Bernie Ecclestone bleibt im Amt, die Formel 1 steht aber vor einem Kurswechsel. Nach knapp vier Jahrzehnten mit dem Briten an der Spitze will das US-Unternehmen Liberty Media mit der Rennserie neue Erlösquellen erschließen, die Vermarktung modernisieren und für seine Pläne auch die Teams als Mit-Investoren gewinnen.

Ecclestone wird auch nach dem Abschluss des Milliarden-Deals seinen Job als Geschäftsführer der Motorsport-Königsklasse ausüben. Für drei Jahre, wie es heißt. "Es macht keinen Unterschied zu dem, was ich vorher gemacht habe", sagte er. "Ich habe nun halt ein bisschen Hilfe", meinte der bald 86-Jährige in der Zeitung "The Telegraph". Experten erwarten dennoch einen Machtkampf zwischen Ecclestone und dem neuen Formel-1-Vorstandschef Chase Carey - auch wenn dieser betonte, begeistert zu sein, an der Seite von Ecclestone zu arbeiten.

Digitale Medien spielen eine Rolle

Liberty hatte am Mittwochabend bekanntgegeben, dass es den bisherigen Formel-1-Hauptgesellschafter CVC ablöst. Nach Angaben der Unternehmen zahlt Liberty Media 4,4 Milliarden Dollar (etwa 3,93 Milliarden Euro). Zudem sollen Schulden in ähnlicher Höhe übernommen werden. Es wird erwartet, dass Liberty die Formel 1 künftig stärker im Bereich der digitalen Medien positionieren will.

Ecclestone hatte das Internet und soziale Medien wie Twitter und Facebook bisher für das Marketing weitgehend ignoriert. "Ich sehe darin keinen Wert", hatte er einmal gesagt. Der Brite hatte Umsatz und Gewinn vor allem über die stetig steigenden Gebühren für die Rennstrecken-Betreiber erhöht. Dies führte wiederum dazu, dass einige Strecken finanzielle Probleme bekamen und sich die Formel 1 nicht mehr leisten konnten und können.

Rennställe können Anteile erwerben

Liberty kündigte außerdem an, die Rennställe wie Mercedes, Red Bull und Ferrari für den Kauf von Anteilen an der Formel 1 gewinnen zu wollen. Die detaillierten Bedingungen würden demnächst vereinbart, hieß es. Einige Teams haben demnach bereits Interesse an dem Geschäft signalisiert. Schon früher hatten einige Teams den Kauf von Formel-1-Anteilen geprüft, wegen zu hoher Forderungen von CVC war dies jedoch gescheitert.

Liberty erwirbt zunächst ein Paket von 18,7 Prozent von CVC. Die restlichen Anteile sollen im ersten Quartal 2017 folgen. Die Holdinggesellschaft Delta Topco, in der sämtliche Teilhaber der Formel 1 vereint sind, wird dann komplett übernommen. Die bisherigen Anteilseigner bekommen 1,1 Milliarden Dollar in bar sowie Aktien an der Liberty Media Group, die im kommenden Jahr in Formula One Group umbenannt wird. Die Zustimmung zum Deal geben müssen noch die Europäische Union und der Internationale Automobilverband FIA, unter dessen Dach die Formel 1 antritt.

CVC hatte sich die Anteile von 35,1 Prozent an der Formel 1 vor gut zehn Jahren von der Bayerischen Landesbank für rund 840 Millionen Dollar einverleibt. Nach CVC hält die ebenfalls im Finanz- und Anlagewesen angesiedelte US-Firma Waddell & Reed mit 20,9 Prozent den zweitgrößten Anteil. Ecclestone seinerseits ist bei den Eignern doppelt vertreten: mit 5,3 Prozent auf seinen eigenen Namen lautend, mit 8,5 Prozent über die Familien-Holding Bambino.

Aus Europa in die USA

Der europäisch geprägte Rennsport geht damit in amerikanische Hände über. In den USA hat die Rennserie aber noch Nachholbedarf. Zugleich knüpfen sich große Erwartungen an den künftigen Hauptaktionär. "Vielleicht ist es eine gute Nachricht, dass ein amerikanisches Medienunternehmen die Formel 1 kauft", sagte kürzlich Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Sie werden genau daraufschauen und dann analysieren, was sich ändern muss und was so bleiben kann."

Malones Imperium bietet immense Gelegenheiten. Die Liberty-Media-Schwestergesellschaft Liberty Global ist der größte TV- und Kabelanbieter der Welt und in 30 Ländern aktiv. In Österreich ist die Königsklasse auf ORF und Sky zu sehen. Der ORF hat den Vertrag mit Ecclestone erst heuer bis 2019 verlängert. Teams, Auto-Hersteller und Sponsoren pochten jedenfalls stets darauf, dass die Formel 1 nicht nur im Pay-TV zu sehen sind, weil sie auf die Werbewirkung bedacht sind.

Medienberichten zufolge erwägt Liberty auch, die Formel 1 an die New Yorker Börse zu bringen. CVC war mit zwei Anläufen für ein Listing gescheitert.