Schwitzen steht im Badehaus Millstatt stets an der Tagesordnung. Donnerstagfrüh oder besser gesagt exakt um 1.30 Uhr nachts stand allerdings nicht der Wellnessbereich, sondern Kärntens Snowboard-Überfliegerin Anna Gasser im Blickpunkt des Geschehens - "schwitzen" inklusive. Beim Public Viewing im Restaurant L'Onda fieberten nämlich zahlreiche heimische Fans dem Big-Air-Finale der Damen bei den Olympischen Winterspielen in Südkorea entgegen - von Nachtruhe keine Spur. Nach dem Slopestyle-Bewerb, bei dem die 26-Jährige nach einer Windlotterie nur auf Rang 15 landete und sich danach bitter enttäuscht zeigte, war sozusagen Wiedergutmachung angesagt. Auch deshalb, da die Weltmeisterin aus der Sierra Nevada 2017 die Big-Air-Qualifikation regelrecht dominierte - die Favoritenrolle war somit klar.

Die Blicke waren gespannt auf den Bildschirm gerichtet
Die Blicke waren gespannt auf den Bildschirm gerichtet © Maryodnig

Die Fans waren von Beginn an von einem Triumph ihrer Anna überzeugt: "Sie gewinnt das 100 prozentig. Sie macht das schon. Sie ist nicht zu schlagen!" Die Erwartungshaltung war enorm. Um 1.50 war es dann soweit: Anna Gasser präsentierte sich bei ihrem ersten Sprung ganz souverän. Der Jubel bei den Fans war riesig und der Blick auf das Scoreboard zeigte: Rang zwei! Da war auch Millstatts Bürgermeister Johann Schuster nicht mehr zu bremsen. Einziger Wermutstropfen, der erste Durchgang des Herren-Slaloms stand zum selben Zeitpunkt auf dem Programm und der hatte Priorität . . . Verwunderung im Raum, aber "klar, es ist ein Skirennen". Von bösen Worten dennoch absolut keine Spur, aber nach dem sich Marcel Hirscher im Slalom verabschiedete wollten selbstverständlich alle nur mehr "Anna, Anna".

Improvisieren war angesagt, da musste halt einfach ein Laptop herhalten, doch genau zu Gassers zweitem Sprung zahlte sich das Tüfteln am Bildschirm aus. Und was macht die Kärntnerin? Sie setzt auch ihren zweiten Sprung perfekt in den Schnee und blieb damit weiterhin knapp hinter der Führenden auf Rang zwei. Eine Medaille war ihr fast nicht mehr zu nehmen. Doch sie wollte Gold. Die Spannung vor dem allerletzten Run war kaum auszuhalten, manche konnten gar nicht hinschauen. Es war knapp vor 3 Uhr früh und Gasser machte ihren Traum wahr. Sie ging, wie sie selbst immer sagt, "all in" und holte sich Gold vor der US-Amerikanerin Jamie Anderson und der Neuseeländerin Zoi Sadowski Synnott.

Papa Peter, Schwester Eva und Mama Lisbeth drückten ihrer Anna vor Ort die Daumen
Papa Peter, Schwester Eva und Mama Lisbeth drückten ihrer Anna vor Ort die Daumen © KK

Ihre Cousine Marie konnte es kaum glauben, als der Einser aufblitzte: "Anna ist eine die riskiert und mir war klar, dass sie im dritten Sprung alles auf eine Karte setzten wird. Gold ist natürlich ein Traum." Während Mama Lisbeth im Fernseh-Interview ganz cool wirkte, konnte Papa Peter seine Freudentränen nicht verbergen - realisiert hatte er es noch nicht ganz. Pure Emotionen, die auch die Fans daheim nicht kalt ließen!

Auch Millstatts Bürgermeister zeigte sich von "seiner Anna" vollauf begeistert und es gab einen Grund, wieso das Public Viewing im Badehaus stattfand, denn "wenn man Anna darauf anspricht, dann kommt immer wie aus der Pistole geschossen: 'Ich bin am liebsten im Strandbad in Millstatt' und das freut einen natürlich sehr. Sie ist so ein bodenständiges Mädel. Ich kenn' die ganze Familie schon so lange, ich freu' mich riesig für Anna." Bis in die frühen Morgenstunden wurde im Badehaus gefeiert.

Onkel Walter, Tante Gisela und Elfi, Annas Cousinen Kathrin und Marie sowie Onkel Günther freuen sich mit ihrer "Gold-Anna"
Onkel Walter, Tante Gisela und Elfi, Annas Cousinen Kathrin und Marie sowie Onkel Günther freuen sich mit ihrer "Gold-Anna" © Maryodnig

Wie geht's jetzt weiter? Der nächste Höhepunkt würde bereits in den kommenden Tagen folgen - am 27. Februar soll Gasser in Monte Carlo auf die Creme de la Creme der Sportwelt treffen - Kärntens Snowboard-Ass wurde nämlich für den legendären "Laureus World Sports Award" in der Kategorie "Action-Weltsportlerin des Jahres" nominiert. Eigentlich ein Pflichtermin für "Österreichs Sportlerin des Jahres", die sich vermutlich nur Sorgen um ihr Outfit macht. Doch Gasser tendiert dazu beim Empfang in Salzburg mit ihren ÖSV-Athleten in Salzburg dabei zu sein. "Eine Medaillenfeier ist mir wertvoller, als international wo hinzufliegen."

Ein Termin für die Willkommensparty in Millstatt steht derzeit noch nicht fest. "Wir werden das mit Annas Eltern besprechen und schauen, wann es für sie am idealsten wäre", so Schuster.