Herr Resnik, erzählen Sie uns doch von Ihrer ersten Begegnung mit Dominic Thiem.
SEPP RESNIK: Das war vor vier Jahren in der Südstadt. Bevor ich Dominic kennenlerne, wollte ich ihn studieren. Doch der stand da nur herum und begann einfach nicht mit dem Training.
Wie haben Sie reagiert?
RESNIK: Ich bin zu ihm hin und habe gefragt: Bist du der Thiem? "Ja", hat er geantwortet – aber es war nicht Dominic, sondern sein Vater Wolfgang. Dominic hat schon längst daneben trainiert.
Der "Beobachtungsauftrag" kam von Trainer Günter Bresnik?
RESNIK: Ja. Günter war im Welttennis unterwegs, hatte damals wenig Zeit und hat gemeint, er hätte da ein Talent, das eine Stunde lang hervorragend Tennis spielen kann. Ich soll dafür sorgen, dass dieses Talent drei, vier Stunden auf hohem Niveau durchspielen kann.
Sie haben das mit eigenwilligen Trainingsmethoden gemacht . . .
RESNIK: Ich wollte Dominic auch einen psychischen Vorsprung verschaffen, so gab es auch Trainingseinheiten mitten in der Nacht. Dominic sollte auf dem Platz seinen Gegnern gegenüberstehen und sagen können: Hey, du da drüben. Ich trainiere zu Zeiten, die du nicht kennst, also spiele ich auch besser.
Sie haben Dominic Thiem auch immer wieder angehalten, sich nicht als Talent zu bezeichnen . . .
RESNIK: Das Wort "Talent" ist im Spitzensport eigentlich ein Schimpfwort. Das Wort Talent ist nichts wert. Erfolg besteht zu 90 Prozent aus harter Arbeit.
Was ist noch wichtig, um Weltklasse zu werden?
RESNIK: Ein Athlet, der Topleistungen bringen soll, muss auch eine Betreuung haben, die Weltklasse ist. Und zwar 24 Stunden täglich. Und welchen Tipp ich jedem Trainerteam noch geben kann: nicht nur im eigenen Saft braten. Holt euch auch die Rosinen von anderen Sportarten.
Hat Dominic Thiem in der Vergangenheit Fehler gemacht?
RESNIK (lacht): Vielleicht jenen, dass er einer der letzten Gentlemen auf dem Platz sein wollte. Jeden Ball schön ausspielen – das geht heute nicht mehr.
Was geht heute schon eher?
RESNIK: Es macht mich stolz, wenn ich sehe, wie Dominic eine Schwäche des Gegners erkennt, dann hineinsticht und zuschlägt.
Dominic Thiem hat sich in die Top 10 der Welt gespielt. Was ist ihm noch zuzutrauen?
RESNIK: Der Bua ist jetzt dort, wo er hingehört. Er kann alles schaffen, was er will. Und er hat einen ganz großen Vorteil: Dominic wird am Samstag erst 23 Jahre alt.
Ihre Mission ist erfüllt?
RESNIK: Günter Bresnik und Dominic Thiem sind 50 Wochen im Jahr auf Tour. In Wahrheit ist da ja keine Zeit mehr, ein Grundlagentraining zu machen. Mich verbindet mit den beiden jetzt ein freundschaftliches Verhältnis.
Gute Freunde, gute Rechnung. Was haben Sie als Thiems persönlicher Fitnesstrainer verdient?
RESNIK: Am Anfang war ja überhaupt kein Geld da, das war für mich bis zuletzt kein Thema.
Wollen Sie im Tenniszirkus bleiben?
RESNIK: Ich kümmere mich in Zukunft vielleicht um ein Talent aus Russland. Die Anfrage ist da.