Ein Formel-1-Boxenstopp ist eine komplizierte Choreografie, aufgeführt unter höchstem Zeitdruck und mit präziser Perfektion. In rund zwei Sekunden werden alle vier Räder herunter genommen und die frischen Pneus neu angeschraubt. Auch beim GP von China (Liveticker) wird es wieder eine Gratwanderung geben, die in der Vergangenheit zu Meisterleistungen, aber auch mittelschweren Dramen und gefährlichen Zwischenfällen geführt hat. Wie zuletzt in Bahrain, als Kimi Räikkönen den Ferrari-Mechaniker Francesco Cigarini um- und überfuhr. Dem geht es zum Glück wieder etwas besser, wie Ferrari-Chefingenieur Jock Clear bestätigt: „Glück im Unglück – es handelt sich um glatte Brüche, die komplett verheilen werden.“

Wie es dazu kommen konnte, dass Räikkönen ein grünes Signal zum Losfahren erhielt, obwohl links hinten am Wagen das alte Rad noch nicht einmal abgenommen war, erklärte jetzt Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene in Schanghai: „Es gab drei Faktoren, die zum Unfall beigetragen haben: der Mechaniker, der Schlagschrauber, die Elektronik.“ Was war passiert? Der Schlagschrauber links hinten war falsch eingestellt – auf anziehen statt darauf, die Radmutter zu lösen. Aus diesem Grund musste er nochmals angesetzt werden, während an den anderen drei Ecken der Radwechsel bereits vollzogen war. Die Elektronik verstand die zweite Drehbewegung des Schlagschraubers als „Rad festgeschraubt“ und meldete: „Stopp abgeschlossen – damit Grün zum Losfahren!“ Arrivabene versicherte auch: „So einen Fall wird es nicht mehr geben.“ Ferrari wird schon heute einen zusätzlichen Mann aufstellen, der das elektronische Signal überwacht.

Mehr auf menschliche Übersicht als auf Elektronik zu setzen, schlägt auch Mika Häkkinen, Weltmeister 1998 und 1999, vor. „Es ist an der Zeit, zu überdenken, ob automatisierte Systeme der richtige Weg sind. Wenn es um Menschenleben geht, sollten Menschen die letzte Entscheidung treffen.“

Mittlerweile sickerte auch durch, dass die Formel-1-Piloten ab 2019 wieder Vollgas geben dürfen, ohne auf den Benzinverbrauch achten zu müssen. Am Dienstag wollen die Teams und das Formel-1-Management auf der Sitzung ihrer Strategiegruppe in Paris die Aufhebung des Spritlimits beschließen. Derzeit dürfen die Autos in einem Rennen nicht mehr als 105 Kilogramm Benzin verbrauchen.