Die Chance war groß, dementsprechend enttäuscht war Jürgen Melzer. Der 35-jährige Niederösterreicher führte am Donnerstag im Achtelfinale des Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle gegen den Spanier Albert Ramos-Vinolas schon mit 6:3,2:0 bzw. 4:3 und Break, unterlag dann aber nach 1:50 Stunden mit 6:3,4:6,0:6.

Melzer hatte zum Turnierauftakt sensationell den Weltranglisten-14. Roberta Bautista Agut ausgeschaltet, sein insgesamt siebentes Wien-Viertelfinale blieb dem nach einer langen Verletzungsauszeit auf Platz 417 Zurückgefallenen aber verwehrt. "Zu sagen 'hergeschenkt' wäre ein bisschen brutal, aber in die Richtung geht es schon. Ich habe gut angefangen, habe eigentlich sehr gut gespielt und mir ist das Match dann Ende des zweiten und im dritten komplett aus der Hand geglitten", sagte Melzer enttäuscht.

Zwei Mal mit Break vorne

Zweimal lag er mit Break voran im zweiten Satz, auch wenn Ramos-Vinolas dann im zweiten Durchgang besser ins Spiel gekommen sei. "Ich habe Probleme bekommen, das Ganze zu kontrollieren. Dann mache ich bei 4:3 im zweiten drei leichte Fehler, und das bricht mir das Genick." Das 0:6 im dritten Durchgang empfindet er als "ein bisschen ungerecht", zu Beginn des Satzes hatte er gleich mehrere Chancen vergeben.

Auf körperliche oder mentale Schwierigkeiten wollte Melzer den glatten dritten Satz jedenfalls nicht schieben. Ramos-Vinolas habe aggressiver gespielt, er selbst wurde von der Rückhand fehleranfällig.

Zweimal hat Melzer nun wieder vor über 7.000 Leuten gespielt, schon in Kitzbühel hatte er mit einem Sieg über Dominic Thiem sensationell das Viertelfinale erreicht und gezeigt, dass man ihn noch nicht abschreiben sollte. "Das war sicher eine gute Erfahrung, es hat Riesenspaß gemacht, aber jetzt überwiegt der Ärger, dass ich nicht morgen noch einmal spielen kann. Das tut schon weh, auch wenn man viel verletzt war."

Das Ziel: 250er-Turniere

Melzer wird 2016 noch ein Challenger-Turnier in Eckenthal und vielleicht Bratislava spielen und sich dann voraussichtlich zwei Wochen im Ausland auf die nächste Saison vorbereiten. "Ich möchte mich so weit vorspielen, dass ich wieder 250er-Turniere spielen kann. Da muss man ein Jahr relativ konstant auf Challenger-Ebene spielen, ich hoffe, dass mir das gelingt."

Allerdings sei es für ihn schon einfacher, auf der großen Tour mit all den bekannten Gesichtern zu spielen. "Nicht, weil ich dort nicht motiviert wäre, aber hier kenne ich die Leute, die Umgebung." Aber er sieht eine weitere Steigerung, fühlt sich vom Tennis her besser als noch im Juli.

Durchaus möglich, dass der ehemalige Weltranglisten-Achte zur Fortsetzung seiner Karriere ein paar Geldreserven angreifen muss. "Es wird knapp werden heuer. Das wird man dann am Ende beim Steuerausgleich sehen. Ich habe heuer sicherlich nicht viel verdient."

Ramos-Vinolas trifft nun am Freitag auf den als Nummer sechs gesetzten Jo-Wilfried Tsonga, den Sieger von 2011. Melzer wird sich im Ranking in etwa auf Platz 330 verbessern.