Der 24-jährige Australier Daniel Ricciardo gilt als Favorit auf die Nachfolge seines Landsmannes Mark Webber beim Topteam Red Bull. Davon will sich der Youngster aber nicht zu sehr aus dem Konzept bringen lassen. Immerhin ist sein Konkurrent um den Job niemand geringerer als Kimi Räikkönen. "Auf Kimi habe ich keinen Einfluss", betonte Ricciardo in Ungarn. "Ich werde mich auf mich selbst konzentrieren und auf meine Arbeit." Die hat er bisher so gut gemacht, dass er ernsthaft mit einem "Upgrade" vom Zweitteam Toro Rosso zum Weltmeisterteam spekulieren darf. Er bleibt aber zurückhaltend. "Ich warte nicht jeden Tag auf den Anruf", versicherte Ricciardo. "Wenn sie es mir in der Sommerpause sagen, wenn ich mit einem kühlen Bier am Strand sitze, wäre das aber schon cool."

Eine Entscheidung wird in den nächsten Wochen erwartet. "Je früher, desto besser", sagte Ricciardo. "Aber ich mache mir keine zu großen Sorgen." Auf ihn wartet die Erfüllung eines Traums. "Es wäre ein Schritt näher zu meinem Ziel", gestand der Sonnyboy aus Perth. "Ich will ganz oben auf dem Podest stehen. Ich möchte das Gefühl des Siegens kennenlernen." Er sagt es mit einem Lächeln auf den Lippen, ganz ohne verbissen zu wirken. Räikkönen kennt das Gefühl des Siegens nur zu gut. 2007 war der Finne Weltmeister, nach einer zweijährigen Auszeit ist er im Vorjahr als WM-Dritter eindrucksvoll zurückgekehrt. "Ich gehe dorthin, wo sich das Gesamtpaket richtig anfühlt", erklärte der 33-Jährige. "Wir müssen abwarten, aber hoffentlich ist es die richtige Wahl. Dafür gibt es keine Garantien."

Es ist eine richtungsweisende Entscheidung für den Rest seiner Karriere. "Wie auch immer sie ausfallen wird, vielleicht kommt sie jemandem anderen dumm vor, mir aber richtig", sagte Räikkönen. Die Optionen sind begrenzt, der "Iceman" könnte bei Lotus bleiben. Außer Red Bull hat kein Topteam, das infrage kommt, für 2014 ein Cockpit frei. "Jeder, der eine Chance hat, möchte dort fahren", erinnerte Ex-Pilot Gerhard Berger. "Red Bull ist das beste Team der vergangenen Jahre. Und es schaut danach aus, als ob sie das auch in diesem Jahr sind." Für die kommende Saison stehen allerdings einschneidende Regeländerungen mitsamt der Einführung neuer Motoren auf dem Programm. Dabei geht es vor allem um die Entwicklungsgeschwindigkeit. Berger: "Sie wissen, ob die jungen Fahrer reif genug sind."

Teamchef Tost traut Ricciardo Red-Bull-Wechsel zu

Sein Teamchef Franz Tost traut es Formel-1-Pilot Daniel Ricciardo zu, den Sprung vom Ausbildungsteam Toro Rosso zu Weltmeister Red Bull zu schaffen. Der Tiroler schätzt die Offenheit des 24-jährigen Australiers, aber auch seinen Ehrgeiz. "Er passt sehr gut oben bei Red Bull hinein", erklärte Tost vor dem Grand Prix von Ungarn im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Der Toro-Rosso-Boss sieht den sich abzeichnenden Wechsel für die kommende Saison mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Für das Team und die Arbeit, die wir machen, ist es eine Bestätigung. Andererseits müssen wir auch den Abgang eines guten Fahrers kompensieren", meinte Tost. "Wenn es Daniel schafft, dann freue ich mich aber mehr, als dass ich ihm nachtrauere."

Schließlich ist die Vorbereitung für höhere Aufgaben der Hauptgrund, warum Red Bull 2005 das Team aus Faenza erworben hat. Auch Dreifach-Weltmeister Sebastian Vettel hat die Kaderschmiede eineinhalb Jahre lang durchlaufen. Nun dessen Teamkollege zu werden, ist für beide Toro-Rosso-Piloten das große Ziel. "Das offene Red-Bull-Cockpit ist eine zusätzliche Motivationsspritze", weiß Tost. Auch er sieht Ricciardo gegenüber dem ein Jahr jüngeren Franzosen Jean-Eric Vergne im Vorteil. "Er hat auch 13 Rennen mehr Erfahrung, das ist fast eine ganze Saison", erinnerte Tost an das erste Lehrjahr des Australiers 2011 bei Nachzügler HRT. Die F1-Karriere von Vergne sieht er dadurch aber noch keinesfalls gefährdet. "Jean-Eric wird nächstes Jahr sicher hier bei uns sein", betonte der Toro-Rosso-Chef.

Eine starke zweite Saisonhälfte erwartet sich Tost von beiden Piloten. Ricciardo habe gute Fortschritte gemacht, im Gegensatz zu Vergne, der dort noch seine Defizite habe, vor allem im Qualifying. Der Australier stand zuletzt in Silverstone und auf dem Nürburgring auf den Startplätzen fünf und sechs. "Auch im Rennen holt er jetzt mehr heraus", meinte Tost. "Von der technischen Seite und vom Feedback her war er immer schon gut." Mehr als eineinhalb Jahre arbeitet Tost mittlerweile eng mit Ricciardo zusammen. Davor war der Youngster bei Toro Rosso auch schon Testfahrer. "Er ist sehr offen und umgänglich, aber trotzdem performanceorientiert", charakterisierte der 57-Jährige seinen Schützling. "Er kann auch sehr fordernd sein, insgesamt ist er aber ein sehr positiver Mensch." Einer für Red Bull eben.