Georg Preidler sind die Strapazen der vergangenen Tage anzumerken. Der zweite Ruhetag beim Giro d’Italia käme dem Grazer gerade recht, erzählt er. Die Beine sind schwer, als er zum Auslockern auf das Rad steigt. Preidlers Team "Sunweb" musste in den vergangenen Tagen ordentlich schuften, immerhin gilt es, das Rosa Trikot des Führenden im GC – der General Classification – zu verteidigen. Seit dem Einzelzeitfahren in Montefalco (10. Etappe) trägt Tom Dumoulin das begehrte Stück Stoff und geht damit in die dritte Woche – das finale Kräftemessen mit den Alpenpässen. "Rechnen konnten wir damit nicht, aber spekuliert haben wir ein wenig", sagt Preidler, "ich hätte aber nicht gedacht, dass Tom auf dem Berg so stark ist und auch eine Bergankunft gewinnt." Doch der Niederländer hatte schon eine Vorahnung. "Einen Tag vor dem Blockhaus war er neben mir in der Spitzengruppe und hat gesagt, dass er dann im Zeitfahren ins Rosarote fahren will. Ich habe mir nur gedacht: ,Um Gottes willen, was denkt denn der?‘ Und dann hat er es wirklich durchgezogen."

Jagd auf den fliegenden Holländer

Die Jagd der anderen Teams auf den fliegenden Holländer geht heute (Eurosport, live, 15 Uhr) weiter und das auf der Queenstage, der härtesten Etappe des 100. Giros. 222 Kilometer von Rovetta nach Bormio warten mit drei knusprigen Pässen: dem Mortirolo (1854 Meter Seehöhe), dem Stilfser Joch (2488) und dem Umbrailpass (2502). Was auf Preidler zukommt, wird erst bei der Teambesprechung ausgegeben, eine Vorahnung hat er: "Den Mortirolo-Pass hinauf ein hohes Tempo fahren und dann vielleicht noch ein bisschen vom Stelivo nehmen. Ab da werden sie eh attackieren. Die anderen Teams werden in den kommenden Tagen sicher versuchen, uns zu zerreißen, aber so stark wie Tom bergauf fährt, können sie probieren, was sie wollen. Sie werden uns los, aber ihn nicht."

2016 holte Preidler auf der Queenstage Platz drei, das kann er sich heuer abschminken: "Für mich wird in der dritten Woche nichts mehr rausschauen. Aber wenn man um den Sieg fährt, sind die eigenen Ambitionen vergessen. Klar spekuliert man, dass man selbst Chancen bekommt, aber es tut nicht weh, wenn man für jemanden fahren muss. Dafür bekomme ich bezahlt und das tue ich das restliche Jahr auch."

"Giro-Sieg wäre ein Wahnsinn"

Die anderen Klassement-Fahrer zeigten bislang nicht groß auf, Nairo Quintana (Movistar/+2:41), Thiaut Pinot (FDJ/+3:21) und der Hai aus Messina Vincenzo Nibali (Bahrein/+3:40) liegen aufgefädelt hinter Dumoulin. "Leicht wird es sicher nicht, aber wir werden sehen, wie die anderen Teams fahren. Wenn man selbst auf einem langen Anstieg als Helfer abreißt, kann man eh nichts mehr machen, außer ins Ziel zu fahren. Wir müssen einmal die kommenden zwei Tage abwarten und dann sieht man die Tendenz. Tom hat die Kraft und wenn er den Giro gewinnt, wäre das ein Wahnsinn."

Rot-Weiß-Rot ist seit dem ersten Tag und dem famosen Etappensieg von Lukas Pöstlberger (Bora Hansgrohe/105. gesamt) in Mode. Mit Rang sechs in Bergamo zeigte Patrick Konrad (Bora) groß auf. Zudem sind noch Gregor Mühlberger (70./Bora) und Felix Großschartner (91./CCC) dabei. "Wir haben eine Whatsapp-Gruppe und schreiben uns oft", sagt Preidler, "vor den Starts treffen wir uns dann auf einen Kaffee." Preidler ist 61. des "GC" und in der Österreicher-Wertung auf Rang zwei hinter Konrad (20.). "Ich denke, Koni wird diese Wertung holen. Er ist verdammt stark." Aber Rosa in Mailand würde darüber garantiert mehr als hinwegtrösten.