Langsam, aber sicher biegt die National Football League (NFL) nach einer teils turbulenten Regular Season in die Schlussphase ein, nur noch vier Teams werden bei der Entscheidung um den Titel ein Wörtchen mitreden. Superbowl XLIX steigt in zwei Wochen mitten in der Wüste, im University of Phoenix Stadium in Glendale (Arizona), dann dürfen sich die siegreichen Spieler die begehrten Superbowl-Ringe an den Finger stecken. In den beiden Conference Champions Games (am Sonntag ab 20:15 live auf Puls4) kommt es zur Neuauflage zweier bereits während der Saison absolvierter Partien: Die Seattle Seahawks empfangen zuerst die Green Bay Packers (erstes Spiel: 36:16), dann die New England Patriots die Indianapolis Colts (42:20).

Von links: Wilson (Seahawks) und Rodgers (Packers)
Von links: Wilson (Seahawks) und Rodgers (Packers) © APA

Seattle Seahawks – Green Bay Packers

Seattle hat gerade rechtzeitig zu den Play-offs wieder zur Superbowl-Form gefunden und derzeit spricht wenig dagegen, dass dem Team aus dem Nordwesten der USA nicht ein rares Kunststück gelingen könnte: die Wiederholung des Vorjahrtriumphes, als man die Denver Broncos rund um Peyton Manning eindrucksvoll in die Schranken gewiesen hatte. Eine Titelverteidigung ist bis dato sieben NFL-Franchises gelungen (den Pittsburgh Steelers in den 1970-ern gleich zweimal), zuletzt den New England Patriots vor zehn Jahren.

Einer der größten Pluspunkte Seattles ist der Heimvorteil im CenturyLink Field, einem der lautesten Stadien der NFL. Der „12. Mann“ verursacht regelmäßig kleine Erdbeben, vor allem wenn Running Back Marshawn Lynch den „Beast Mode“ zündet. Der zweite Dreh- und Angelpunkt des Angriffs ist Quarterback Russell Wilson, der nicht nur ein fabelhafter Passgeber ist, sondern auch per pedes einiges an Yards zurücklegt. Trademark der Seahwaks ist jedoch die Defensivabteilung, die mittlerweile von Beobachtern mit den großen Abwehrformationen früherer Jahrzehnte verglichen wird. Prunkstück ist zweifelsohne das Defensive Backfield mit dem brillanten Enfant terrible Richard Sherman und dem stärksten Safety-Duo der Liga.

Das Matchup der „Legion of Boom“ gegen das Offensiv-Feuerwerk der Green Bay Packers ist wohl das entscheidende der Begegnung, allerdings plagen die Gäste aus Wisconsin einige Sorgen um Quarterback Aaron Rodgers. Den NFL-Superstar, der wohl zum zweiten Mal die Trophäe als wertvollster Spieler der Saison (MVP) abstauben dürfte, zwickt die Wade, was seine Mobilität ordentlich einschränkt. Gut möglich, dass so mehr Arbeit auf Running Back Eddie Lacy zukommt, auch, um den beiden besten Passempfängern Rodgers', Jordy Nelson und Randall Cobb, mehr Möglichkeiten zu eröffnen.

Im Gegensatz zur Defense der Seahwaks ist die der Packers eher solide denn herausragend, wichtigster Spieler ist Linebacker Clay Matthews III. Der Thor-Lookalike entstammt einer echten Football-Familie: Schon Großvater (Clay I) wie Vater (Clay II) waren aktiv, Onkel Bruce wurde in die Hall of Fame gewählt und auch Clays jüngerer Bruder Casey sowie zwei Cousins spielen in der Liga.

Von links: Luck (Colts) und Brady (Patriots)
Von links: Luck (Colts) und Brady (Patriots) © APA

New England Patriots – Indianapolis Colts

Es gibt Klubs, die haben kein Glück mit ihren Spielmachern – die 1999 neu gegründeten Cleveland Browns können ein trauriges Lied davon singen. Dann gibt es Teams wie die Indianapolis Colts, die nach dem großen Johnny Unitas (noch in Baltimore) und nach der Ära Peyton Manning nun mit dem 25-Jährigen Andrew Luck auf ein Ausnahmetalent auf der wichtigsten Position bauen können. Drei Play-off-Teilnahmen in drei Jahren sind mal ein guter Start der Karriere, doch der nächste Schritt wird schwieriger, baut sich doch zum wiederholten Male mit den New England Patriots ein fast übermächtiger Gegner mit viel Erfahrung in der Post Season auf.

Lucks Pech: Dank des nicht wirklich überragenden Laufspiels der Colts lastet viel Druck auf dem Spielmacher – was sich nebst genialen Pässen auch regelmäßig in Interceptions niederschlägt. Für einen Colts-Spieler ist der Auftritt im Gillette Stadium etwas ganz Besonderes: Kicker Adam Vinatieri verbrachte zehn Jahre in New England, zwei der drei Superbowl-Titel der Patriots stellte er höchstpersönlich sicher. Der mit 42 Jahren älteste NFL-Profi wird zudem mit seiner insgesamt 30. Play-off-Partie die Bestmarke von 49ers-Ikone Jerry Rice einstellen.

Patriots-Star Tom Brady liegt mit ab Sonntag 28 Begegnungen nicht wirklich weit dahinter, kein anderer Quarterback hat in der Post Season mehr Spiele gewonnen und mehr Touchdown-Pässe geworfen. Doch die letzte Vince-Lombardi-Trophy wurde vor zehn Jahren eingefahren und nach zwei verlorenen Finalduellen gegen die New York Giants läuft dem 37-jährigen Brady langsam die Zeit davon. Was Brady beruhigen dürfte: Tight End Rob Gronkowski ist topfit und aufgrund seiner Physis fast nicht zu Boden zu bringen. Der zweite Erfolgsgarant in Massachusetts heißt Bill Belichick, der mit Brady das vielleicht beste Trainer/Spielmacher-Gespann aller Zeiten bildet. Wer auch immer sich am Sonntag durchsetzt, ein deutscher Profi steht jedenfalls im großen Endspiel: Auf Seiten der Patriots werkt Right Tackle Sebastian Vollmer, bei den Colts spielt Linebacker Björn Werner.

STEFAN TAUSCHER