Der Transfer von Jonatan Soriano nach China hat für Fußball-Meister Red Bull Salzburg wirtschaftlich Sinn gemacht. Der Club finanziert sich, seit Red Bull nur noch als Hauptsponsor fungiert, auch aus den Transfererlösen. In den vergangenen drei Jahren haben die Salzburger dadurch mehr als 100 Millionen Euro eingenommen, bestätigte Sportchef Christoph Freund am Dienstag bei einem Pressetermin.

"Die Transfers sind eine ganz wichtige Säule in der Finanzierung des Vereins", sagte Freund. "Wir haben jetzt in den letzten drei Jahren die 100-Millionen-Euro-Marke überschritten bei den Einnahmen aus Transfers. Vor fünf, sechs Jahren hätte jeder - inklusive mir - gesagt, das ist unvorstellbar in Österreich."

Zweistellige Ablösesummen

Der Soriano-Verkauf zu Beijing Guoan spülte kolportierte zehn Millionen in die Clubkasse - viel Geld für einen 31-Jährigen. Davor hatten die Salzburger bereits für Sadio Mane (2014 für 15 Mio. Euro zu Southampton), Kevin Kampl (2014 für 12 Mio. zu Dortmund), Alan (2015 für 11 Mio. zu Guangzhou Evergrande/CHN), Naby Keita (2016 für 15 Mio. zu RB Leipzig) und Dayot Upamecano (2017 für 10 Mio. zu RB Leipzig) zweistellige Millionenablösen kassiert.

"Gleichzeitig sind wir so erfolgreich wie noch nie mit drei Meistertiteln und Cupsiegen hintereinander", betonte Freund. Aktuell hat man in der Liga als Tabellenführer 49 Punkte auf dem Konto. "Das ist mehr als in den vergangenen acht Jahren zu diesem Zeitpunkt - außer im zweiten Jahr unter Roger Schmidt (2014/Anm.)", erinnerte Freund. "Ich verstehe nicht, warum das nicht mehr thematisiert wird."

Auch ohne Soriano gerüstet

Die Salzburger sehen sich auch für die Zeit nach Soriano gerüstet. "Wir sind zur Überzeugung gekommen, dass wir sehr, sehr gut aufgestellt sind und die Mannschaft das auf Dauer kompensieren wird", meinte Freund. Einen direkten Nachfolger für den Spanier gebe es nicht. "Den wird es vielleicht auch nie geben, auch vom Spielstil her", sagte der sportliche Leiter. "Aber wir sehen das als Chance, dass wir uns weiterentwickeln."

Trainer Oscar Garcia hat bereits angedeutet, ohne seine zentrale Anspielstation im Angriff eventuell das System umzustellen. Mit Takumi Minamino, Hwang Hee-chan und Dimitri Oberlin verfügen die Salzburger über zahlreiche sehr agile Offensivakteure. Dazu setzen sie auf die Rückkehr von Munas Dabbur. Der 24-Jährige, im Sommer verpflichtet, wurde erst vor zwei Wochen bis Saisonende an seinen Ex-Club Grasshoppers verliehen.

"Wenn wir es zum damaligen Zeitpunkt schon gewusst hätten (dass Soriano den Club verlassen will/Anm.), hätten wir es wahrscheinlich nicht gemacht", sagte Freund über das Dabbur-Leihgeschäft. Der Israeli sei "ein ganz wichtiger Spieler. Wir halten große Stücke auf ihn. Er wird im Sommer eine ganz wichtige Rolle einnehmen."

Neuerwerbungen nur mehr situativ

Mit dem Norweger Fredrik Gulbrandsen dürfte den Club nach Soriano aber sogar noch ein weiterer Stürmer verlassen. "Es könnte sein, dass wir ihn an Red Bull New York verleihen", bestätigte Freund. Die Saison der Major League Soccer (MLS) beginnt in dieser Woche. Gulbrandsen ist einer von gleich sieben Transfers des vergangenen Sommers, die allesamt noch nicht so richtig in Salzburg eingeschlagen haben.

Freund sprach diesbezüglich von "berechtigter Kritik". Die Lehre daraus sei, künftig noch weniger externe Spieler zu holen und "vielleicht 70 oder 80 Prozent" aus der eigenen Jugend abzudecken. "Wir werden nur noch sehr situativ Spieler dazuholen", kündigte der sportliche Leiter an. Das Konzept: hoffnungsvolle Talente zum Zweitteam FC Liefering holen und dort für die erste Mannschaft aufbauen.

Salzburg als Sprungbrett

Wichtig seien in diesem Zusammenhang auch die Transfers von Salzburg-Profis in internationale Topligen. "Dieser Status als Sprungbrett ist ganz etwas Wertvolles, dass man junge Spieler dazu bringt, dass sie überhaupt in Österreich spielen", erklärte Freund. "Das Kommerzielle ist noch eine andere Seite."

Um diese kümmert sich seit 1. Februar Stephan Reiter als neuer Geschäftsführer Commercial. Budgetdisziplin sei ihm wichtig, sagte der davor lange Jahre in der Konsumgüterindustrie tätige Manager. "Durch die Änderung beim Sponsorvertrag mit Red Bull sind wir gezwungen, wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen. Mein Zugang ist, dass man möglichst schnell das negative Eigenkapital abbaut und versucht, eine Reserve aufzubauen, dass man investieren kann."

Das negative Eigenkapital ruht aus dem vergangenen Geschäftsjahr. Es war das erste nach der Kürzung der Sonderrechte von Red Bull in den Vereinsstatuten im Sommer 2015. Bis dahin hatte der Konzern negative Ergebnisse ausgeglichen und stets für einen Jahresgewinn von einer Million Euro gesorgt. Mittlerweile hat der Konzern aber u.a. kein Bestellungsrecht für den Vorstand mehr, sondern einen normalen Hauptsponsorvertrag.

Keine Angst vor einem Europa-Verbot

Für eine Europacup-Teilnahme des Clubs sieht Reiter dadurch keine Probleme - selbst wenn sich auch RB Leipzig erstmals für Europa qualifizieren würde. "Formaljuristisch habe ich mir das angesehen, und aus meiner Sicht wurde alles umgesetzt, was gefragt wird", sagte Reiter über die UEFA-Kriterien zur Wettbewerbsintegrität. "Wenn wir Meister werden, gehe ich schon davon aus, dass wir in der Champions League (bzw. der Qualifikation) spielen können."

Die Europäische Fußball-Union (UEFA) entscheidet im Juni, ob die Teilnahmebedingungen der Clubs erfüllt sind. Zugunsten von Leipzig zu verzichten, wenn nicht zwei von Red Bull unterstützte Vereine im selben Bewerb antreten dürfen, schloss Reiter aus. "Ein Lizenzverzicht ist kein Thema, das wäre laut meinen Informationen auch nicht möglich." Zumindest nicht, ohne laut Lizenzbestimmungen der heimischen Bundesliga einen Zwangsabstieg zu riskieren.