Nico Rosberg ist der verlässlichste Mann der Formel 1. Seit er 2006 in Bahrain mit 20 Jahren sein Debüt in der Königsklasse gegeben hat - und dort gleich die schnellste Runde hinlegte -, hat er kein einziges Rennen verpasst. Mit 206 Grand-Prix-Starts ohne Unterbrechung liegt er in der entsprechenden Statistik klar vor dem Italiener Riccardo Patrese, der es auf 187 Rennen brachte, an der Spitze.

Beständig, schnell, fleißig, weltmännisch - Attribute, die Rosberg als perfekten Werbeträger für die deutsche Wertschmiede Mercedes-Benz erscheinen lassen. Irgendwie kam der gebürtige Wiesbadener aber immer auch als etwas glatt rüber. Sein Jetset-Hintergrund fernab von finanziellen Sorgen wurde gleichsam zum Handicap.

Mit Vater Keke Rosberg, 1982 mit einem einzigen Rennsieg erster finnischer Formel-1-Weltmeister, und Mutter Sina, ein früheres Model aus Deutschland, wuchs Rosberg in Monaco auf. Die Winterurlaube verbrachte die Familie in Zell am See in Salzburg. Neben Deutsch spricht der Blondschopf fließend Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch - jedoch nicht Finnisch, obwohl er auch die finnische Staatsbürgerschaft besitzt. Hätte es mit der Motorsportkarriere nicht geklappt, soll ihm nach einer Matura mit Bestnoten am renommierten Imperial College in London ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik offengestanden haben.

Im Gegensatz zum oft ungestümen, schillernden Instinktfahrer Lewis Hamilton, der seine bescheidene Herkunft mit Popstar-Avancen vergessen machen lässt, galt der geduldige Rosberg lange als zu "brav", zu steif. Gefühlsausbrüche oder intime Einblicke wird man von dem PR-Profi eher nicht bekommen. In diesem Jahr ist der Deutsche sportlich allerdings aus dem Schatten des Engländers getreten, mit dem er sich schon in Jugendtagen auf der Kartbahn hitzige Duelle lieferte.

Kein Vorbeikommen nach dem Sommer

Vier Rennen gewann Rosberg zu Beginn des Jahres, saisonübergreifend legte er als erst vierter Fahrer eine Serie von sieben Siegen am Stück hin. Nur am Rande sei erwähnt, dass seinem Vater in seiner Laufbahn nur fünf Siege gelangen. Nach dem Mercedes-Doppelausfall in Barcelona Mitte Mai lag der Deutsche schon 43 Punkte vor seinem Kontrahenten. Dann setzte sich Hamilton mit 19 Zählern ab, ehe er nach der Sommerpause in Singapur wieder ins Hintertreffen geriet. Diesen Rückstand vermochte er in den letzten sechs Rennen nicht mehr aufzuholen.

Einen gewissen Anteil an seiner Entwicklung hat auch Rekordchampion Michael Schumacher. Als Rosberg 2010 zu den Silberpfeilen wechselte, war niemand Geringerer als der siebenmalige Weltmeister sein Teamkollege. Und von diesem konnte Rosberg einiges in Sachen Leidenschaft, Disziplin und Kampfgeist lernen.

Mit seinem ersten WM-Triumph hat Rosberg sein Image als ewiger Zweiter abgelegt - und sich auch endgültig von seinem Vater emanzipiert. "Es war eine weise Entscheidung von ihm, mich meinen eigenen Weg gehen zu lassen", sagte Rosberg junior einmal über den Abnabelungsprozess vom bestimmenden Senior.

Seine Mutter konnte sich mit dem nicht ungefährlichen Job eines Rennfahrers - vorgeprägt durch die Laufbahn ihres Mannes - nie wirklich anfreunden. "Während des Rennens putzt sie zuhause die Wohnung, macht den Staubsauger an und wartet, bis alles vorbei ist", erzählte der Sohn einmal. "Sie hat eben Angst um mich." Nun hat Sina Rosberg zwei Formel-1-Weltmeister in ihrer Familie.