Als Sie ins Ziel kamen, haben Sie die Arme gehoben und leicht gejubelt. Wie fühlt es sich an, Olympiasieger zu sein?
MARCEL HIRSCHER: Nicht anders. Und ich dachte, ich muss das machen, wenn nicht, schaut es auch blöd aus. Ich war eigentlich ziemlich heiß in dem Moment. Ich dachte, wollt ihr mich verarschen? Es war wegen des Windes richtig schwer zu fahren. Ich dachte mir, jetzt cool bleiben, cool bleiben, cool bleiben. Lass die Ski einfach tun, was sie immer tun, und zieh ja nicht zurück. Es war schon schwierig.

Und wie erging es Ihnen bei der Warterei im Zielraum?
Ich habe nicht geglaubt, dass es das schon war. Aber so bin ich halt. Ich glaube, so würde jeder in dieser Situation reagieren. Also nicht zu früh über etwas freuen, denn dann tut es doppelt weh, wenn es nicht hingehaut hätte.

Haben Sie erwartet, dass es sich anders anfühlen wird, Olympiasieger zu sein?
Nein.

Aber es ist alles komplett jetzt.
Ja. Das ist super. Die Frage nach dem fehlenden Gold ist jetzt weg, das ist das Positive daran. Die Karriere war für mich jetzt auch schon komplett. Meine Karriere war schon nach dem ersten Gesamtweltcupsieg perfekt. Das ist schon viel mehr, als ich mir jemals zugetraut hätte. Dass das heute hier funktioniert, ist natürlich eine Draufgabe. Es ist nicht in Worte zu fassen. Aber für mich hat das nicht so viel Wert, wie in Schladming vor 40.000, 50.000 Leuten zu gewinnen. Daheim, bei meinem Heimrennen, meiner Heim-WM. Wir sind hier irgendwo, es sind keine Leute und fahren halt ein Rennen. Klar, der ideelle Wert ist natürlich unbeschreiblich groß und viel größer ist er in der Außenwirkung auch noch. Aber heute bin ich einfach saustolz auf mich, was mein Skifahren betrifft. Vor allem die Abfahrt, nie hätte ich mir das gedacht.

Sie haben gesagt, eigentlich könnten Sie jetzt zusammenpacken und heimfahren. Aber Ihre Spezialdisziplinen kommen ja noch ...
Keine Sorge, ich fahre nicht heim. Aber das große Ziel, warum ich hierhergekommen bin, das habe ich definitiv für mich erreicht. Ich bin super, super happy, es kommt sehr überraschend. Klar möchte ich in den nächsten beiden Bewerben unbedingt vorne mitfahren, keine Frage, aber es ist einmal das Schlimmste verhindert. Das Schlimmste wäre gewesen, ich wäre heimgekommen, und eine perfekte Saison würde niedergemacht werden oder unter einem schlechten Stern stehen, weil halt das Gold fehlt.

War das ein typisches Olympiarennen, wo man sagt, die Umstände waren komplett verrückt?
Ja, es ist verrückt. Bei all meinen anderen Kombinationen habe ich, glaube ich, mehr Glück auf meiner Seite gebraucht als heute. Aber natürlich bin ich auch froh, dass wir die Abfahrt um zwanzig Sekunden beschnitten haben. Ich glaube zwar nicht, dass der Ausgang viel anders gewesen wäre, aber ich hätte mir sicher schwerer getan, an die Zeit ranzukommen. Der schwere Slalom ist sportlich auf einem sehr hohen Niveau gewesen. Schwer zu fahren, bist du wahnsinnig! Auch für die Slalomfahrer war es nicht leicht, die richtige Linie zu finden.

Werden Sie heute bei der Hymne noch emotional werden?
Ich weiß nicht, ob das noch kommt. Ich hoffe schon, weil sonst wäre es ziemlich langweilig (lacht).