Die Champions League geht in die heiße Phase. Wie sehen Sie die Entwicklung der Königsklasse?

GEORG PANGL: Die Entwicklung ist im Sinne der Nachhaltigkeit zu hinterfragen. Das Ungleichgewicht wird immer größer. Gerade haben wir im Achtelfinale 4:0-, 5:0-Siege gesehen. Es ist augenscheinlich, dass wir etwas ändern müssen.

Mit „wir“ meinen Sie wen?

Wir sind die EPFL, die European Professional Football Leagues. Auf Deutsch: der Verband europäischer Fußballligen. Ziel ist es, mehr Einfluss auf eine ausgeglichenere Entwicklung des Europäischen zu nehmen.

Hört sich interessant und kompliziert zugleich an. Wer sitzt noch mit Ihnen am Verhandlungstisch?

Es gibt die vier großen Interessenvertreter. Neben der EPFL ist dies die UEFA als „Regierungsbehörde“ und Vereinigung der europäischen Fußballverbände. Weiters die FIFPRO (die Gewerkschaft der Fußballer) sowie die ECA als Interessensvertretung der großen europäischen Fußballvereine.

Vereinfacht gesprochen: Die UEFA und die ECA sind verantwortlich dafür, dass die Champions-League-Reform für die kommenden drei Jahre in Richtung Großklubs gelenkt wurde?

Fakt ist: Die Top-4-Nationen Spanien, England, Deutschland und Italien haben zumindest 17 (Anm.: 16 Klubs gesetzt und der Europa-League-Sieger) der 32 Fixplätze. Die Schere zwischen den Klubs wird immer größer. Der Champions-League-Sieger erhält ab 2018 mit bis zu 150 Millionen Euro mehr als 700 Vereine in ganz Europa zusammen. Die Solidaritätszahlung an diese wird 128 Millionen betragen. Es ist offensichtlich: Jede Liga spürt das Ungleichgewicht, wenn es um Topklubs geht.

Diese Reform hat aber auch große Auswirkungen auf die nationalen Ligen.

Völlig richtig. Ein Beispiel: Zieht Salzburg in die Champions League ein und spielt dort eine erfolgreiche Gruppenphase, kann das 30 bis 40 Millionen Euro Mehreinnahmen ergeben, die die Kluft zu den restlichen Klubs weiter vergrößert. Künftig wird es nur noch eine Meisterschaft hinter dem Meister Salzburg geben. Wie in Griechenland, wo Olympiakos Piräus in den vergangenen 21 Jahren 19 Mal Meister geworden ist. Wie in der Schweiz, wo Basel jahrelang dominierte mit acht Meistertiteln in Serie, heuer vielleicht von Young Boys Bern und Adi Hütter abgelöst wird. Wir wollen da ansetzen, dass dieses Ungleichgewicht abgefedert wird. Wir brauchen mehr Ausgeglichenheit in den europäischen Ligen und Bewerben.

Es gibt Gerüchte, dass Klubs wie Real, Barcelona, Juventus ihre Viertelfinali am Wochenende spielen wollen. Ist das möglich?

Aus Klubsicht gibt es das Bestreben, weil das weltweite Vermarktungspotenzial ein größeres ist. Aber nun ist Schluss mit dem Auspressen des Kalenders wie eine Zitrone auf Kosten der Ligen. Wir haben in langen Verhandlungen erreicht, dass eine Verlegung des Spieltags auf das Wochenende ohne Zustimmung der EPFL nicht möglich ist. So viel Geld könnte theoretisch gar nicht auf den Tisch gelegt werden. Die Ligen werden ihre nationalen Meisterschaften beschützen und dazu immer Nein sagen. Das ist für uns ein absolutes No-Go.

Schwenken wir nach Österreich. Wie kommentieren Sie die kommende Zwölfer-Bundesliga?

Persönlich bin ich kein Freund der Reform, aber es gibt in Europa schon länger Tendenzen in Richtung Play-off: Polen, Belgien, Holland. Augenscheinlich ist man dort zu einem guten Teil zufrieden. Ich gehe davon aus, dass die Entscheidung der Klubs anhand von Fakten gut durchdacht war. Für die Vereine kommt es zu einer Umstellung. Zwei Heimspiele weniger heißt auch weniger Zuschauereinnahmen und weniger Sponsorbeiträge, besonders für jene im Abstiegs-Play-off. Wenn nun auch noch der ORF wegfällt, wird’s nicht einfacher. Beim ORF ist der Werbewert aufgrund seiner Reichweite für die Vereine nun einmal gegeben. Mir steht es aber nicht zu, aus 1000 Kilometer Entfernung den Ratgeber zu spielen.

Hiermit erteilen wir Ihnen dafür die Erlaubnis. Speziell interessiert uns Ihre Meinung zur neuen zweiten Liga.

Damals hatten wir die „Heute für Morgen Erste Liga“ um einen ordentlichen Betrag einem Bewerbsponsor verkauft. Und sportlich standen z. B. im EM-Kader 2016 in Frankreich zwölf von 23 Spielern, die in der Ersten Liga ausgebildet wurden. Derzeit ist noch nicht einmal klar, ob mit 14, 15 oder 16 Teams gespielt wird oder ob bzw. welchen TV-Vertrag es geben wird. Solch eine Situation ist natürlich äußerst unbefriedigend.

Wie stehen Sie zu einer Umstellung auf Jahresbetrieb wie in Skandinavien?

Für mich ist das absolut kein Thema. Unterm Strich bringt dies keine Terminersparnis, sondern nur Probleme. Alleine schon, weil man für WM und EM die Meisterschaft unterbrechen müsste. Wenn man mit Europa mitgehen will, ist das keine Alternative. Daher ist auch Russland wieder von der Jahresmeisterschaft abgekommen.

Immer wieder bringen Fußballromantiker die guten alten Zeiten ins Spiel, mit GAK, Innsbruck, Austria Klagenfurt, Wr. Sportclub, Vienna. Ihre Meinung zur Diskussion Traditionsklubs versus Dorfklubs?

Ich habe großen Respekt vor Klubs wie Wolfsberg, Altach oder Mattersburg, die vor 15 Jahren noch in der Regional- bzw. Landesliga gespielt haben. Sie haben ein passendes Konzept, einen langen Atem, Persönlichkeiten als Präsidenten und eine entsprechende Finanzkraft dahinter. Daher haben es sich diese Klubs absolut verdient, sportlich aufzusteigen. Natürlich bin ich im Herzen ein Fußballromantiker. Aber es ist ein fairer Wettbewerb. Die Stärksten und Besten steigen auf. Die, die – warum auch immer – nicht gut genug sind, eben nicht, das ist Fußball.