Weltmeister Sebastian Vettel und das österreichische Red-Bull-Team waren die großen Sieger des umstrittenen Formel-1-Rennens in Bahrain. Als vierter Sieger im vierten Rennen übernahm der junge Doppelchampion aus Deutschland erstmals in diesem Jahr auch die Führung in der Fahrer-WM, Red Bull scheint erstmals in diesem Jahr auch in der Konstrukteurswertung ganz oben auf. "Totgesagte leben eben länger", freute sich RB-Motorsportdirektor Helmut Marko.

Vier Fahrer aus vier verschiedenen Teams als Sieger der ersten vier Rennen, das hat es zuletzt 1983 gegeben, als der Reihe nach Nelson Piquet (Rio de Janeiro/Brabham), John Watson (Long Beach/McLaren), Alain Prost (Le Castellet/Renault) sowie Patrick Tambay (Imola/Ferrari) gewannen. 29 Jahre später haben Jenson Button (Australien/McLaren), Fernando Alonso (Malaysia/Ferrari), Nico Rosberg (China/Mercedes) und nun Vettel in Bahrain für eine gleiche Serie gesorgt.

1983 gab es sogar auch beim fünften Saisonrennen in Monaco mit Nico Rosbergs Vater Keke (Williams) einen neuen Sieger. Weltmeister wurde damals Piquet, der Sieger des Auftaktrennens in Brasilien.

"Derzeit ein ganz anderer Sport"

Die Wiederholung der Ereignisse beweist, dass die aktuelle Formel-1-WM im Jahr nach Vettels ungefährdetem Durchmarsch bisher ausgeglichen ist wie lange nicht. China-Sieger Rosberg sprach sogar von einem "Durcheinander bisher." Der Deutsche bemängelte vor allem die Reifen, die speziell in Bahrain besonders schnell abgebaut hatten. "Das ist ein ganz anderer Sport derzeit. Man weiß vorher nicht, wer im Rennen schnell ist. Man kann nicht eine Runde Vollgas geben, das ist wie Fahren auf Eis", formulierte der Weltmeistersohn in der Wüste seine Kritik via dem deutschen TV-Sender RTL.

Dem stimmte nicht zufällig Mercedes-Teamkollege Michael Schumacher zu. Der Rekord-Weltmeister meinte sogar: "Teilweise kannst du nur noch mit 60 bis 70 Prozent durch die Kurve fahren, sonst fliegen dir die Reifen von den Felgen", zeigte sich er 43-Jährige frustriert. "Man darf sich die Frage stellen, ob die Reifen eine so wichtige Rolle spielen sollten oder ob man nicht lieber Reifen haben sollte, die jedem erlauben, seine Leistung gleichmäßig abzurufen", sagte der Deutsche.

Niki Lauda konnte dem nicht viel abgewinnen. "Wenigstens braucht man nicht mehr herumzuunken. Die Reifensituation ist so, wie sie ist und wir können nur die loben, die am besten damit umgehen können", sagte der dreifache Weltmeister aus Österreich im TV und lobte Vettel. "Er ist nach einem Schwächeanfall am Saisonbeginn wieder da, wo man ihn erwartet hat."

In der Tat haben sich aber bisher jene Teams durchgesetzt, die am schonendsten mit den Reifen umgegangen sind. "Kleine Dinge können viel ausmachen", gestand auch Vettel, nachdem er seinen hartnäckigen Verfolger Kimi Räikkönen erst nach dem letzten Reifenwechsel wirklich auf Distanz halten konnte. Ob seine bisher so zickige "Abbey" (RB8) nun wieder ein Bank auf Siege ist, glaubt trotz aller Lobeshymnen aber nicht einmal der Doppelchampion selbst. Vettel: "Ich bin immer noch nicht ganz sicher, wie konkurrenzfähig wir wirklich sind."

Wüsten-Sensation

Dass der Comeback-Finne Räikkönen und dessen Lotus-Teamkollege Romain Grosjean gleich im vierten Rennen erstmals auf das Podest kamen, war die eigentliche Wüsten-Sensation. Mit dem ehemaligen Renault-Team hat sich offenbar eine fünfte Kraft für den Kampf um den Titel präsentiert. McLaren-Star Lewis Hamilton hat hingegen seine WM-Führung wieder an Vettel verloren, nicht zuletzt deshalb, weil McLaren bei einem Boxenstopp ordentlich patzte.

Auf jeden Fall waren alle Piloten nach dem Rennen vor nicht einmal 30.000 Zuschauern froh, dem Unruheherd Bahrain den Rücken kehren zu können. Vor dem Europa-Auftakt am 13. Mai in Barcelona gibt es erstmals seit 2008 wieder dreitägige Tests, und zwar in Mugello. Danach, so alle Experten, werde man erst wirklich sehen, in welche Richtung der Zug in diesem Jahr fährt.