Andy Murray hatte diese Position vor zwei Wochen mit dem Gewinn des Masters-1000-Turniers von Paris erstmals eingenommen, eine Woche nachdem er das Wiener Erste Bank Open gewonnen hatte. Sein nun elfter Sieg gegen Djokovic bei insgesamt 35 Duellen war Murrays bereits 24. Sieg in Folge, diese Serie nimmt er nun ins neue Jahr mit. Dennoch hätte für ihn diesmal mit einer Niederlage im Klassiker vieles anders ausgesehen.

Denn erstmals ging es beim Saisonabschlussturnier im Finale um den Nummer-1-Status. Novak Djokovic hatte somit die Chance, diese Würde zurückzuholen, um ein fünftes Mal nach 2011, 2012, 2014 und 2015 als bester Tennisspieler eines Jahres Silvester zu feiern. Wie Murray war der "Djoker" unbesiegt in das Finale gekommen, hatte aber im Halbfinale mit Kei Nishikori (JPN-5) viel weniger Mühe als Murray mit Milos Raonic (CAN-4).

Dem zum Trotz gab aber der Lokalmatador in der von viel Prominenz aus und abseits der Tennis-Szene besetzten O2-Arena den Ton an. Breakchancen bei einer 3:2-Führung vergab der Schotte noch, mit der Führung zum 5:3 klappte es aber. Danach servierte Murray unter dem Jubel seiner Landsleute und Fans aus. Djokovic agierte sehr fehleranfällig, am Ende des Matches hatte er 30 unerzwungene Fehler auf dem Konto.

Als Murray im zweiten Durchgang ein schnelles Break gelang und er nach einem zweiten 4:1 voran lag, schien die Sache gelaufen. Doch sein Gegner fand plötzlich besser ins Spiel, nutzte unnötige Fehler von Murray zu einem Rebreak und verkürzte in Folge auf 3:4. Murray fand trotz großer Nervenanspannung jedoch wieder in den Rhythmus und hatte das Match nach einem Djokovic-Fehlschlag und 1:43 Stunden gewonnen.

"Das ist ein sehr spezieller Tag, noch dazu, da ich so ein Spiel gegen Novak gespielt habe", kommentierte Murray bei der Siegerehrung in seiner eher nüchternen Art seinen Triumph. "Ich habe viele von solchen großen Spielen verloren, heute habe ich glücklicherweise gewonnen." Weitere heuer große Titel hatte er beim Grand Slam in Wimbledon und bei Olympia in Rio de Janeiro eingeheimst.

"Es würde nicht ohne mein Team gehen", wusste er sich danach auch artig zu bedanken, vergaß dabei auch seine Liebsten nicht. "Meine Familie hat viel für mich geopfert." Doch auch der Verlierer erhielt eine lobende Erwähnung. "Ich möchte Novak herzlich gratulieren", erklärte Murray. "Es ist eine unglaubliche Leistung, die er mit dem French-Open-Sieg geschafft hat. Das kann man gar nicht genug würdigen."

Mit diesem Erfolg Anfang Juni hatte Djokovic seine erste Saisonhälfte gekrönt. Er hielt zu diesem Zeitpunkt alle aktuellen Grand-Slam-Titel. Mit seinem 25. Sieg über Murray - die nun insgesamt 17. Nummer 1 zum Jahresende - wäre er am Ende doch wieder ganz oben gestanden, mit fünf ATP-Finals-Erfolgen bleibt er aber nun weiter einen Erfolg hinter dem Schweizer Rekordsieger Roger Federer.

Ein ehrlicher Verlierer

Im Jahresverlauf kam Murray auf neun Turniersiege, Djokovic auf sieben. "Es war ein fantastisches Jahr, ich blicke auf viele Höhepunkte zurück", wusste der Weltranglisten-Zweite daher auch zu berichten. "Es war großartig, hier zu spielen. Andy verdient es, er hat das bessere Tennis gespielt. Er ist eine großartige Nummer eins." Die könnte Murray länger bleiben, hat doch Djokovic bis Juni eine Unmenge an Punkten zu verteidigen.

Ein angenehmer Nebeneffekt für Murray ist das Finanzielle. Er kassierte für den Finalerfolg 2,391 Millionen Dollar (2,25 Mio. Euro), aber auch eine Bonuszahlung von 3 Mio. Dollar (2,82 Mio. Euro) für die Nummer-1-Position. Für Djokovic gibt es auch noch immerhin 1,261 Mio. Dollar (1,19 Mio. Euro) bzw. für Platz zwei im Ranking 1,5 Mio. Dollar (1,41 Mio. Euro).