Ferrari-Leitfigur Sebastian Vettel blickt nach seinem ersten Formel-1-Sieg seit eineinhalb Jahren hoffnungsvoll in die Zukunft. "Das ist nur die Spitze des Eisbergs", sagte der Melbourne-Sieger am Sonntag. "In den letzten paar Jahren war Mercedes die Benchmark. Mal schauen, wie es diese Saison wird." Ausschlaggebend für den Erfolg sei gewesen, dass das Team über den Winter zur Ruhe gekommen sei.

Vettels neuer Flitzer namens "Gina" hat die Fahrprüfung gleich im ersten Rennen mit Bravour bestanden. "Man versucht immer, das beste Auto zu bauen. Manchmal klappt das, manchmal nicht. Aber dieses Mal scheint es zu funktionieren", zeigte sich der Deutsche mit Wohnsitz im Schweizer Kanton Thurgau optimistisch, was das neue Jahr angeht. "Jetzt müssen wir unser Ding durchziehen und dürfen uns von niemandem rausbringen lassen."

Belohnung für Reset

Die wilden Jubelszenen in der Box, hinterher im Fahrerlager sowie bei den zahlreichen Fans, die mit Fahnen und in Ferrari-Montur in den Albert Park gepilgert waren, sollen erst der Anfang gewesen sein. "Ich denke, was wir heute gesehen haben, war nur ein kleiner Teil von dem, wie intensiv die letzten paar Monate waren", erklärte Vettel. "All die langen Nächte und die harte Arbeit, die da reingeflossen ist, sind endlich belohnt worden."

Im Winter habe intern ein echter Reset stattgefunden, bestätigten auch die Team-Offiziellen. "Es war eine sehr hektische Zeit, in der jeder seine Energie und seinen Aufwand verdoppelt hat", sagte Technikchef Mattia Binotto. Zusätzliche Investitionen in die Fabrik, neues Personal und vor allem der verstärkte Fokus auf Teambuilding sollen die Renaissance der Roten möglich machen.

Störfeuer aus den eigenen Reihen, wie durch häufige Stellungnahmen von Fiat-Konzernchef Sergio Marchionne in den Medien, wolle man heuer nicht mehr erleben. Generell ist die öffentliche Kommunikation zurückgefahren worden. Die Ferrari-Belegschaft wurde eingeschworen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Erste Führung seit Oktober 2012

"Wir haben von Anfang an gesagt, es ist unser Auto, unser Projekt", machte Vettel klar. Nun sei man wieder an einem Punkt, wo die tägliche Arbeit Spaß mache. "Die Stimmung ist hervorragend im Team, und es liegt an uns, dass es so bleibt", betonte der 29-Jährige.

Erstmals seit Fernando Alonso im Oktober 2012 führt wieder ein Ferrari-Pilot die WM-Wertung an. Doch weiterhin ist Bescheidenheit angesagt. Der von vielen gewünschten Showdown mit Mercedes-Star Lewis Hamilton, der zu Vettel ein normales, von gegenseitigem Respekt geprägtes Verhältnis hat, ist noch Wunschdenken. "Ich glaube noch immer, dass Mercedes vorne ist, so wie sie in den letzten Jahren vorne waren", meinte der Deutsche, der mit Red Bull bereits vier Titel gewonnen hat.

"Es sind noch 19 Rennen zu fahren, wir müssen einen hohen Konzentrationslevel bei jedem Grand Prix haben. Schon von heute an schauen wir zum nächsten Rennen in China", bemühte sich auch Teamchef Maurizio Arrivabene, allzu hohe Erwartungen gleich zu dämpfen. Bei den gerne überschwänglich begeisterten Tifosi im Ferrari-Mutterland Italien ist das allerdings ein schwieriges Unterfangen.