Haben Sie schon einige Eindrücke von den Olympischen Spielen in Südkorea sammeln können?

Feller:  Es ist was ganz was anderes als im Weltcup, vor allem das Zusammentreffe mit anderen Sportarten, das Flair im Olympischen Dorf. Das fällt einem im Speisesaal auf, wo jeder mit seinen Trainingsklamotten sitzt, keiner sticht wirklich heraus.

Wen trafen Sie schon?

Leute wie Laura Dahlmeier, Simon Ammann, unsere Biathleten. Viele Stars, aber wie gesagt: Die fallen nicht auf, das ist olympischer Spirit. Vor allem die Exoten-Nationen haben viel Spaß, dabeisein zu dürfen. Da merkt man, wie der Sport verbindet.

Wie äußert sich das? Schließlich steht doch der Wettkampf im Vordergrund.

Man nimmt Olympia schon ernst, aber die Gemeinschaft steht im Vordergrund. Man erfährt Sachen über andere Sportarten. Ich wusste nicht, dass es im Bobsport ein Maximalgewicht für Athleten gibt...

Ihr Teamkollege Marcel Hirscher äußerte sich sehr kritisch zu Olympia in Südkorea. Die Stimmung sei nicht jene, die er von der Heim-WM 2013 kenne.

Grundsätzlich muss man sich die Frage schon stellen. Es hat geheißen, es gäbe keinen Wind, aber jetzt genau ist bei den Wettkämpfen der Wind da. Und dann fährst du mit der Gondel rauf und siehst überall Windräder - das sollte also keine Überraschung sein, wenn hier Wind aufkommt. Dann muss man sich schon die Frage stellen, ob das der richtige Ort ist. Andererseits muss man sagen: Sie tun sich viel an, die Volunteers haben Spaß an der Arbeit, es ist ein bisschen zwiegespalten.

Was stimmt Sie skeptisch?

Natürlich ist es schön, wenn man den Sport auch in solche Länder bringt. Aber wir sprachen zuerst über die Nominierung von Saalbach für die Alpine Ski-WM 2023: Das ist sicher der besser geeignete Ort für eine WM als es 2017 St. Moritz war, obwohl ich damit schöne Erinnerungen verbinde (Silber, Anm.). Es ist aber kein Ort für den klassischen Ski-Fan, das hat man auch an den Zuschauern in der Schweiz gemerkt. Die haben Schulklassen rauftransportiert, damit sie die Ränge vollkriegen. Da muss man sich Gedanken machen: Steht das Geld oder der Sport im Vordergrund?

Wenn Sie im Skisport etwas einführen könnten, was wäre das? Eine Sprint-Abfahrt, wie sie für Olympia 2022 in Peking vorgesehen war?

Das allein ist schon eine Riesen-Frechheit! Olympia an einem Ort zu machen, wo nicht einmal die Königsdiziplin im Skisport so durchführbar ist wie sich das gehört, ist ein Wahnsinn. Da ändert sich dann das ganze Weltcup-Programm. Die haben dann Sprint-Abfahrten! Ich werde wahrscheinlich noch einmal Olympische Spiele haben, wenn ich mein Niveau halte. Die ist dann auch in Asien, in China reingepflanzt, wo man nicht einmal eine richtige Abfahrt hat. Da gehört drüber nachgedacht.

Was denken Sie über Änderungen im Skirennsport?

Es fängt schon im Weltcup an, wo es schwer ist, ein Reglement einzuführen. Die Abfahrer diskutieren schon länger über die Sicherheit des Sports. Wenn ich nun die MotoGP (höchste Motorrad-Rennserie, Anm.) hernehme: Die Bahn ist immer gleich. Da kommt kein Loch, das die Fahrer nicht erwarten; die haben Protektoren. Unsere (die Skirennläufer, Anm.) fahren mehr oder weniger nackt runter, und man schafft es nicht einmal, den Airbag verpflichtend zu machen. Natürlich, du hast wieder mehr Angriffsfläche, weil die Athleten den nicht freiwillig hernehmen wollen.

Was hemmt den Mut zur Veränderung Ihrer Meinung nach?

Da (im Ski-Weltverband, Anm.) sitzen halt einfach Leute, die sind seit 20 Jahren nicht mehr auf der Skipiste gewesen und entscheiden sollen. Wenn ich einen Athleten drinsitzen habe und der sagt was, aber da sitzen 30 andere, die nicht einmal mehr Skifahren könenn - meiner Meinung nach sollte man sich einmal Gedanken darüber machen.

Gedanken macht man sich augenblicklich auch über die Situation im Boardercross, wo mit Markus Schairer ein Österreicher schwer stürzte.

Davon habe ich nur gehört. Prinzipiell ist es ein Freiluftsport, und du hast auch andere Sportler, die einander beeinflussen. Das ist halt ein Teil des Ganzen. Wenn da einer verschneidet, schießt es irgendwann einmal einen ab, noch dazu, wenn man so am Limit auf eine Schanze zufährt - das ist der Sport.

Stichwort Verletzungen: Wie geht es Ihrem immer wieder schmerzenden Rücken?

Gleichbleibend! Der Flug nach Südkorea war natürlich nicht förderlich.

Flogen Sie Business-Class?

Sicher, sonst kann ich gleich sitzenbleiben und wieder zurückfliegen. Alles was über zwei Stunden geht, ist nicht mehr anders möglich. Eine lange Reise setzt mir zu, ich brauche danach mehr Tage Erholung als andere. Aber grundsätzlich bin ich zufrieden, wie wir das im Griff haben. Ich nehme seit der schlimmen Phase meines Bandscheibenvorfalls keine Schmerzmittel, da hab ich ziemliche Magenprobleme bekommen. Ich bin bis zu dem Punkt dagegen, an dem es nicht mehr geht. Bei mir bringt Training am meisten, mobilisieren, in die Muskulatur wieder Spannung reinbringen, dazu Physiotherapeute - wir haben das gut im Griff.

Schmerzfrei sind Sie demnach nicht?

Im Jänner hatte ich wieder kleiner Einbruch. Woher, das kam, wissen wir nicht. Vielleicht übers Knie nach Alta Badia, vielleicht durch den Sturz in Adelboden, nach dem auch ein Gesunder Rückenprobleme hätte. Die Frage ist irrelevant: Wir müssen schauen, dass wir es im Griff haben, das haben wir auch. Natürlich - spüren tu ich immer was, deshalb werde ich auch nach meiner Karriere nicht aufhören können zu trainieren, sonst schaut es gleich einmal schlecht aus. So wie es ist, ist es akzeptabel und es hat mich auch bei keinem Rennen eingeschränkt und wird es auch hoffentlich in Zukunft nicht.

Was sagen Sie zur Bronzemedaille des Biathleten Dominik Landertinger, in dessen Nähe Sie ja zuhause sind (Pillerseetal, Anm.).

Ich habe ihn grad getroffen und ihm gratuliert. Das gestern hat mich emotional sehr mitgenommen! Ich konnte mich gut reinversetzen, was er die letzten Monate und im letzten Jahr durchgemacht hat. Es gab keinen, dem ich die Medaille so sehr vergönnt habe wie dem Landi. Hut ab vor der Leistung, der kompensiert das mit dem Schießen. Wenn der das mit der läuferischen Leistung der letzten drei Jahre zusammenfasst, dann ist der schon fast der neue Fourcade (französischer Seriensieger, Anm.).

Sie müssen in Südkorea nicht auf Familie und Freunde verzichten, hörte man.

Der Bruder ist da, der Papa, ein Cousin, ein Freund aus Holland, zwei Freunde vom Papa, die freuen sich schon riesig. Es ist auch für mich schön ein Stück Heimat neben dem Österreich-Haus.

Was erwarten Sie sich von diesen Winterspielen?

Das Ziel ist eine Medaille.