Das Video war ein Youtube-Hit. Teil 1 brachte es auf 1,4 Millionen Klicks, Teil 2 auf 1,1 Millionen. Da saß ein achtjähriger Pimpf hinter dem Steuer eines blauen Toyota Starlets. Die vier Zusatzscheinwerfer vorne deuteten schon darauf hin, dass das Fahrzeug eher fürs flottere Autofahren gebaut ist. Im Auto hockte nun der blonde Spund, Helm auf, die Hosenträgergurte festgezurrt. Und der kleine Finne, der trotz des höher angebrachten Schalensitzes kaum übers Lenkrad blicken konnte, bewegte das Auto im finnischen Schnee derart quer über den Parcours, dass man meinen möchte, ein Großer des Rallyesports sei da am Werk.

Mitnichten. Der Bub ist heute 17, hat gerade den Führerschein bekommen, heißt Kalle Rovanperä und startet jetzt bei der Rallye Monte Carlo. Rovanperä? Insider sagt der Name wohl etwas. Ende der 90er-Jahre war Harri Rovanperä Werksfahrer bei Seat, später bei Peugeot, gewann 2001 die Schweden-Rallye. Ein Jahr davor hatte sein Sohn Kalle das Licht der Welt erblickt. Ob es den Vater so beflügelt hat, dass er einen Rallye-WM-Lauf gewinnen konnte, ist letztlich nicht bewiesen. Jedenfalls bekam der Bub die richtigen Gene mit und wuchs schließlich in Jyväskylä auf, dem Start- und Zielort der Finnland-Rallye, also im Epizentrum der Branche.

Mit acht lernte er eben das Querfahren. Mit elf war er schon ziemlich schnell. Nur der Wettbewerb fehlte, die Arena, in der er sich messen durfte. Die Familie wurde fündig in Lettland. Da brauchte man fürs Rallyefahren keinen Führerschein. Nur im öffentlichen Verkehr übernahm Co-Pilot Risto Pietiläinen das Fahren. Kalle gewann mit 15 die lettische Meisterschaft. Und der Weg war gegeben. Er fuhr in Finnland mit Sondergenehmigung, ebenso in Italien.

Im Vorjahr nahm sich Red Bull dem Talent an, vorsichtshalber gleich mit einem ordentlichen Vertrag. Und heuer ist er (mit 17, mit einem echten Führerschein, den er ausnahmsweise etwas früher ausgestellt bekam) auf die WRC-2-Meisterschaft, die kleine WM also, angesetzt. Mit einem Werks-Skoda R5.

Die großen Werke wie Ford oder Citroen oder Hyundai haben schon ein Auge auf ihn geworfen. Im Vorjahr durfte Kalle Rovanperä sogar den Toyota Yaris WRC testen, ein Art Ritterschlag im Rallyesport. Das Auto, das in Monte Carlo Jari-Matti Latvala und - seit heuer - Ott Tänäk zu bewegen pflegen. Toyota-Teamchef Tommi Mäkinen soll jedenfalls sehr angetangewesen sein, vom jungen Kalle. So gesehen ist der WM-Titel wohl nur eine Frage der Zeit.

Die WM beginnt wie jedes Jahr in Monte Carlo. Entschieden wird der erste WM-Lauf des Jahres freilich nicht an der Cote d’Azur, sondern in den französischen Seealpen, auf den berühmten Pfaden des Col de Turini. Oder die Prüfung von Sisteron. Hyundai (Neuville, Mikkelsen, Sordo) will heuer den Titel, Ford-M-Sport (Ogier, Evans), Toyota (Latvala, Tänäk, Lappi) und Citroen (Meeke, Breen und Heimkehrer Ostberg) ebenso. Auf die Zeiten am Turini des jungen Rovanperä passt man einmal auf. Derzeit ist er drauf und dran, bei seinem ersten WM-Lauf einen Top-Ten-Platz zu erobern. Am Samstag war er noch Elfter, 17 Minuten hinter dem Führenden Sebastien Ogier.