"Es kann im Skispringen schnell gehen." Ein viel zitierter Satz in den vergangenen Monaten im Lager der österreichischen Skispringer. Wollen Stefan Kraft und Co. bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang noch zuschlagen, dann muss es nun schnell gehen - und die Portion Glück braucht man mehr denn je. Am Samstag steht auf der Großschanze (13.30 Uhr MEZ) das Einzel, am Montag der Teambewerb an.

Nach dem Abschlusstraining am Donnerstag vor der Qualifikation am Freitag (21.30) hat sich ÖSV-Cheftrainer Heinz Kuttin auf sein Quartett neben Fixstarter Stefan Kraft festgelegt: Neben dem Gesamt-Weltcupsieger des Vorjahrs sind dies Michael Hayböck, Manuel Fettner und Clemens Aigner, die sich in einer internen Ausscheidung durchgesetzt haben.

Kein Ticket für Schlierenzauer

"Wir hatten das gleiche Prozedere wie auf der kleinen Schanze. Hayböck, Fettner, Aigner und Schlierenzauer springen sich drei Plätze aus, einer fällt raus. Das ist Gregor Schlierenzauer", erklärte Kuttin. Dem 28-jährigen Team-Olympiasieger von Vancouver 2010 sei es im zweiten Training "leider nicht so gut wie teilweise gestern gegangen. Aigner hat sich gesteigert, er war heute dreimal besser", begründete der Cheftrainer die Entscheidung.

Aktuell scheint lediglich Kraft in der Lage, den starken Norwegern, Deutschen und Polen Paroli bieten zu können. Von der Normalschanze ging der Angriff nach Rang sechs im ersten Durchgang daneben, Kraft war als 13. bester Österreicher. Ein Debakel, daran gibt es nichts schönzureden.

"Klar, ich habe die erste Chance nicht genutzt, aber ich schaue nach vorne. Wir wissen, dass wir nicht zu den Topfavoriten zählen, aber wir wissen auch, dass bei Olympia immer etwas Besonderes passieren kann", erklärte der Doppel-Weltmeister von Lahti. "Wir werden uns voll ins Zeug hauen", versprach Kraft, der im Vorjahr noch der Dominator der Szene gewesen war.

Kraft: "Wir haben noch Chancen"

Auch in Pyeongchang übrigens: Auf der olympischen Großschanze in Alpensia hatte er vor fast genau einem Jahr triumphiert, aber auch auf der Normalschanze Platz zwei belegt. "Ich bin schon zuversichtlich, dass ich vorne mitmischen kann", beharrt Kraft auf seinem Potenzial. Man werde aus den Erfahrungen in dieser Saison sehr viel lernen, sagt der Pongauer. "Wir haben es uns auch alle anders vorgestellt, aber wir haben noch Chancen."

In der Gegenwart ist das schlechteste Olympia-Ergebnis auf einer Normalschanze seit 46 Jahren abgehakt, jetzt soll sich die Spirale endlich wieder nach oben drehen. Und der Abwärtstrend wird besser schon am Samstag gestoppt. Denn als Mannschaft steht die Truppe von Heinz Kuttin im abschließenden Großschanzen-Teambewerb am Montag als noch größerer Außenseiter da, wenn da nicht gleich bei mehreren Springern im letzten Moment der Knopf aufgeht.

Und so suchen die Protagonisten nach Strohhalmen der Hoffnung. Wie etwa Hayböck, der sich im Training von der Normalschanze einmal sehr stark gezeigt hatte. Allerdings will er sich auch nicht in negativen Gedanken üben. "Das Leben geht weiter, ich hab ein schönes Leben. Man darf nicht alles vom Sport abhängig machen. Ich weiß, dass es grundsätzlich passt und es möglich ist, so optimistisch gehe ich auf die Großschanze", meinte Krafts Freund und Zimmerkollege und fügt hinzu: "Ich bin auf keinen Fall als Tourist da."

Letzte Leichtigkeit fehlt

Während die Nordischen Kombinierer gleich im ersten Bewerb die Medaillenhoffnungen erfüllten und so unbelasteter in die zwei weiteren Olympia-Konkurrenzen gehen können, ist es bei den Spezialspringern nicht besser geworden. Cheftrainer Kuttin versuchte die Springer mit genügend Freiraum in den Ruhetagen auf andere Gedanken zu bringen. "Wenn du am Tag X etwas erzwingen willst, dann funktioniert Skispringen nicht mit der letzten Leichtigkeit", sagt der Kärntner. Man wisse, dass man sich in dieser Saison sehr schwer tue. "Und wir wissen, dass wir einen ganz besonderen Tag brauchen, wo es uns auch in die Karten hereinspielt - sonst wird es irrsinnig schwer, Medaillen zu machen."

Angesichts der überragenden Konkurrenz ist es aber durchaus möglich, dass Österreichs Skispringer erstmals seit 2002 in Salt Lake City ohne Edelmetall bleiben.

Auch Ex-Weltmeister und ORF-Co-Kommentator Andreas Goldberger weiß von den Negativspiralen, in die man sich im Sport schnell begeben kann. "Jetzt wird es Zeit, sie nach oben zu drehen. Nicht den Kopf in den Sand stecken - aufstehen und weiterarbeiten", empfiehlt Goldberger. Und bemüht jene Floskel, die man derzeit so oft hört: "Im Skispringen kann es sehr schnell gehen."