in Toronto und Zürich und ist ab Freitag auch in den österreichischen Kinos zu sehen.

„Das Nachstellen eines großen Sportereignisses“, so Metz beim Gespräch in der Zürcher Nobelherberge Baur au Lac, „hätte mich nie interessiert, und die Krone gebührt eigentlich unserem Drehbuchautor Ronnie Sandahl. Wie er die Hintergründe und die menschlichen Aspekte dieser Sportgiganten zu einer dichten Geschichte, fast zu einem Thriller, verwoben hat, zu einer archäologischen Reise, war genial.“

Metz sieht sich als Geschichtenerzähler: „Ich mag Sport schon allein aus ästhetischen Gründen, aber im Vordergrund stand für mich: Was ist es, das Athleten zu Spitzenleistungen treibt? Welche Rolle spielt ihre Familie, ihr Umfeld dabei? Und vor allem: Jeder sollte den Film spannend finden, nicht nur Tennisfans. Den Zuschauern im Kino sollte es so ergehen wie meiner Familie und mir als Kind. Wir erwarteten damals das Wimbledon-Finale wie den Weihnachtsgottesdienst in der St.-Pauls-Kathedrale.“

Borg-Darsteller Sverrir Gudnason stieß völlig „unbedarft“ zum Schauspielerteam: „Weder hatte ich Borg spielen sehen noch hatte ich je selbst einen Tennisplatz betreten. Ich war das totale Greenhorn. Mitgekriegt hatte ich lediglich, dass Björn auch nach Ende seiner Karriere ein Medienstar war. Ich selbst wollte mich von Anfang an nie mit ihm vergleichen. Auf ihm hat doch tausend Mal mehr Druck gelastet als auf mir. Er war zu seiner großen Zeit der berühmteste Schwede der Welt, stand auf einer Stufe mit dem Papst und Michael Jackson. Wenn er spielte, stand in Schweden alles still.“

Gudnason und Shia LaBeouf (McEnroe), beide vom Tennis völlig unbedarft, bekamen ein sechsmonatiges Spezialprogramm verordnet (vor lauter Ehrgeiz brach sich LaBeouf dabei einmal den Fuß), plus Spezialdiät. „Die physische Seite“, sagt Gudnason, „war klarerweise der Schlüssel. Das hieß: Mit Trainer zwei Stunden Tennis täglich, dazu Kraftsport und sieben Mahlzeiten täglich. Ich wollte Muskeln aufbauen, Shia hingegen wollte seine abbauen. Daneben mussten wir, speziell für die Aufnahmen des in Prag gedrehten Wimbledon-Duells, eine Menge Szenen und Vorgänge intus haben, Schlagwechsel und Positionen.“

Gudnason bekommt Borgs Rückhand nicht mehr weg

Denkwürdig für Gudnason, wie er nach Videostudium und Zeitungslektüre allmählich zu Björn Borg mutierte: „Ich gewöhnte mir nach und nach seinen Gang an, seine etwas gebeugte Haltung, beobachtete auf der Straße Menschen, die Merkmale von ihm hatten, vor allem seine Augen, und: Wenn ich heute privat Tennis spiele, möchte ich meine eigene Rückhand schlagen. Aber ich krieg jene von Björn Borg nicht los und habe ihm das auch erzählt. Er hat sehr gelacht.“

Deren Reaktionen: „Björn Borg gratulierte mir nach der Premiere, sagte: Ja, so sei es gewesen, und er sei glücklich über den Film. Genial hätte er die Tennisszenen gefunden. An Regisseur Metz schickte er eine Mail, versicherte ihm, dass alles sehr wahrhaftig war und dass er geweint hatte.“ Und John McEnroe? Metz: „Er hatte eine etwas ambivalente Position. Er ist sehr heikel auf sein 'Vermächtnis', wäre gerne mehr involviert gewesen. Aber das hatten wir ihm angeboten. Er hatte gefürchtet, als Clown gezeigt zu werden. Doch das ist nicht der Fall.“