Vytautas Ziura ist wieder da! Dabei hatte er seine Teamkarriere eigentlich schon beendet, doch nun hat sich der kompromisslose Spieler einen Ruck gegeben und scheint doch im Aufgebot für das heutige EM-Spiel gegen Weißrussland auf. „Er ist bereit, Österreich zu helfen“, sagt Teamchef Patrekur Johannesson und ergänzt freudig: „Ich weiß, was ich an ihm habe. Und die Spieler auch.“ Ziura (38) ist neben Robert Weber (32) und Tom Bauer (31) einer der Letzten der großen Handballgeneration, die bei fünf Großereignissen gespielt haben und von einem Mann geführt wurden: Viktor Szilagyi.

Der Ex-Kapitän beendete 2016 seine Teamkarriere und ist seit zwölf Tagen sportlicher Leiter des THW Kiel, mit dem er unter anderem 2007 die Champions League gewann. Für Szilagyi fühlt sich die Rückkehr zu den „Zebras“ an, wie „nach Hause zu kommen“, wie er sagt. Wobei der Rekordmeister als aktuell Fünfter der Bundesliga die Ansprüche nicht erfüllt. Szilagyi trägt nun die sportliche Verantwortung für den europäischen Spitzenklub, hat aber auch viele repräsentative Aufgaben. Die wird er am Finalwochenende der EM in Kroatien wahrnehmen. Die Österreich-Spiele sieht er derweilen im Fernsehen. „Ich traue ihnen den Einzug in die Hauptrunde zu. Es wird aber viel auf die Tagesverfassung ankommen.“ Und: „Österreich ist darauf angewiesen, dass die Leistungsträger fit und in Form sind. Das war bei uns immer die größte Schwierigkeit: Wir hatten gute Spieler, aber die Breite im Kader war das Problem.“

Dass der Generationenwechsel mit der geglückten EM-Qualifikation schon jetzt Früchte trägt, kam überraschend. „Man muss das Ganze aber als langfristiges Projekt sehen. Diese Mannschaft muss bei der Heim-EM 2020 auf ihrem Höhepunkt sein. Ich freue mich, dass Johannesson seinen Weg konsequent gegangen ist und nun eine Bestätigung bekommen hat.“ Der Trainer hat auf junge Spieler gesetzt und für diese sei Erfahrung auf internationaler Ebene Gold wert. Das habe man etwa schon bei Niko Bilyk 2015 gesehen. „Er war damals als sehr junger Spieler mit bei der WM in Katar und hat enorm profitiert.“ Bilyk ist nun nicht nur fixer Bestandteil des Nationalteams, sondern auch Szilagyis „Angestellter“. Der 21-Jährige spielt seine zweite Saison für Kiel und gilt für viele Experten als kommender Welthandballer.

Einen Vergleich zwischen ihm und Bilyk will er nicht anstellen. „Wir sind gänzlich unterschiedliche Spielertypen und Generationen. Ich war älter, als ich nach Kiel gekommen bin. Aber Niko macht schon jetzt einige Sachen besser, als ich sie je gekonnt hätte.“ Leistungsschwankungen sind in dem Alter normal, „aber auch davor, wie er damit umgeht, habe ich höchsten Respekt. Ich hatte die Chance, bei großen Vereinen zu spielen, unter großen Trainern, und habe von diesen Erfahrungen profitiert. Wenn er diese Erfahrung auch noch bekommt, wird er Weltspitze.“

Weniger rosig sieht es bei Kiel für den verletzten Steirer Raul Santos aus, der auch bei der EM fehlt. „Die Situation ist schwierig“, sagt Szilagyi. Wenn er zurückkommt, wäre er der dritte linke Flügel im Team. „Da muss er sich erst zurückkämpfen. Es kann zwar schnell gehen, dass er eine Chance bekommt. Aber dann muss er liefern.“ Santos kam schon verletzt zum THW, wurde den hohen Ansprüchen nicht gerecht und verletzte sich abermals. „Man kann junge Spieler nicht vor allen Situationen warnen, manche Erfahrungen muss man selber machen. Das ist manchmal brutal, aber so ist das Geschäft.“