Wie im Vorjahr ist Barbara Haas die einzige Österreicherin im Hauptbewerb des WTA-Turniers in Linz. Die aktuelle Nummer 171 gilt als aussichtsreichste Kandidatin, endlich wieder für einen ÖTV-Beitrag in den Top 100 der WTA-Rangliste zu sorgen. Doch man muss mit der 21-jährigen Oberösterreicherin noch Geduld haben. Am Mittwoch möchte sie bei ihrem vierten Linz-Antreten erstmals in Runde zwei.

Gegnerin ist erstmals die knapp ein Jahr ältere Deutsche Carina Witthöft. "Sie ist Nummer 70 der Welt, ich stehe auf 170. Meine Erwartungen sind nicht allzu groß, aber ich freue mich auf die Partie", meinte Haas am Dienstag beim mit 250.000 Dollar dotierten Upper Austria Ladies.

Der Aufstieg der 1,65 m großen Spielerin aus Weyer, die seit vier Jahren von Jürgen Waber betreut wird, geht manchen nicht schnell genug. Schließlich "dürstet" Österreichs Damen-Tennis nach einer Nachfolgerin von Generationen wie Barbara Schett, Judith Wiesner oder auch Sybille Bammer. Mittlerweile ist es schon fast drei Jahre her, dass Österreich überhaupt in den Top 100 der WTA-Rangliste vertreten war. Zuletzt war die mittlerweile zurückgetretene Yvonne Meusburger am 19. Jänner 2015 (93.) noch in diesem Kreis.

In den Top 200 "stabilisiert"

Vor Jahresfrist schien Haas kurz vor dem nächsten Schritt in diese Richtung zu stehen. Sie hatte sich bei den US Open erstmals für ein Grand-Slam-Turnier qualifiziert und es fehlten ihr nur zwei Punkte zum Erstrundensieg über Timea Babos (damals WTA-34.). "Ich habe mich in den Top 200 stabilisiert. Der nächste Schritt ist mir noch nicht gelungen, aber ich hoffe natürlich, dass mir dieser so früh wie möglich gelingt."

Immerhin hat Haas dieses Jahr in Gstaad den überfälligen ersten WTA-Tour-Einzelsieg gefeiert und stand schon mit einem Bein im Viertelfinale (Satzführung und Breakführung im zweiten Durchgang gegen Johanna Larsson, Anm.). Doch zumindest hatte sie endlich den ersten Sieg auf Tour-Level geschafft. "Das war ein kleiner Meilenstein", erinnert sich Haas lächelnd.

Doch vor ihr steht noch viel Arbeit. "Der Schwerpunkt über den Winter wird sein, dass ich mehr im Kraftbereich mache und körperlich zulege. Ich muss mich in allen Bereichen verbessern. Sei es der Aufschlag, technisch oder taktisch. Es muss das eine Rad in das andere greifen, damit alles zusammenpasst."

Es geht "stetig bergauf"

Seit Beginn ihrer Zusammenarbeit mit Jürgen Waber vor vier Jahren ist es für sie "stetig bergauf" gegangen, auch wenn sich das nicht immer im Ranking widergespiegelt habe. "Aber ich weiß, dass ich mich spielerisch weiterentwickelt habe. Das ist alles, was für mich zählt. Früher oder später wird sich das zeigen."

Die sich wiederholenden Fragen nach der Gesamtkrise im ÖTV-Damentennis muss auch Haas immer wieder beantworten. "Natürlich wäre es besser, wenn wir noch ein paar Damen hätten. Es ist aber nicht so. Das wird auch nächstes Jahr nicht so sein. Man kann nur hoffen, dass da in sechs, sieben Jahren was nachkommt. In den nächsten zwei, drei Jahren wird das gleich bleiben", weiß die aktuelle Nummer eins.

Ihr Coach Jürgen Waber, der einst eine von vielen frühzeitig abgeschriebene Sybille Bammer in die Top 20 gebracht hat, ist zuversichtlich, mahnt aber zu Geduld. Er und Haas arbeiten u.a. auch daran, dass sie körperlich kräftiger wird. "Ihr Aufschlag, ihre Schläge müssen druckvoller werden. Das ist aber auch eine Einstellungsfrage, im Match greift man doch gern auf Altbewährtes zurück", erklärte Waber. Zudem sei Haas vom Charakter her eine Spielerin, die keine Fehler machen will. Aggressiveres Spiel fordert aber automatisch auch mehr Fehler heraus.

Erinnerungen an Bammer

Die Entwicklung von Haas sieht der Coach sehr positiv. "Sie hat sich in diesen vier Jahren von einer absoluten Jugend-Defensivspielerin zu einer ordentlichen WTA-geeigneten Spielerin entwickelt", erklärte Waber. Als er sie übernommen hatte, habe er nämlich nicht gedacht, dass sie die Top 100 erreichen kann. "Doch wer hätte damals von Sybille gedacht, dass sie zweimal eine Serena Williams schlägt?", erinnerte Waber an seinen bis dato besten Schützling.

"Wir haben erkannt, dass es notwendig ist, die Schlagkraft und die Power zu erhöhen, wenn man zu den Besten gehören will", erklärt der 46-jährige Oberösterreicher. Es sei eben ein Entwicklungsprozess. "Es dauert bis neue Dinge greifen und das war bei Sybille auch nicht anders", so Waber.

Was sich sowohl bei Bammer, aber auch einer Yvonne Meusburger gezeigt habe, erklärt Waber, ist, dass sich hartnäckige, konstante Arbeit auszahlt. "Wenn man immer dranbleibt, wenn man immer gut arbeitet, hat man das Glück auch auf seiner Seite und kann mit Selbstvertrauen weiterspielen. Man darf sich nicht unterkriegen lassen."