Herr Edlinger, reden Sie derzeit lieber über die SPÖ oder über Rapid?

Rudolf Edlinger (lacht): Das kommt ganz darauf an, was für Sie von größerer Bedeutung ist und was Sie mich fragen.

Interessant ist beides, aber bleiben wir bei Rapid. Was läuft derzeit schief in Ihrem Klub?

Wir haben in den letzten Jahren zu viele Spieler mit zu geringem Niveau verpflichtet und jetzt haben wir das Problem eines zu großen Kaders. Bevor wir an weitere Verpflichtungen denken können, müssen Spieler weg.

Ist es nur die Qualität des Kaders? Ober gibt es tiefer liegende Gründe für die aktuelle Situation?

Das kann ich nicht beurteilen, weil ich in keiner Leitungsfunktion mehr tätig bin. Ich bin faktisch eine Antiquität, die man Ehrenpräsident nennt.

Aber Sie wissen als ehemaliges Vereinsoberhaupt und jetzige "Antiquität" trotzdem bestens, wie es bei Grün-Weiß läuft.

Da mische ich mich nicht ein. Ich halte Michael Krammer für einen hervorragenden Präsidenten, der derzeit große Probleme hat. Es macht halt einen Unterschied, ob die Hardcore-Fans in einen VW-Bus passen oder sie einen Sonderzug brauchen.

Weil Sie es ansprechen. Sie hatten ja auch immer wieder Probleme mit den Hardcore-Fans.

Sicherlich. Als ich 2001 Präsident geworden bin, waren die Hardcore-Fans ganz andere. Da haben die jetzigen Hardecore-Fans noch in die Windel gemacht. Das hat mich in meiner zwölfjährigen Amtszeit massiv beschäftigt.

Ist das "Fan"-Problem zu lösen?

Ich kenne keinen einzigen Vorschlag, der machbar wäre und tatsächlich eine radikale Veränderung der Situation herbeiführen würde. Man muss mit den Leuten reden. Aber kaum haben sie eine Gruppierung im Griff, kommen neue Leute nach.

Kann man mit den Hardcore-Gruppierungen überhaupt noch reden?

Mit einem übergroßen Teil der Fanklubs gibt es Gespräche und Kontakte. Aber darunter verbergen sich ein paar Dutzend Leute, die Verrückte sind und ihre Aggressionen, wo immer sie auch entstanden sind, ausleben. Doch das ist kein spezielles Problem des SK Rapid.

Auch während Ihrer Amtszeit gab es Probleme.

Das Jahr 2011 mit dem Platzsturm war hart und dann kamen die Vorfälle in Saloniki. Das war eine harte Zeit. Aber wenn Sie so ein Amt übernehmen, brauchen Sie auch ein bestimmtes Maß an emotionalem Masochismus. Sonst geht es nicht. Ich war ja schon in Pension, als ich Präsident geworden bin. Diese Aufregungen haben mich jung gehalten. Ich hatte gar keine Zeit, um einzuschlafen.

Spaß und Sarkasmus beiseite. Was kann man tun in der aktuellen Situation?

Es gibt nicht DIE Maßnahme für DAS Problem. Wenn ich die wüsste, hätte ich sie mir bei der FIFA schon patentieren lassen. Man kann nur ein Bukett von Maßnahmen setzen: Gespräche führen, Kontrollen verstärken, massive Sanktionen – sprich Stadionverbote – aussprechen. Das Problem dabei ist die Beweisführung. Aber Fakt ist: Wir müssen wieder gewinnen. Wir spielen nicht Fußball, damit sich 26.000 Leute freuen, sondern wir spielen Fußball, um zu gewinnen. Und wenn das nicht so ist, kommt es zu Polarisierungen, die ich verurteile.

Sollte man nicht mit der Faust auf den Tisch hauen und klare Richtlinien festlegen?

Ich kenne keine einzige Problemlösung, die mit dem Faust-auf-den-Tisch-Hauen funktioniert hat. Das ist aggressiv und ruft auf der Gegenseite erneut Aggression hervor. Aber wenn man Übeltäter ohne Zweifel orten kann, dann gehören sie rausgeschmissen. Es gibt keinen anderen Sport wie Fußball, der so viele Menschen bewegt und in den Ansichten polarisiert. Die Quantität sorgt leider für Unübersichtlichkeit. Manche Anhänger einer politischen Partei wechseln schnell das Hemd. Im Fußball wäre es unmöglich, von Rapid zur Austria zu wechseln oder umgekehrt.

Sie haben eingangs den Kader angesprochen. Sollte Rapid in der Transferzeit noch einmal aktiv werden?

Ich schätze das jetzige Präsidium, das sind alles Persönlichkeiten mit großer Reputation. Ich mische mich da nicht ein. Hintenherum zu reden ist so einfach. Es gibt ja auch ehemalige Fußballer, die plötzlich glauben, sie seien Sänger oder Journalisten. Ich singe nicht und ich raunze nicht.

Wie können Sie helfen, Rapid aus der Krise zu manövrieren?

Ich denke, dass ich bei einem nicht unwesentlichen Teil der Rapid-Fans Reputation habe. Die werde ich einsetzen. Es ist ja auch mein Herzensverein.

Zurück zum Sportlichen: Wo landet Rapid zum Ende der Meisterschaft?

Ich bin überzeugt davon, dass wir unter die ersten drei kommen. Bisher haben wir vier Punkte hergeschenkt.