Brasilien hat den für das Land wohl wichtigsten Sieg bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro eingefahren. Der Triumph im Elfmeterschießen gegen Deutschland brachte die ersehnte erste Goldmedaille im Fußball. Gold, das ein ganzes Volk jubeln ließ und zudem die erhoffte Revanche gegen Deutschland bedeutete.

Neymar lachte, endlich verspürte er Genugtuung. Er wusste, dass er den Brasilianern, die ihr Selbstwertgefühl so sehr über die Erfolge der geliebten Selecao definieren, gerade ihren verloren geglaubten Stolz zurück gegeben hatte. "Das ist eines der besten Dinge, die mir je in meinem Leben passiert sind", sagte der Superstar nach dem dramatischen Sieg im Olympia-Finale gegen Deutschland.

Zwei Jahre nach dem das Land erschütternden 1:7 im WM-Halbfinale gegen die Deutschen hat Neymar Brasiliens Auswahl zum ersten Olympiasieg im Fußball geführt. "Jetzt werdet ihr mich schlucken müssen", sagte Neymar danach. Im übertragenen Sinn bedeutet das: Die Kritiker sollen all ihre zuvor gesprochenen Worte nun wieder zurück nehmen.

Zuerst kritisiert, jetzt ein Held

Zum Abschluss des olympischen Fußball-Turniers versöhnte Neymar da Silva Santos Junior, so der volle Name des Barcelona-Profis, nicht nur sein krisengeplagtes Volk, sondern auch sich selbst. Denn der Weg zu Gold war steinig. Nach dem schwachem Start gegen Südafrika und Irak (jeweils 0:0) war er scharf kritisiert worden, seit dem Ende der Vorrunde redete er nicht mehr mit den Medien. "Wir haben mit Fußball geantwortet", sagte Neymar nach dem Triumph.

Vor hitziger Kulisse hatten sich die Brasilianer nach einem 1:1 nach Verlängerung mit 5:4 im Elfmeterschießen durchgesetzt. Nachdem der Deutsche Nils Petersen als erster Spieler verschossen hatte, war der zuvor stark humpelnde Neymar zum entscheidenden Elfmeter angetreten. Er küsste den Ball, legte ihn auf den Punkt, schoss ihn oben rechts ins Eck. Ein ganzes Volk sah ihm dabei zu. Danach lag er minutenlang auf dem Boden, der Lärm im Maracana war ohrenbetäubend.

"Er ist ein überragender Fußballer, ein cooler Hund, so wie er den Elfmeter schießt und den Freistoß reinmacht", sagte Deutschlands Torschütze Max Meyer über Neymar. DFB-Trainer Horst Hrubesch war trotz der Finalniederlage stolz auf die Juniorenauswahl, die bis zum Elfmeterschießen auch den Pfiffen der 80.000 im Maracana trotzte. Dreimal trafen die Deutschen in der ersten Hälfte nur Metall. "Wir haben zwar Silber gekriegt, aber es fühlt sich an wie Gold", sagte Hrubesch.

Für einen Eklat sorgte Deutschlands Robert Bauer, der nach der Niederlage mit seinen Fingern die Zahl sieben Richtung brasilianisches Publikum streckte, umd damit an das 1:7 der Südamerikaner bei der WM 2014 gegen Deutschland zu erinnern. Wenig später entschuldigte sich der 21-Jährige dafür.

Bauer zeigt die Zahl sieben
Bauer zeigt die Zahl sieben © KK

Stolz und Selbstvertrauen

Hrubeschs Gegenüber, Brasiliens Trainer Rogerio Micale, wurde erst von seinen Gefühlen übermannt. Weinend vor Freude lagen sich Betreuer unf Spieler in den Armen. "Wir mussten den brasilianischen Menschen eine Antwort geben", sagte Micale danach. "Ich bin sicher, dass dieser Sieg den Brasilianern Stolz und Selbstvertrauen gibt."

"Der brasilianische Fußball ist nicht tot", betonte Micale. "Wir haben großes Potenzial und hoffen, großartige Dinge in der Zukunft zu erreichen." Für die Selecao könnte der Erfolg zum Olympia-Ende ein Neuanfang werden. In der Qualifikation zur WM 2018 in Russland liegen die Brasilianer derzeit nur auf dem sechsten Rang, was nicht reichen würde.

Sehr vieles wird auch in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren an Neymar hängen. Auch, wenn er nach dem Spiel ankündigte, sein Kapitänsamt niederzulegen. "Wir werden auch in der Zukunft weiter die Antworten auf dem Platz geben", sagte er. Viel mehr reden wollte er danach, zumindest öffentlich, nicht mehr. Mit seinem Sohn David auf dem Arm genoss er die letzten Minuten auf dem Rasen des Maracana. Er war stolz und auch Brasilien ist es wieder - zumindest für kurze Zeit.